Artikel Donnerstag, 06.03.2025 |  Drucken

Je n’avais que le néant – „Shoah” par Lanzmann-Berlinale 2025

In Frankreich kam 1925 Claude Lanzmann zur Welt.International bekannt wurde der Regisseur von Dokumentarfilmen mit seinem 1985 erschienen Holocaust-Dokumentarfilm „Shoah“. Das Werk weist eine Länge von 540 Minuten auf, also exakt 9 Stunden. Weltweit erhielt der Film 13 internationale Preise.Claude Lanzmann war auch der Herausgeber des Magazins „Les Temps Modernes“. Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir hatten das Magazin einst gegründet. In diesem Jahr wäre Claude Lanzmann 100 Jahre alt geworden. Er ist 2018 verstorben.

Claude Lanzmann verbrachte zwölf Jahre seines Lebens mit der Produktion von „Shoah“. Dieses Werk gilt als bahnbrechend. Es zeigte einen grundlegend neuen Ansatz zur Darstellung des Holocausts im Kino. Der 1971 in Frankreich geborene Regisseur und Schauspieler Guillaume Ribot sichtete knapp 40 Jahre nach Aufführung von „Shoah“ über 220 Stunden unveröffentlichtes Filmmaterial. Sein Werk trägt den Titel „Je n’avais que le néant“. Die englische Version lautet „All I Had Was Nothingness“. Guillaume Ribot schrieb auch das Drehbuch des 94 Minuten langen Film. In der Sektion Berlinale Special fand am 17. Februar 2025 die Premiere bei der 75. Berlinale statt.

Man sieht beispielsweise, wie Claude Lanzmann sich auf Interviews vorbereitet hat und die anschließenden Interviews. Lanzmann sprach sowohl mit Opfern als auch Tätern. Ein in Israel lebender Friseur, der im KZ in Auschwitz den Frauen, bevor sie von den Nazis ins Gas gejagt worden sind, die Zöpfe abschnitt, ist ebenso zu sehen und hören wie ehemalige Aufseher. In einem Kibbuz in Israel beispielsweise sagt ein KZ-Überlebender, ein gebürtiger Pole, er „haue sich mehrmals in der Woche die Birne zu“. Ohne Alkohol könne er das im Dritten Reich erlebte nicht mehr ertragen. Ebenso schlafe er ohne Alkohol nicht mehr ein. Ein ehemaliger KZ-Aufseher, der nie für seine Verbrechen belangt worden ist, bekommt vor dem Interview 2.000 Schweizer Franken zugesteckt. Das macht ihn gesprächig. Er teilt Lanzmann mit, es vergeht kein Tag „ohne Alpträume“. Ein anderer ehemaliger Aufseher, auch nie vor Gericht gestellt worden, sagt: „Ich kann kein Blut mehr sehen. Das hat die damalige Tätigkeit aus mir gemacht. Ich esse auch keine Blutwurst mehr“. Im Jahre 2023 kam der Film „Shoah“ ins Register des UNESCO-Weltdokumentenerbes.

Der Regisseur von„Je n’avais que le néant“ verwendet ausschließlich Lanzmanns eigene Worte. Auszüge aus dessen Memoiren und bislang nicht gezeigte Ausschnitte des Materials kommen zum Vorschein. Lanzmann klagt nicht an, er berichtet. Sein großes Talent war, er kann das Nicht-erzählte mit der Kamera erzählen. Die Bilder sprechen für sich.

Guillaume Ribot ist es gelungen, einen beeindruckenden Film über Claude Lanzmann und „Shoah“ zu präsentieren. (Volker-Taher Neef, Berlin/ Foto: ©Ribot)




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