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Donnerstag, 13.12.2007 | Drucken |
„Neue Eskalationsstufe der in Deutschland grassierenden Islamfeindlichkeit“ – Aus einem Bericht der Islamischen Zeitung
Dr. Murad Wilfried Hofmann ist ohne Frage einer der bekanntesten und profiliertesten deutschen Muslime und ein international angesehener Autor. Der 76-jährige studierte Jurist war in den 80er und frühen 90er Jahren deutscher Botschafter in Algerien und Marokko und zuvor Informationsdirektor der NATO in Brüssel. Bereits seit 1961 war er im diplomatischen Dienst der Bundesrepublik Deutschland tätig. Insbesondere seit seiner Pensionierung 1994 machte er sich durch die Veröffentlichung von Büchern, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden, und als unermüdlicher Vortragsreisender weltweit einen Namen. Dr. Murad Wilfried Hofmann ist Träger des Bundesverdienstkreuzes. Dass bei all diesem Einsatz für den Islam Kritik nicht ausblieb, besonders bei seinem Buch „Der Islam als Alternative“, das er 1992 noch als amtierender Botschafter veröffentlichte, ist kein Anlass zur Verwunderung.
Einen Vorfall wie den, der ihm neulich anlässlich eines geplanten Vortrags im hessischen Hanau widerfuhr, hat Hofmann allerdings nach eigenem Bekunden noch nie zuvor erlebt. Am 30. November sollte er dort auf Einladung des „Vereins für multikulturelle Ereignisse e.V.“ einen Vortrag mit dem Thema „Islam in Deutschland - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ halten. Wenige Tage zuvor teilten allerdings die Vermieter der Räumlichkeiten, welche der Stadt Hanau gehören, dem Veranstalter schriftlich mit, dass die zugesagten Räumlichkeiten nicht mehr zur Verfügung stünden, weil der Redner Murad Hofmann „islamistisches Gedankengut“ vertrete, das nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes stehe. Auch nach einem darauf folgenden Gespräch mit dem Veranstalter blieb man bei dieser Sichtweise und der Absage. Der Bundesbeamte a.D. Dr. Murad Hofmann ist empört über diese Vorwürfe: „Der Fall in Hanau stellt eine neue Eskalationsstufe der in Deutschland grassierenden Islamophobie dar“, so Hofmann gegenüber der IZ.
In dem Kündigungsschreiben vom 26.11.07 für den angemieteten Veranstaltungsort, das Comoedienhaus Wilhelmsbad bei Hanau, wurde die Kündigung aus zwei Gründen ausgesprochen. Zum einen sei der Saal für eine Veranstaltung mit dem Titel „UNESCO 2007 - Mevlana“ gebucht worden. Doch, so das Schreiben wörtlich: „Es sollte eine kulturelle Veranstaltung sein. Inzwischen ist durch Nachforschungen herausgekommen, daß auch Redner auftreten sollen, die eindeutig islamistisches Gedankengut vertreten. So ist als Redner ein Herr Dr. Murat Hofmann vorgesehen, der Ideen propagiert, die nicht der freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes entsprechen. Unsere Gesellschaft befindet sich zu 100% im Besitz der Stadt Hanau. Diese kann derartige Aktivitäten nicht dulden und fördern.“ Der zweite angegebene Grund ist eine Verletzung des Mietvertrages, weil eine bis 14 Tage vor Veranstaltungsbeginn zu zahlende Vorabzahlung von 30 Prozent des Mietpreises nicht erfolgt sei.
Doch selbst wenn man in beiden Fällen von Fehlern auf Seiten der Veranstalter ausgeht, bleiben noch die Vorwürfe gegen Dr. Murad Hofmann bestehen. „Das rechtfertigt nicht die üble Nachrede mir gegenüber. In § 186 Strafgesetzbuch heißt es: ‚Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe ... bestraft.’“ so Dr. Hofmann gegenüber der IZ. Der Pressesprecher der Stadt Hanau sagte dazu gegenüber dieser Zeitung: „Wir haben Hinweise von der Polizei bekommen, wonach zu erwarten sei, dass die Inhalte der Reden nicht mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar seien. Deshalb hat unser Rechtsamt dann beschlossen, die Veranstaltung abzusagen.“ Klaus-Dieter Storck, Geschäftsführer des Comoedienhauses und einer der Unterzeichner des Kündigungsschreibens an die Veranstalter, meint, dass man nicht anders habe handeln können: „Wir sind von der Polizei darauf hingewiesen worden, dass Herr Murad Hofmann islamistisches und fundamentalistisches Gedankengut vertritt, und damit auch nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht.“ Der andere wesentliche Grund sei gewesen, dass bei der Buchung die Veranstaltung unter dem Titel „UNESCO 2007- Mevlana“ als Musikveranstaltung angekündigt worden sei, was überhaupt nichts mit der Veranstaltung zu tun gehabt habe, die dann tatsächlich für den 30.11. geplant worden sei, was Storck als „arglistige Täuschung“ bewertet. Außerdem sei eine Vorabzahlung nicht pünktlich geleistet worden. „Insofern haben wir nur die Entscheidung treffen können, die Veranstaltung nicht zuzulassen.“ Auf der Veranstaltung seien neben Dr. Hofmann noch andere „Akteure“ vorgesehen gewesen, so Storck, „die wohl in diese Richtung argumentieren. Nur hatten wir bei diesem Namen ganz konkrete Hinweise der Polizei“. Man habe auch keinen Anlass gesehen, die Aussagen der Polizei gegenüber Dr. Murad Hofmann zu überprüfen, sondern sich verpflichtet gesehen, entsprechend zu handeln. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Informationen die wir da bekommen, auch den Tatsachen entsprechen, so etwas macht die Polizei ja nicht aus Gutdünken, und sie hat sich ja von sich aus bei unserem Rechtsamt gemeldet“, meint Storck. Die Stadt Hanau sei ansonsten für interkulturellen Dialog sehr offen ist und führe diesen, nur sei hier eine Veranstaltung unter Vorspiegelung falscher Tatsachen angemeldet worden. Von Seiten der Veranstalter sagt Sedat Okutan dazu, dass zwar der Titel geändert worden sei, nicht aber das Programm, und dass bereits vor vier Wochen eine Einladung mit dem neuen Titel und dem Programm versandt worden sei, unter anderem an den Hanauer Oberbürgermeister.
Unabhängig von den anderen Gründen für die Absage bleiben die Vorwürfe gegen Dr. Murad Hofmann bestehen. Der so beschuldigte kann die Behauptungen noch immer nicht fassen: „Ich war 30 Jahre lang, bis 1994, aktiver Bundesbeamter im auswärtigen Dienst. Ich hatte schon während meiner aktiven Dienstzeit eine Reihe von Büchern, darunter das „Tagebuch eines deutschen Muslims“, veröffentlicht, ohne je von meinem Dienstherrn beanstandet worden zu sein. Auch das Bundesverdienstkreuz erhielt ich bereits als Muslim. Nach meiner Pensionierung habe ich auf der ganzen Welt Vorträge gehalten, davon rund 300 allein Deutschland, ohne je Vorwürfen wie denen, die jetzt aus Hanau kommen, ausgesetzt gewesen zu sein. Auch das Buch ‚Der Islam als Alternative’, das jetzt schon in der sechsten Auflage erschienen ist, ist nie von meinem Dienstherrn beanstandet worden.“ Angesichts damaliger Angriffe hatte sich das Auswärtige Amt hinter seinen Botschafter Hofmann gestellt und nach einer Prüfung festgestellt, dass das Buch nicht zu beanstanden sei. Zudem, so Hofmann, sei die Kampagne gegen ihn in Zusammenhang mit dem Buch bereits vor Erscheinen des Buches gelaufen und nach Erscheinen des Buches „sofort zusammengebrochen“. Hofmann zählt einige weitere seiner derzeitigen Funktionen auf: Mitglied der jordanischen Akademie für islamisches Denken, Unterzeichner der viel beachteten (und kürzlich vom Vatikan wohlwollend beantworteten) Botschaft von 138 prominenten Muslimen an den Papst, Mitarbeiter im Vorstand des Annemarie-Schimmel-Forums für islamisch-christlichen Dialog, Berater des Zentralrats der Muslime bei der von Bundesinnenminister Schäuble einberufenen Islam Konferenz. „Es ist mir völlig schleierhaft, wie man in Hanau zu einer solch aggressiven Stellungnahme kommen konnte. Ob dabei eine Denunziation vorliegt oder etwas anderes, ich weiß es nicht“, sagt der ehemalige Botschafter verständnislos.
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