Newsnational Mittwoch, 13.09.2006 |  Drucken

Anzeige:


Papst Benedikt XVI mahnte die deutsche Politik, Muslime besser zu integrieren.

Kritik der Muslime an Papst wegen umstrittener Aussagen

Bundespräsident Horst Köhler berichtete nach seiner Zusammenkunft mit dem Papst Benedikt XVI., dass dieser ihm eindeutig "mitgegeben" hat, "ein gutes Zeichen" gegenüber den Muslimen zu setzen, dass „wir mit ihnen gut zusammenleben wollen, dass sie willkommen sind".

Der Papst appellierte zugleich an Köhler, Deutschland solle Muslime besser integrieren, und mahnte zu stärkeren Anstrengungen. Dies sei auch ein Signal an die muslimische Welt außerhalb Deutschlands. Der Dialog zwischen Christentum und Islam müsse intensiviert werden.

Zugleich kritisierte der Papst bei einem Gottesdienst in München, die westliche Welt habe in ihrem wissenschaftsorientierten Nützlichkeitsdenken den Glauben an Gott verloren. Er sprach vom Zynismus, der die Verspottung des Heiligen als Freiheitsrecht ansehe und Nutzen für zukünftige Erfolge der Forschung zum letzten Maßstab erhebe. Die Menschen müssten die Ehrfurcht vor Gott wieder lernen: "Die Welt braucht Gott. Wir brauchen Gott."

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte nach einem Treffen mit dem Kirchenoberhaupt sie habe dem Papst versprochen, sich bei der anstehenden EU-Präsidentschaft durch Deutschland für gemeinsame christliche Wertevorstellungen in Europa einzusetzen.

Unterdessen haben die muslimischen Verbände in Deutschland sich zum Abschluss des Papstbesuchs verwundert über Benedikts XVI. Sicht des Islam gezeigt. Der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime Aiman Mazyek sagte dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel", es falle ihm "schwer zu glauben, dass der Papst gerade im Verhältnis zur Gewalt die Grenze zwischen Islam und Christentum sieht." Schließlich sei auch die Geschichte des Christentums blutig gewesen - "man denke nur an die Kreuzzüge oder die Zwangsbekehrungen von Juden und Muslimen in Spanien". Auch Benedikts Einschätzung des Islam als einer Religion, die nicht auf Vernunft baue, verstehe er nicht, sagte Mazyek: "Gerade im Islam ist der Vernunftgedanke besonders präsent. Für die islamische Rechtsprechung ist der Gebrauch des eigenen Kopfes sogar eine der Säulen."

Der Vorsitzende des Islamrats, Ali Kizilkaya, nannte die Aussagen des Papstes "irritierend und höchst bedauerlich." Benedikt habe zu Beginn des Besuchs an die Politik appelliert, den Dialog der Kulturen und Religionen zu verstärken. Dies sei allerdings "kein positiver Beitrag dazu", sagte Kizilkaya dem Tagesspiegel. "Wenn wir alle in die historischeKiste greifen wollten, dann wäre der Dialog kaum möglich."




Lesen Sie dazu auch:
Reaktionen der Muslime auf die Kritik des Papstes (Süddeutsche Zeitung: )
Kritik des Zentralrates wegen Papst-Aussagen (tagesschau)
Unverständnis Aiman Mazyek gegenüber Papst-Aussagen (Tagesspiegel)

Wollen Sie einen
Kommentar oder Artikel dazu schreiben?
Unterstützen
Sie islam.de
Diesen Artikel bookmarken:

Twitter Facebook MySpace deli.cio.us Digg Folkd Google Bookmarks
Linkarena Mister Wong Newsvine reddit StumbleUpon Windows Live Yahoo! Bookmarks Yigg
Diesen Artikel weiterempfehlen:

Anzeige

Hintergrund/Debatte

Die Große Moschee in Duschanbe (Tadschikistan) ist das größte Gotteshaus in Zentralasien
...mehr

Film-Besprechung: "In Liebe, eure Hilde" - Dresens neuer Film erzählt eine tragische Geschichte aus der NS-Zeit auf der Berlinale 2024
...mehr

ZMD-Landesverband Rheinland-Pfalz in Staatskanzlei mit anderen muslimischen Religionsgemeinschaften: Kein Generalverdacht und: „Jüdisches und muslimisches Leben sind ein integraler Bestandteile des Landes"
...mehr

Daniel Barenboim mit DAG-Friedrich II von Hohenstaufen-Preis geehrt
...mehr

Buchkritik: "Faschismus" von Paul Mason – Von Aiman A. Mazyek
...mehr

Alle Debattenbeiträge...

Die Pilgerfahrt

Die Pilgerfahrt (Hadj) -  exklusive Zusammenstellung Dr. Nadeem Elyas

88 Seiten mit Bildern, Hadithen, Quran Zitaten und Erläuterungen

Termine

Islamische Feiertage
Islamische Feiertage 2019 - 2027

Tv-Tipps
aktuelle Tipps zum TV-Programm

Gebetszeiten
Die Gebetszeiten zu Ihrer Stadt im Jahresplan

Der Koran – 1400 Jahre, aktuell und mitten im Leben

Marwa El-Sherbini: 1977 bis 2009