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Montag, 28.04.2008 | Drucken |
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Wer schützt uns vor dem Fetisch Nacktheit?
Über Kinderpornographie, eine Gesetzeslücke, die durch Sachen-Anhalt im Bundesrat geschlossen wurde und unsere Werte, die mehr und mehr „ausgezogen“ werden
In unserer so liberalen Welt, im wahrsten Sinne des Wortes „freizügigen“ Welt, ist hierzulande Nacktheit kaum noch ein Tabu. Ein Leitspruch unter Werbeexperten gilt bis heute, nämlich „Sex sells.“ So ist ein bekannter Reifenhersteller stolz darauf, am Jahresende einen „Mädchenkalender“ verteilen zu dürfen, wo die Nachfrage das Angebot bei weitem übersteigt.
Wenn in Großstädten in einer Ladenpassage ein Sex-Shop genauso seine Berechtigung angeblich hat wie ein Sport-Ausrüster, im Abendprogramm manche „freien“ Sender das „Freisein“ mit dauernder Nacktheit von Damen verstehen und bestimmte Telefon-Nummern eingeblendet werden, weckt das die Gier nach Nacktheit bei einigen Zeitgenossen.
Die Nacktheit als solches ist ja erstmal nichts Unnatürliches. Die kleinsten der Kleinen legen sich im Kindergarten „halbnackt“ zum Mittagsschlaf, Kleinkinder duscht man nach dem Baden gemeinsam ab.
Das alles sind aber andere Formen als das Verlangen nach Nacktheit, das manche Erwachsene haben. Oft wird diese widerliche Gier im Internet befriedigt. Gelingt es den Tätern in unserer Gesellschaft, Kinder nackt anstarren zu können, haben sie ihren letzten Kick, ihren Höhepunkt, erreicht. Seit einiger Zeit ist der Sex mit Minderjährigen im Ausland auch eine Straftat, der hierzulande verfolgt wird. Ob es krankhafte, sexgierige (hier ist die Mehrzahl der Akteure männlichen Geschlechts) wirklich davon abhält, „gen Süden“ zu reisen, ist fraglich. Die Gier ist sicherlich größer als die Angst vor der Strafe.
Zumal sich sicherlich in den Entwicklungsländern mit ein paar Euros oder Dollar nachhelfen lässt, beim Sextouristen aus Deutschland seitens der dortigen Behördenvertreter nichts gesehen zu haben. Der gute Onkel hat nur Schokolade und Geld aus Mitleid verschenkt, weil ihm die armen Kinder ja so schrecklich Leid tun.
Hat Mann doch Angst oder keine Zeit, weicht man auf das Internet aus. Nun sollte man doch meinen, in einem Lande wie dem unseren ist alles und jedes bestens geregelt. Da gibt es Vorschriften zu allem und jedem: Die schwächsten der Schwachen, die Kinder, haben aber nicht immer den Schutz unserer Gerichte erfahren. Da können Nachbarn im Haus sich auf Gesetze berufen, wann ein Kind spielen darf, wie Laut der Lärm sein darf, den eine Vorschule produziert, als handele es sich um die Produktion von Motoren. Oder Kinder fallen einfach in eine peinliche Gesetzeslücke, die natürlich die Erwachsenen verursacht haben.
In seiner 843. Sitzung beschließt der Bundesrat unter –BR-Drs.-Drucksache 156/08 den „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein mehrjähriges Gemeinschaftsprogramm zum Schutz der Kinder bei der Nutzung des Internets und anderer Kommunikationstechnologien.“ Mit ihrem Aktionsplan zur Förderung der sicheren Nutzung des Internets 1999 bis 2004 und dem Programm „Mehr Sicherheit im Internet“ 2005 bis 2008 hatte die EU bereits in den vergangenen Jahren Maßnahmen zum Schutz der Kinder im Online-Umfeld vorgelegt. Die EU-Kommission hat aufgrund der rasanten Entwicklung im Internetbereich beschlossen, eine Ergänzung der bestehenden Programme zu veranlassen .Vom 01.01. 2009 bis zum 31.12.2013 soll ein Gemeinschaftsprogramm entstehen, dass an das 2008 auslaufende Modell anknüpft und zugleich auf die durch neue Technologien und Dienste sowie neue Nutzungsarten entstehenden Risiken für Kinder reagiert.
Kinder, Eltern, Betreuer sollen in die Lage versetzt werden, auf noch unbekannte künftige Entwicklungen im Online-Umfeld und sich daraus erwachsener Gefahren einzugehen. Schwerpunkte sind die Verringerung illegaler Inhalte und Bekämpfung schädlichen Verhaltens, die Förderung eines sicheren Online-Umfeldes, die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der Aufbau einer Wissensbasis.
Die Landesbehörden in Sachsen-Anhalt haben sich auf dem Gebiet der Internetkriminalität innerhalb Deutschlands einen sehr guten Ruf erworben. 2003 waren die Strafverfolgungsbehörden maßgeblich an der Zerschlagung eines kinderpornografischen Zirkels beteiligt. Die Aktion erhielt den Namen „Marcy“ und bewirkte die Ausschaltung von 38 weltweit agierenden kinderpornografischen Zirkeln. Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) holte 2006 die SPD-Justizministerin Angela Kolb ins Kabinett der Großen Koalition. Die Ministerin, selber Mutter, wies nach, dass in unseren Landen eben doch nicht alles – oder besser Wichtiges - geregelt ist. Diese nach Nacktheit gierende Gesellschaft stellte per Entscheidung des Bundesgerichtshofs (AZ.: 4 StR 570/05) vom Februar 2006 fest, wonach die bloße pornografische Abbildung von Kindern noch keinen sexuellen Missbrauch von Kindern darstelle, da eine „Manipulation sexueller Art“ Voraussetzung sei. Es war eine dieser so bedauerlichen Gesetzeslücken. Auf Vorschlag von Prof. Dr. Kolb kam es endlich zu einer Neuformulierung des § 176 Abs.4 Nr. 2 StGB. Nunmehr kann auch geahndet werden, wer „ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen von ihm, vor einem Dritten oder an sich selbst vornimmt.“ Ein weiters Bollwerk ist die Bundesinitiative www.Fragfinn.de , dort wird neben einer Liste kindgerechter Seiten zusätzlich ein Programm angeboten, wonach Eltern zum Schutz der Kinder das Betriebssystem ihres Computers bzw. den Internetbrowser entsprechend einrichten können.
So lobenswert auch der Einsatz der Justizministerin von Sachsen-Anhalt ist und aufgrund ihrer Beharrlichkeit diese Lücke nicht mehr besteht, liegen doch die Ursachen im gesellschaftlichen Bereich. Siegmund Freud wird der Satz zugeschrieben, „die Nacktheit sei der Beginn der Perversion.“ Wenn der Tag kommen sollte, an dem der Angezogene dadurch auffällt, dass er bekleidet ist und das unbekleidet sein Standard ist, darf sich eine Gesellschaft über Verrohung, unsittlichen Verhaltens in vielen Bereichen nicht wundern. Begriffe wie Sitte, Moral, Ethik sollten keine Worthülsen sein, sondern von jedermann/-frau, unabhängig von der Religion, den Kindern und der Nachbarschaft vorgelebt werden. Das dann positive Echo kommt allen zu Gute, z.B. in Form von weniger sexuellem Missbrauch, Vergewaltigungen und Pädophilität, eben weniger Verletzung von grundlegenden Menschenrechten. (Volker-Taher Neef,Berlin)
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