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Donnerstag, 02.08.2007 | Drucken |
Ist der Islam so humorlos wie sein Image? Aiman A. Mazyek spricht im "Forum am Freitag" (ZDF) über muslimischen Humor
Auszüge aus dem Chat. Weiter unten: ZDF-Interview über die Tradition des muslimischen Humors und ZDF-Film-Portrait über den Sprecher
Frage: Das Lächerlichmachen des Propheten, eines Engels oder eines Religionsgelehrten wird nach traditionellem islamischem Recht als Apostasie gewertet. Ihre Meinung wirkt natürlich sehr modernistisch, wenn sie behaupten, dass Witze über den islamischen Propheten irgendwie möglich sind. Leute, die Witze öffentlich machen, müssen in vielen Ländern mit der Exkommunikation rechnen oder mit der Todesstrafe. Wie sehen Sie das?
Aiman Mazyek: Mein Anliegen ist in erster Linie, für mehr Humor unter den Muslimen zu werben. Mir geht es nicht um das Lächerlichmachen des Propheten. In vielen Ländern der Erde herrscht in der Tat weder Rechtstaatlichkeit, noch werden Menschenrechte gewahrt. Die freie Meinungsäußerung gehört zu einem Menschenrecht.
Auf Apostasie, den Abfall vom Glauben, gibt es auch unterschiedliche Antworten. Ich verweise da auf die islamische Charta des Zentralrats der Muslime in Deutschland, wo anhand des Verses "Es gibt keinen Zwang im Glauben" der Wechsel zu einer anderen Religion oder zu gar keiner Religion im Rahmen der Religionsfreiheit möglich ist.
Frage: Ich persönlich finde es nicht gerade witzig, über einen Propheten, ob Mohammed oder Jesus, Witze zu machen, dafür habe ich zu viel Respekt vor diesen großen Menschen.
Aiman Mazyek: Die Gefährten des Propheten haben sich in einer respektvollen Weise mit dem Propheten amüsiert und Witze gemacht. Dafür gibt es etliche Beispiele. Und sie waren die respektvollsten Menschen gegenüber dem Propheten.
Frage: Aufgrund der eher ,,lockeren" Mohammed -Karikaturen ist in manchen islamischen Ländern ein Sturm der Entrüstung losgetreten worden. Gibt es im Islam überhaupt einen gewissen Humor im Bezug auf die Glaubensinhalte?
Aiman Mazyek: Ich sehe keinen direkten Zusammenhang zwischen Karikatur und Humor. In der muslimischen Tradition gibt es sehr wohl Humor.
Frage: Würden Sie es akzeptieren, wenn Mohammed in einem Comic dargestellt werden würde?
Aiman Mazyek: Das gibt es schon. Die Frage ist, wie er dargestellt wird.
Frage: Müssen wir Muslime lernen, mit dem Humor der anderen umzugehen?
Aiman Mazyek: Ja, so ist es.
Frage: Was führt eigentlich zu diesem ernsten Image unseres Glaubens? Ist es die Unwissenheit vieler Muslime? Oder hat das etwas mit unserem Glauben zu tun?
Aiman Mazyek: Es hat mit dem Unwissen der Muslime und der Nichtmuslime zu tun.
Frage: Liegt die Humorfeindlichkeit am Religiössein an sich?
Aiman Mazyek: Die meisten Überlieferungen des Propheten handeln von Dingen des Alltäglichen. Was er dort gesagt, getan oder unterlassen hat. Der größte Fundus sind eben nicht nur Aussagen über Leben und Tod.
Frage: Humor ist oft das beste Mittel, um Vorurteile aufzudecken und zur Menschlichkeit zurückzukehren. Ich bin selber Muslima und kann über Witze über den Islam lachen. Aber über Allah lachen kann ich trotzdem nicht. Hier geht es nicht um Dünnhäutigkeit der Muslime, wie Sie im Film behaupten!
Aiman Mazyek: Mein Anliegen gilt nicht den Witzen über Gott, sondern für ein Mehr an Humor, Lachen und Lächeln in der muslimischen Community. Gemäß dem Ausspruch des Propheten: "Ein Lächeln ist eine Sadaqa (Spende)", für die es auch eine Belohnung gibt.
Frage:Ich verstehe nicht, warum sie das Zuwanderungsgesetz als eine Diskriminierung gegenüber türkischen Mitbürgern empfinden.
Aiman Mazyek: Ich habe das Zuwanderungsgesetz nicht per se kritisiert, sondern nur einen Tatbestand: Ich fordere gleiche Einreisebedingungen für Bürger aller Länder der Erde. Das ist nicht im Zuwanderungsgesetz verankert. Darin wird beispielsweise der Australier vor dem Türken in dieser Frage privilegiert. Es gilt die Gleichheit vor dem Grundgesetz. Das sehe ich hier missachtet.
Frage: Können Sie uns einen guten islamischen Witz erzählen?
Aiman Mazyek: Eines Tages saß der Prophet mit seinem engsten Freund Abu Bakr zu Tisch und man nahm eine Dattelspeise ein. Wie es so üblich war, legte man die Dattelkerne vor sich hin. Abu Bakr schob seine Dattelkerne jeweils dem Propheten zu. Nach dem Essen lag vor dem Propheten ein Haufen Datteln und vor Abu Bakr war kein solcher. Abu Bakr fragte den Propheten "Oh Prophet, Du hast aber heute einen großen Hunger gehabt?" Darauf hin antwortete der Prophet: "Du scheinbar auch, denn Du hast deine Datteln samt den Kernen gegessen." (Auszug aus dem ZDF-Chat, vollständiger Chat s.u.)
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