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Montag, 17.12.2007
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Gastkommentar: Adnan Eslan: Islam in Österreich als Modell für EuropaEs scheint uns in Österreich gelungen zu sein, die Partnerschaft zwischen Staat undIslam als eine gegenseitige Bereitschaft zu dokumentieren. Zu der Überlegung, ob der Islam in Österreich ein Modell für Europa sein könne, wollte ich mit meiner Antwort noch warten, weil mir offen gesagt unterschiedliche Argumentationen fehlen, mit deren Inhalten ich diesen Anspruch begründen könnte. Hier nur die rechtliche Stellung des Islam anzuführen reicht leider nicht aus. Doch eine Islamkonferenz in Istanbul, an welcher sich über 35 WissenschafterInnen aus West- und Osteuropa, dem Balkan, Asien, Afrika und aus den arabischen Emiraten zur „Religious education in the muslim-world and teaching Islam in schools in Europe“ beteiligten, ermutigte mich, das Thema doch anzusprechen. Sämtliche Vertreter aus den unterschiedlichsten islamischen Ländern konnten leider keine neuen Entwicklungen bezüglich eines modernen Konzeptes zur religiösen Erziehung der muslimischen Kinder präsentieren. Der Kollege Prof. Dr. Abdul H. Nayy aus Pakistan und die Kollegin Dr. Golnar Mehran berichteten von der Krise der ideologisierten religiösen Erziehung aus ihren Ländern. Der Kollege aus Pakistan berichtete sogar über das Scheitern einer solchen Erziehung in seinem Land. Der saudische Kollege Prof. Dr. Abdulrazag Zafar konnte zwar von den Erfolgen der Koranmemorierung berichten, aber leider keine Lösung zur Herausforderung der Gegenwart präsentieren. Die muslimischen Vertreter aus den Balkanländern bestanden auf ihre langjährige Tradition, sich als Teil der türkischen Außenpolitik zu betrachten und im Konflikt ihre Identität zu schützen. Eine Verortung der Religiosität in Europa scheint ihnen eine Bedrohung gegen ihre Identitätsvorstellung zu sein. Die Konzepte aus Deutschland, Norwegen und Großbritannien, die sehr repräsentativ für den Rest Europas waren, erweckten das Gefühl, dass man ungern den Islam ver-beheimaten möchte. Diese Modelle scheinen mir Konzepte zu sein, die aus einem unausgesprochenen Verdacht heraus eine Partnerschaft mit dem Islam zu umgehen versuchen. Islam im Zentrum der Gesellschaft Aus welchem Grund auch immer scheint es uns in Österreich wirklich gelungen zu sein, die Partnerschaft zwischen Staat und Islam als eine eindeutig gegenseitige Bereitschaft zu dokumentieren. Der Staat hat den Islam aus der Isolation herausgeholt und ins Zentrum der Gesellschaft gerückt. Ob die Muslime aus dieser Chance eine Aufgabe gemacht haben, ist eine andere Frage. Tatsache ist jedoch, dass die Muslime das Vertrauen des Staates jeden Tag ein Stückchen mehr wahrnehmen. Diese Wahrnehmung ist eine wichtige und nicht geringzuschätzende Entwicklung zur Integration der Muslime in unserer Gesellschaft. Unser Erziehungskonzept, dass sich aus diesem Vertrauensverhältnis heraus entwickelt und die Werte der Gesellschaft ins Zentrum der religiösen Erziehung an den öffentlichen Schulen rückt, fördert die religiöse Identität als Sicherheit des sozialen Friedens. Die Religionen verstehen, dass die Gesellschaft und der Staat sie brauchen. Durch die Berichte der Kollegen aus der Türkei verstand ich wieder, dass ohne dieses Verhältnis zwischen Staat und Religion aus der Schule ein Ort der Konfrontation wird, in dem der Staat die Religion und die Religion den Staat zu verbannen versucht. Eine Gesellschaft, die gemeinsame Werte nicht zu fördern vermag, sondern aus der Spannung heraus lebt und die Widersprüche belebt, kann nicht erfolgversprechend sein. Österreich etabliert sich damit in der Tat zu einem Modell für Staaten und Gesellschaften, die den sozialen Frieden zwischen Religion und Staat suchen. Die Muslime in Österreich sollten sich dieser Aufgabe stellen, sodass aus dieser demokratischen Gesellschaftskultur ein Friedensmodell für Europa und die islamische Welt entstehen kann. V.-Prof. Dr. Ednan Aslan lehrt Islamische Religionspädagogik am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien. ("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2007) |