Teil II (Fragen 13 - 25)
13. Warum
müssen die Muslime einen ganzen Monat lang fasten?
Wie schon in den
ersten Antworten erwähnt, richten sich die Muslime – auch bei dieser
Vorschrift – nach den Worten Gottes, dem Koran, und der Vorgehensweise des
Propheten Muhammad (s), der Sunna. Diese Anweisungen geben den
Monat Ramadan, der 29 oder 30 Tage lang dauert, als Fastenzeit vor. Da
Eintönigkeit schädlich ist, ist es im Islam nicht gestattet das ganze Jahr
über ohne Unterbrechung zu fasten. Auch wer geistigen Vorteil erzielen
will, hat nicht die Erlaubnis dazu. Die Erfahrung bestätigt ausserdem,
dass das Fasten für den, der es fortwährend übt, zur Gewohnheit wird, zur
zweiten Natur, so dass der Vorteil nicht der gleiche ist wie für den, der
nur von Zeit zu Zeit fastet.
14. Wozu
braucht Gott das Fasten, kommt es nicht eher auf den Glauben an?
Es ist richtig,
dass Gott nichts von uns benötigt, weil Er sich Selbst genüge ist. Von den
jeweiligen gottesdienstlichen Handlungen ziehen wir Menschen selbst hier
in dieser Welt und im Jenseits Nutzen. Aber Glauben ist die Voraussetzung
für eine Tat, die als Gottesdienst zählt und eine Tat ohne Glauben wird
als Gottesdienst bei Gott nicht angenommen werden. Deshalb gehören Glaube
und Tat zusammen und sind wie zwei Seiten einer Medaille. Der Glaube wird
durch die Tat gestärkt. Glaube ohne Taten kann im Extremfall zu einem
leerem Glaubensbekenntnis werden.
15. Welche
Mahlzeiten werden im Monat Ramadan fürs Fastenbrechen zubereitet?
Dies hängt von
den jeweiligen Essgewohnheiten und dem kulturellen Hintergrund des
fastenden Muslims ab. Oft wird abends eine warme Mahlzeit zubereitet, aber
viele geniessen eher die Atmosphäre des Fastenmonats und das Zusammensein
mit der Familie und den Freunden und legen weniger Wert auf die
Speisen.
16. Wie wurde
das Fasten im Monat Ramadan für Muslime eine Pflicht?
Die Offenbarungen
Gottes an den Propheten Muhammad (s), die dann als Koran zusammengetragen
wurden, begannen im Monat Ramadan im Jahre 610. Das Fasten während dieses
Monats wurde den Muslimen erst im Jahre 624 zur Pflicht, als folgende
Koranverse offenbart wurden: ”O ihr, die ihr glaubt! Das Fasten
ist euch vorgeschrieben, so wie es denen vorgeschrieben war, die vor euch
waren. Vielleicht werdet ihr (Allah) fürchten.” (Koran 2:183) ”Der
Monat Ramadan ist es, in dem der Koran als Rechtleitung für die Menschen
herabgesandt worden ist und als klarer Beweis der Rechtleitung und der
Unterscheidung. Wer also von euch in dem Monat zugegen ist, der soll in
ihm fasten. Und wer krank ist oder sich auf einer Reise befindet, soll
eine Anzahl anderer Tage (fasten) - Allah will es euch leicht, Er will es
euch nicht schwer machen - damit ihr die Frist vollendet und Allahs Grösse
rühmt, dass Er euch geleitet hat. Vielleicht werdet ihr dankbar sein.
(Koran 2:185)
17. Was für
Bräuche haben die Muslime im Monat Ramadan?
Das Fastenbrechen
wird gewöhnlich mit einer Dattel oder einem Schluck Wasser durchgeführt,
während das folgende vom Propheten Muhammad (s) überlieferte Bittgebet
gesprochen wird: ”O Allah, um Deinetwillen habe ich gefastet und an
Dich geglaubt und mit Deiner Versorgung breche ich das Fasten. Im Namen
Allahs, des Allbarmherzigen, des Gnädigen”, dann wird das
Abendgebet verrichtet. Erst danach werden dann die eigentlichen Speisen
gegessen. So wie der Prophet Muhammad (s) dies selbst durchführte, ist es
Sitte während des Fastenmonats den ganzen Koran zu lesen. Gegenseitige
Besuche und Einladungen zum Fastenbrechen sind an der Tagesordnung. Das
gemeinsame Fastenbrechen findet auch oft in den jeweiligen
Moschee-Gemeinden statt, in denen manchmal sogar jeden Tag im Ramadan
Essen ausgegeben wird.
18. Wie viele
Muslime halten sich an das Fastengebot im Ramadan?
Das Fasten
scheint das Gebot unter den fünf Säulen zu sein, an die sich die Muslime
am meisten halten. Die Moscheen sind in diesem Monat zu den abendlichen
Tarâwîh-Gebeten3 übervoll und selbst nicht praktizierende
Muslime halten sich aus Respekt vor diesem Monat von Dingen fern, die der
Islam verboten hat, wie z.B. dem Alkoholkonsum. In den Ländern mit
mehrheitlich muslimischer Bevölkerung wirkt sich der Ramadan im
alltäglichen Leben aus. Obwohl sich hier vielleicht fast die Hälfte der
Muslime an das Fasten halten, fällt dies natürlich aufgrund der geringen
Zahl der Muslime im öffentlichen Leben nicht gleichermassen
auf. Im Monat Ramadan gibt es ca. 2
Stunden nach Sonnenuntergang ein spezielles freiwilliges Gebet nach dem
Nachtgebet - das Tarawîh-Gebet, das auch länger als die übrigen Gebete
dauert. Viele Muslime kommen dann in die Gebetsräume der verschiedenen
Moscheen und verrichten gemeinsam dieses Gebet und sitzen danach meist
noch ein wenig zusammen.
19. Gibt es
ausserhalb des Ramadans auch Fastentage?
Das für jeden
Muslim verpflichtende Fasten gibt es nur im Monat Ramadan. Darüber hinaus
hat der Prophet Muhammad (s) an bestimmten Tagen das freiwillige Fasten
empfohlen wie z.B. 6 beliebige Tage im darauffolgenden Monat Schawwâl. Er
lehrte, dass derjenige, der den ganzen Fastenmonat und noch 6 Tage im
Schawwâl fastet, von Gott belohnt wird, als hätte er das ganze Jahr
hindurch gefastet. Am 10. Muharram oder montags oder donnertags zu fasten
wird angeraten. Das ständige Fasten das ganze Jahr hindurch wird im
Islam hingegen nicht erlaubt und die Maximalgrenze des freiwilligen
Fastens wurde vom Propheten (s) aufgezeigt, indem er sagte, dass der
Muslim, der viel fasten möchte, abwechselnd einen Tag fasten und den
darauffolgenden Tag aber aussetzen solle.
20. Wie können
Nichtmuslime ihre fastenden muslimischen Arbeitskollegen unterstützen?
Arbeitgeber,
Kollegen, Lehrer etc. können helfen, indem sie versuchen die Bedeutung des
Ramadan zu verstehen und den betreffenden Muslim nach Möglichkeit
körperlich weniger beanspruchen. Besondere Berücksichtigung könnten z.B.
Anfragen nach Urlaub, der Wunsch nach flexibleren Arbeitszeiten am Morgen
und am Abend, und dem Anliegen von Schülern weniger Hausaufgaben zu
bekommen finden. Es ist auch sehr wichtig, dass muslimische Arbeiter,
Angestellte und Schüler die Möglichkeit erhalten, nach Ende des
Fastenmonats Ramadan am Festgebet teilzunehmen. Dieses Fest und ein
weiteres, das ca. zwei Monate danach folgt, ist für Muslime genauso
wichtig wie Weihnachten und Ostern für Christen. Über eine Gratulation und
einen Glückwunsch zu diesen Festen werden sich die Muslime sehr
freuen.
21. Gibt es
besondere Ereignisse im Monat Ramadan?
Es gibt spezielle
Gebete, Tarâwîh genannt, die in den Moscheen oder Zuhause einige Zeit nach
Sonnenuntergang, verrichtet werden. In der Lailat-ul Qadr 4
(der ”Nacht der Bestimmung”) gedenken die Muslim der Nacht, in der dem
Propheten Muhammad (s) von Gott die ersten Abschnitte des Korans offenbart
wurden. Da der genaue Zeitpunkt dieser Nacht laut einer Aussage des
Propheten (s) nicht bekannt ist, suchen Muslime diese Nacht in den letzten
zehn ungeraden Tagen des Ramadans bzw. feiern ihn in der Nacht des 27.
Ramadan. Es ist auch üblich, dass die Muslime in diesem Monat viel spenden
und auch ihre Zakat-Abgabe ausrechnen und bezahlen.
4 Der Prophet
Muhammad (s) berichtete, dass die Lailat-ul Qadr in den letzten zehn
ungeraden Nächten des Ramadans verborgen ist.
22. Wird am
Ende des Ramadans ein Fest begangen?
Die
Tarâwîh-Gebete finden am zweiten Abend vor dem Fest ihren Abschluss. Das
Fest des Fastenbrechens, das auf arabisch ‘Id-ul Fitr und Ramazan Bayramî
auf türkisch heisst, beginnt mit einem besonderen Festgebet am ersten Tag
des darauf folgenden Monats. Das Festgebet beginnt nach Sonnenaufgang und
beinhaltet zwei Gebetsabschnitte und eine Ansprache. Die Muslime
beglückwünschen sich gegenseitig nach dem Festgebet und drücken ihren
Wunsch aus, dass Gott (Allah) ihr Fasten und ihre übrigen Gottesdienste
annehmen möge. Das Fest dauert drei Tage an. An diesen Tagen werden
Verwandte und Bekannte besucht, wobei gewöhnlich die Jüngeren die Älteren
mit ihren Besuchen ehren. Am ersten Tag des Ramadanfestes soll aber nicht
gefastet werden, da dies eine Zeit des Feierns ist.
23. Gibt es
Probleme der Moschee-Gemeinden mit ihren Nachbarn?
Da es für Muslime
wenige Gebetsräume an einem Ort gibt, müssen viele mit ihren Fahrzeugen
von weit her bis zu den Moscheen fahren, was mitunter zu
Geräuschbelästigung führen kann. Besonders schwierig wird dies im Sommer
wenn die erwähnten Tarâwîh-Gebete bis ca. 22-23 Uhr dauern. Deswegen
sollten die Moschee-Gemeinden Vorkehrungen treffen, dass die Nachbarn so
wenig wie möglich gestört werden und dass sie über die Besonderheit in
diesem Monat informiert werden.
24. Welche
Dinge sind beim Fasten noch zu beachten?
Der Prophet
Muhammad (s) hat zum Fasten viele Empfehlungen gegeben, wobei wir hier nur
vier anführen wollen: ”Das Fasten ist ein Schutz. So soll der (der
fastet) keine unzüchtigen Reden führen und sich nicht töricht verhalten;
und wenn jemand ihn bekämpft oder ihn beschimpft, soll er zweimal sagen:
‘Ich faste.’ Und bei Dem, in Dessen Hand meine Seele ist: Der
Mundgeruch des Fastenden ist Allah angenehmer als der Duft von Moschus,
denn [Gott sagt:] er lässt ab vom Essen und Trinken und von seinen
Begierden um Meinetwillen. Das Fasten ist für Mich, und Ich gewähre die
Belohnung dafür. Und die gute Tat wird zehnfach belohnt.” 5 ”Für
alles ist Zakat zu entrichten, und die Zakat für den Körper ist das
Fasten.”6 ”Wer im Ramadan in (festem) Glauben und in der
Hoffnung auf Belohnung fastet, dem werden seine vergangenen Sünden
vergeben; und wer im Ramadan (nachts im Gebet) steht in (festem) Glauben
und in der Hoffnung auf Belohnung, dem werden seine vergangenen Sünden
vergeben.”7 ”Wenn sich jemand nicht der Falschheit in
Wort und Tat enthält, dann liegt Allah nichts daran, dass er sich des
Essens und Trinkens enthält.”8
5 Von Abu Huraira
in Buchari übersetzt in Allahs Gesandter hat gesagt...,1998, Haus des
Islam, Nr. 438. 6 Von Abu Huraira in Ibn Madscha übersetzt in Allahs
Gesandter hat gesagt...,1998, Haus des Islam, Nr.441 7 Von Abu Huraira
in Ibn Madscha übersetzt in Allahs Gesandter hat gesagt...,1998, Haus des
Islam, Nr.442 8 Von Abu Huraira in Ibn Madscha übersetzt in Allahs
Gesandter hat gesagt....,1998, Haus des Islam, Nr.444
25. Können
Nichtmuslime an muslimischen Veranstaltungen im Ramadan teilnehmen?
Grundsätzlich
kann jeder an einer muslimischen Veranstaltung teilnehmen, weil dies zu
einem besseren gegenseitigem Verständnis beitragen kann. Deswegen sind
Nichtmuslime eingeladen sich ein eigenes Bild und einen Eindruck über den
Ablauf der Veranstaltungen der Muslime auch im Ramadan zu machen. So
können sie z.B. wenn man das mit den Verantwortlichen der jeweiligen
Moscheen abspricht, bei den allabendlichen Gebeten anwesend sein. Muslime
freuen sich auch, wenn sie Interessierte und Nachbarn zum Fastenbrechen (
der sog. Iftâr) begrüssen können.
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