Newsnational Donnerstag, 28.02.2008 |  Drucken

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Das Islambild in Deutschland: Neue Stereotype, alte Feindbilder?

Fachkonferenz des Innenministeriums und der Herbert Quandt-Stiftung - Armin Laschet (CDU): „Bei Muslimen wir immer noch mit zweierlei Maß gemessen“

Berlin - Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht im Gefühl vieler Muslime, ausgegrenzt und abgelehnt zu werden, eines der zentralen Probleme der Integrationspolitik. "Muslime sind Teil der Gesellschaft und der gemeinsamen Zukunft", betonte er am Mittwoch in Berlin auf einer Fachkonferenz des Innenministeriums und der Herbert Quandt-Stiftung. Der Islam werde immer stärker mit Fundamentalismus gleichgesetzt. Dabei werde zu wenig wahrgenommen, dass die Terror-Gefahr sich gegen alle hier lebenden Menschen richte, also auch gegen Muslime. Islam-Vertreter riefen die Muslime in Deutschland auf, sich stärker gesellschaftlich zu engagieren.

Die Massenmedien spielten eine zentrale Rolle bei der Integration von Muslimen, sagte Schäuble auf der Tagung, die sich mit dem Islambild in Deutschland befasste. Die aktuelle Berichterstattung konzentriere sich nach Ansicht der Medien-Arbeitsgruppe der Deutschen Islam-Konferenz zu sehr auf Gewaltthemen, wenn es um den Islam gehe. Auch wäre es gut, mehr Mitarbeiter mit Migrationshintergrund einzustellen, um die kulturelle Vielfalt der deutschen Gesellschaft wiederzuspiegeln, so Schäuble. Entwicklungen wie das "Forum am Freitag" des ZDF nannte er "wichtige Meilensteine in Richtung Normalität".

Bundestags-Abgeordnete aller Fraktionen unterstützten in einer Podiumsdiskussion den Ruf nach einem differenzierten Islambild. In der Öffentlichkeit schafften es vor allem konservative Kräfte, sich als "Gesicht des Islam" zu präsentieren, sagte die SPD-Abgeordnete Lale Akgün. Sie forderte, mehr liberale Muslime an der Deutschen Islam-Konferenz teilnehmen zu lassen als bisher. Auch Kristina Köhler (CDU) bezeichnete es als problematisch, vom Islam zu sprechen, als handle es sich um eine einheitliche Religion. Die muslimischen Verbände in Deutschland seien "unglaublich unterschiedlich".

Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime unterstrich, Muslime in Deutschland müssten sich als Bürger deutlich mehr engagieren - "auch jenseits der Moscheen". Die Publizistin Mely Kiyak und der ZDF-Journalist Abdul-Ahmad Rashid warfen den islamischen Verbänden in Deutschland eine ungenügende Pressearbeit vor. Die Berliner CDU-Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegner sagte hingegen, die Muslime stünden in Deutschland aufgrund der langen Vernachlässigung vor einer "unfairen Ausgangssituation". So sei es etwa an der Zeit, einem Vertreter der drittgrößten Religion der Welt einen Platz im Rundfunkrat zuzugestehen.

Laut dem nordrhein-westfälischen Integrationsminister Armin Laschet (CDU) wird bei Muslimen in Deutschland immer noch mit zweierlei Maß gemessen. So habe eine Studie des Bundesfamilienministerium zu ehrenamtlichem Engagement zwar die kirchliche Freiwilligenarbeit mit ausgewertet. Engagement in Moscheen etwa für benachteiligte Schüler gelte dagegen immer noch als Abgleiten in die Parallelgesellschaft. Ein solches Engagement sei aber nur dann problematisch, wenn es in Abgrenzung zur Gesellschaft geschehe.

In einer Debatte über das Islambild in den Medien betonte Reinhard Baumgarten vom SWR, die Medien dürften sich nicht den Blick der Terroristen zu Eigen machen. Auch diese vermittelten ein einseitiges Bild des Islam. Die Frage müsse gestellt werden, ob die Medien ihrem journalistischen Auftrag gerecht würden, wenn sie in Bezug auf Islam vor allem über Extremisten berichteten. Elmar Theveßen vom ZDF sagte hingegen, die Medien seien in ihren Berichten über den Islam viel besser geworden. Allerdings würden differenzierte berichte, wie sie etwa bei der Integrationswoche der Öffentlich-Rechtlichen gezeigt wurden, besonders wenig gesehen. (Quelle: epd)




Lesen Sie dazu auch:
Rede von Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble zur Eröffnung der Fachkonferenz

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