Deutschlands Rückkehr nach Syrien: Zur Wiedereröffnung der deutschen Botschaft in Damaskus und der Gewalt gegen mehrheitlich Aleviten - Eine Einschätzung von Aiman Mazyek
Hoffnung inmitten der Trümmer und Gefahren
Ums gleich vorab zusagen. Für mich als Deutscher mit syrischen Wurzeln (mein Vater war Syrer) und als Muslim allzumal gilt: Ob es die jahrzehntelangen Massaker des Assad-Regimes waren, die Gräueltaten der versprengten Daesch-Milizen oder die Verbrechen irgendeiner anderen Gruppe – Hassverbrechen gegen religiöse oder ethnische Minderheiten müssen ein für alle Mal geächtet und ausgemerzt werden. Sie zielen darauf ab, das Individuum zu entmenschlichen und die Gesellschaft zu spalten. Gruppen, die solche Taten begehen sind Feinde der Menschheit, des syrischen Volkes und des Islam gleichermaßen. Die Bundesregierung hat zurecht klare Worte gefunden, um die jüngsten Gewaltausbrüche im Westen Syriens zu verurteilen. Bei Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Anhängern des gestürzten Assad-Regimes sind laut Menschenrechtsorganisationen über 1000 Zivilisten getötet worden sein, darunter viele Alewiten.Doch auch inmitten dieser Tragödien gibt es Zeichen der Menschlichkeit: Nach den jüngsten Angriffen auf alawitische Gemeinden fanden tausende alawitische und christliche Familien Schutz bei ihren sunnitischen Nachbarn. Die große Mehrheit der Syrer will zwar erklärtermaßen eine gerechte und transparent der Aufarbeitung der erlittenen Gräuel, Verschleppungen und Menschenrechtsverletzungen, aber diese in einem rechtsstaatlichen Kontext, nicht mit Hass und Spaltung lebend, sondern in Solidarität und Zusammenhalt.
Wiedereröffnung der Deutschen Botschaft in Damaskus
Deutschland hat ein „überragendes Interesse“ an einem stabilen Syrien, so das Auswärtige Amt. Diese Aussage mag auf den ersten Blick wie eine diplomatische Floskel klingen, doch sie trägt eine tiefere Bedeutung. Vor 13 Jahren schloss Deutschland seine Botschaft in Damaskus, als der syrische Machthaber Baschar al-Assad einen brutalen Krieg gegen die eigene Bevölkerung führte. Nun, gut drei Monate nach dem Sturz Assads und seiner Flucht aus dem Land, hat Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) die deutsche Botschaft in der syrischen Hauptstadt wiedereröffnet. Dies ist mehr als nur ein symbolischer Akt – es ist ein hoffnungsvolles Signal in einer Region, die von jahrzehntelangem Leid gezeichnet ist. Baerbocks Besuch in Syrien war nicht nur ein offizieller Akt der Wiedereröffnung.
Die Außenministerin nutzte die Gelegenheit, um sich ein eigenes Bild von der aktuellen Lage zu machen. Sie besuchte nicht nur die Hauptstadt, sondern auch umliegende Stadtteile, die noch immer von den Ruinen z.B. der Fassbombenangriffe gezeichnet sind – einer der grausamsten Waffen, die das Assad-Regime mit Unterstützung Russlands und des Irans einsetzte, um seine Schreckensherrschaft über das Land aufrechtzuerhalten. Diese Besuche sind wichtig, denn sie zeigen, dass Deutschland nicht nur an politischen Gesprächen interessiert ist, sondern auch an den Menschen, die unter den Folgen des Krieges leiden.
Die Wiedereröffnung der deutschen Botschaft in Damaskus ist demnach ein wichtiger Schritt, aber er ist nur der Anfang. Deutschland muss sich weiterhin für eine friedliche und stabile Zukunft Syriens einsetzen – eine Zukunft, in der Hass und Gewalt keinen Platz haben. Die syrische Bevölkerung hat genug gelitten. Es ist an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft, einschließlich Deutschlands, konkrete vor allem wirtschaftliche weitere Schritte unternimmt, damit die Menschen in Syrien eine Perspektive haben. Denn nur so kann das Land aus den Trümmern des Krieges zu einer hoffnungsvollen Zukunft aufstehen, so werden sicherlich viele geflüchtete Syrerinnen und Syrer wieder zurückkehren wollen und können.