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Mittwoch, 29.07.2015 | Drucken |
Müssen Muslime in der Terrorecke verharren?
Wider die Mär des staatlichen Auftrags und Finanzierung unserer Mahnwache - Replik auf den WamS-Artikel „Wie die Politik den Anti-Terror-Islam inszeniert“. Von Aiman A. Mazyek
Hier der besagte Text in der WamS: http://www.welt.de/politik/deutschland/article144444970/Wie-die-Politik-den-Anti-Terror-Islam-inszeniert.html
Vom Brandenburger Tor ging am 14. Januar dieses Jahres ein wichtiges und klares Signal in die Welt. Viele tausend Menschen auf dem Pariser Platz, Vertreter aller muslimischer Verbände, des Zentralrats der Juden in Deutschland, aus den Kirchen, aus Zivilgesellschaft und Politik haben bei der Mahnwache nach den Anschlägen auf die Redaktion von Charlie Hebdo und in einem jüdischen Supermarkt in Paris deutlich gemacht: Wir stehen hier alle gemeinsam zusammen, um gegen jede Form von Terror und Gewalt und für ein weltoffenes, tolerantes Land zu demonstrieren.
Warum schreiben jetzt einige Stellen, ein halbes Jahr danach, dieses beeindruckende Signal nieder? Es schadet uns allen, wenn jetzt wieder versucht wird, Muslimen die klare Verurteilung der Terrorakte von Paris abzusprechen und das starke gesellschaftliche Signal, das von Berlin ausging, kaputt zu reden. Es ist gefährlich, weil es Wasser auf die Mühlen derer ist, die sich durch Muslime und andere Minderheiten in ihrer deutschen Identität bedroht fühlen. Die falsche Darstellung, dass die Anteilnahme der Muslime für die Opfer von Paris eigentlich inszeniert, fremdgesteuert und käuflich sei, leistet zudem islamophoben Einstellungen Vorschub.
Tatsache ist: Die Mahnwache war eine Initiative des Zentralrats der Muslime in Deutschland und der Türkischen Gemeinde zu Berlin. Wir wollten öffentlich die Morde in Paris verurteilen und haben andere muslimische Verbände und Organisationen, die jüdische Gemeinschaft, die Kirchen, Zivilgesellschaft und Politik eingeladen, sich zu beteiligen. Die Idee entspricht unsere gesellschaftlichen Verantwortung und unser Selbstverständnis als Religionsgemeinschaft in Deutschland seit Jahrzehnten so auf Ereignisse einzugehen. Bereits drei Monate zuvor, am 19. September 2014, haben wir übrigens zusammen mit den anderen muslimischen Verbände – DITIB, Islamrat und VIKZ - nach dem Freitagsgebet in mehr als 1500 Moscheen mit der Aktion „Muslime stehen auf gegen Hass und Unrecht“ bereits in ähnlicher Weise alle Formen von Gewalt öffentlich verurteilt. Damals begrüßten ebenso die Spitzen der Kirchen, der Politik und der Zivilgesellschaft dies und nahmen und daran aktiv teil (Bundesinnenminister, EKD-Vorsitzender, ZdJ-Präsident u.a.).
Dass unser Aufruf zur Mahnwache am Brandenburger Tor – wir hatten nur eine halbe Woche Vorbereitungszeit - binnen weniger Tage eine solche Dynamik entwickelt hat, dass die Bundeskanzlerin, fast alle Ministerinnen und Minister und sogar der Bundespräsident zugesagt haben, hat uns außerordentlich gefreut und bestärkt. Uns wurde aber schnell klar, dass sich dadurch die ursprünglich geplante Veranstaltung zu einer Großkundgebung entwickeln würde, die unsere organisatorischen und finanziellen Mittel weit übersteigen würden. Deshalb waren wir dankbar, dass zunächst Bündnis 90/Die Grünen, später die SPD und auch die CDU uns signalisierten, dass sie den Erfolg unserer Initiative als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sähen und uns hinsichtlich der Organisation und der Kosten nicht allein lassen würden. Die SPD ist jetzt dankenswerter Weise in Vorleistung getreten und die anderen Parteien stehen zu ihren Zusagen. Ursprünglich hatten wir mit Kosten von 2500 Euro kalkuliert. Der ZMD wird mindestens das Doppelte an Kosten übernehmen.
Selbstverständlich müssen Muslime in Deutschland religiösen Extremismus im Namen des Islam in aller Entschiedenheit bekämpfen. Aber der Kampf gegen Extremismus jeglicher Couleur muss als gesamtgesellschaftliches Engagement verstanden werden. Als Veranstalter bin ich deshalb allen Parteien, den vielen ehrenamtlichen Helfern, der Polizei, dem Zentralrat der Juden, den Kirchen, den Spitzen der Zivilgesellschaft und den Repräsentanten des Staates, allen voran dem Bundespräsidenten und der Bundeskanzlerin, sehr dankbar, dass sie uns bei unserem Zeichen gegen Terror und Gewalt zur Seite gestanden und damit gezeigt haben, was Bundespräsident Joachim Gauck in den Satz fasste: Wir alle sind Deutschland.
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Hintergrund/Debatte
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