Newsnational Montag, 03.09.2007 |  Drucken

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Das Knarren der Pforten zum Paradies

Sieger des Kreativwettbewerbs "Muslim made" ausgezeichnet

Wortlaut aus einem FAZ-Artikel - siehe auch weitere Berichte deutscher Tageszeitungen über den gestrige islam.de-Festakt:

Darmstadt - Wenn ein muslimischer Kreativwettbewerb den Titel "Zeig mir den Propheten" trägt, dann kann das Anlass geben, stutzig zu werden. Ist die Darstellung des Propheten im Islam nicht verboten?
"Ja, Muslimen ist es im Prinzip verboten, Mohammed bildlich darzustellen", sagt Abu Bakr Heyn. Für ihn war dieses Verbot aber kein Problem, sondern eine Herausforderung, andere Wege für eine künstlerische Darstellung mit Bezug auf Mohammed zu finden: "Wir Muslime sind dadurch aufgefordert, uns intensiver und weniger oberflächlich mit unserem Vorbild Mohammed auseinanderzusetzen", meint der Sechsunddreißigjährige.

Heyn ist das offenkundig so gut gelungen, dass er mit seinem Hörspiel "Mein Moment der Ewigkeit" den ersten Platz des Kreativwettbewerbs "Muslim made" gewonnen hat. Seine gerappte Fiktion einer mystischen Reise zu Mohammed in die heilige Stadt Medina überzeugte die hochkarätig besetze Jury um die dänische Rapgruppe Outlandish und die Sängerin Hülya Kandemir. Der gebürtige Frankfurter, der als Ulrich Heyn geboren wurde und vor zehn Jahren zum Islam konvertierte, gewann mit seinem Stück eine Fünf-Sterne-Pilgerreise nach Mekka und Medina.

Beim ersten bundesweiten Kreativwettbewerb unter deutschen Muslimen nahmen 116 Künstler teil. Die zehn besten wurden gestern in der Centralstation in Darmstadt vor rund 300 Besuchern prämiert. Die Künstler knüpften mit ihren Arbeiten an die jahrhundertealte Mohammed-Verehrung in der islamischen Kunst an - und das mit ganz modernen Mitteln. Natürlich wurden auch klassisch-arabische Kalligraphien und Gedichte eingeschickt. Doch die meisten der Beiträge erreichten die Jury in digitaler Form, als Film oder Musikdatei. Das war hilfreich für die Besucher, die sich einige der Beiträge schon vor der Auszeichnung an aufgestellten Notebooks ansehen konnten.

Das deutschsprachige Internetportal "Islam.de" hatte den Wettbewerb vergangenen Herbst ins Leben gerufen. Chefredakteur Aiman Mazyek, gleichzeitig Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, erinnerte an den weltweiten Streit um die Mohammed-Karikaturen. Die "Blasphemie" der Zeichnungen habe ihn damals genauso geärgert wie die Ausschreitungen einzelner "muslimischer Hooligans". Der Wettbewerb sei die "bescheidene Antwort der Muslime", so Mazyek. "Wir dürfen uns nicht in der Opferrolle gefallen, sondern müssen aktiv zu Tätern der guten Sache werden", fügte er hinzu.

Der Wettbewerb war im Vorfeld wegen seines bewusst provokanten Titels von einigen Muslimen kritisiert worden. In etlichen Mails hatten sie die Betreiber des Internetportals beschimpft. Die Redaktion konterte: "Musik ist das Knarren der Pforten zum Paradies", zitieren sie aus einem Gedicht des berühmten persischen Dichters Rumi. Asysenur Helen Ramos Saglam, Gewinnerin des vierten Platzes, zeigte auf der Bühne mit ihrem Stück "The Light", wie dieses Knarren klingt. Gewagt, denn auch der Gesang von Frauen ist im Islam nicht unumstritten.

Auch Schirmherr Murad Hoffmann ist überzeugt vom Kreativwettbewerb. Die Beiträge hätten nicht nur mit technischer Raffinesse und tiefer Liebe zum Propheten überzeugt. Der ehemalige deutsche Botschafter in Algerien und Marokko lobte auch die einwandfreie Verwendung der deutschen Sprache. Nur Beiträge, die in Deutsch oder Englisch verfasst waren, konnten am Wettbewerb teilnehmen. Das zeige, wie tief der Islam inzwischen in Deutschland verwurzelt sei.

Mit einem Bühnen-Comeback der deutsch-türkischen Jurorin und Sängerin Hülya Kandemir fand der Wettbewerb seinen Abschluss. Kandemir hatte vor drei Jahren ihr Mikrofon gegen ein Kopftuch eingetauscht und darüber einen Bestseller geschrieben. Das Konzert in der Centralstation war ihr erster öffentlicher Auftritt seit ihrem Rückzug. (aus: FAZ, 03.09.07)



Lesen Sie dazu auch:
TAZ: Zeig mir Deinen Propheten
Berliner Zeitung: Der Rap des Propheten
Frankfurter Rundschau: Rap im Namen des Propheten

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