Artikel Donnerstag, 14.02.2019 |  Drucken

Musterpredigt (Freitagsgebet am 15.03.19) des ZMD anlässlich der internationalen Wochen gegen Rassismus

Die Predigt kann auch als PDF gedownloadet werden: Musterpredigt

Alles Lob gebührt Allah, dem Herrn der Welten. Ihn bitten wir um Vergebung, und Ihm wenden wir uns voller Ergebenheit zu. Wir bezeugen, dass es keinen Gott gibt außer Ihm, dem Einen. Und wir bezeugen, dass Muhammad (صلى الله عليه وسلم (Sein Diener und Gesandter ist. „Wahrlich, Allah gebietet, gerecht (zu handeln), uneigennützig Gutes zu tun und freigebig gegenüber den Verwandten zu sein; und Er verbietet, was schändlich und abscheulich und gewalttätig ist. Er ermahnt euch; vielleicht werdet ihr die Ermahnung annehmen.”

Liebe Geschwister im Islam, am 21. März ist es wieder soweit. Dann findet auch in diesem Jahr wieder der Tag gegen Rassismus statt. Das Thema unserer heutigen Freitagspredigt wird daher inschallah „Die Haltung des Islams zu Hass und Rassismus“ sein.

Liebe Geschwister, wer die gesellschaftliche Entwicklung bei uns in Deutschland verfolgt, merkt, wie Rassismus und Fremdenfeindlichkeit immer deutlicher sichtbar werden. Die Ideologie des Rechtspopulismus, die im Wesentlichen auf Rassismus basiert, findet immer mehr Anhänger.

Dabei hat niemand von uns Einfluss auf seine Herkunft, seine Sprache oder seine Hautfarbe. Niemand hat sich dergleichen ausgesucht. Es ist kein besonderer Verdienst, aus einem bestimmten Land zu stammen oder eine bestimmte Sprache zu sprechen. Und es darf erst recht kein Anlass sein, andere deshalb zu diskriminieren. Nicht umsonst wird im Islam kein Unterschied zwischen den Menschen gemacht. Wir alle sind vor Allah swt gleichgestellt. Wir unterscheiden uns nur durch unseren Glauben und durch unsere Worte und Taten. Und nur danach werden wir von Allah swt bemessen.

Im edlen Koran heißt es in Sure Al-Hujuraat, Vers 13 sinngemäß:

„O ihr Menschen, Wir haben euch ja von einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen, und Wir haben euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt. Gewiß, der Geehrteste von euch bei Allah ist der Gottesfürchtigste von euch. Gewiß, Allah ist Allwissend und Allkundig.“

Dies wird auch in dem durch Abu Nadrah überlieferten Ausspruch (Hadith) des Gesandten Allah’s (صلى الله عليه وسلم (unterstrichen, in dem es sinngemäß heißt:

„O ihr Menschen, euer Schöpfer ist ein Einziger. Ihr alle habt den gleichen Vater, kein Araber ist besser als ein Nicht-Araber, und kein Nicht-Araber ist besser als ein Araber, kein Rothäutiger ist besser als ein Schwarzhäutiger, und kein Schwarzhäutiger ist besser als ein Rothäutiger. Es ist einzig und allein der im Herzen wohnende Grad des Glaubens und der Gottesfurcht, der die Menschen voneinander unterscheidet.

“ Unser geliebter Prophet (صلى الله عليه وسلم (reagierte daher auf das rassistische und überhebliche Verhalten mancher Menschen mit den Worten:

„Allah swt schaut nicht auf eure Körper oder euer Aussehen, sondern auf eure Herzen und Taten.“   Er ließ keinen Zweifel daran, dass es im Islam keinen Platz für Rassismus gibt. Und damit verteidigt der Prophet (s) die Menschenwürde, die Allah allen Menschen zugedacht und die Er in Seinem edlen Buch fest verankert hat. Denn es heißt in Sure Al-Isra, Vers 70 sinngemäß:

„Und wahrlich, Wir haben die Kinder Adams mit Würde ausgestattet [geehrt] und sie über Land und Meer getragen und sie mit guten Dingen versorgt und sie ausgezeichnet - eine Auszeichnung vor jenen vielen, die Wir erschaffen haben.“      Diese besondere Auszeichnung, dass Allah der Erhabene uns vor allen anderen Geschöpfen geehrt hat, finden wir in Sure Al-Hijr, Vers 28. Dort sagt Allah der Erhabene sinngemäß zu den Engeln:
                 
„Wenn Ich ihn nun vollkommen geformt und ihm Meinen Geist eingehaucht habe, dann werft euch vor ihm nieder.

Dabei spielt es keine Rolle welche Religion wir haben, oder ob wir überhaupt eine Religion haben. Allah hat allen Menschen Würde verliehen und ihnen innerhalb Seiner Schöpfung eine besondere Ehre zukommen lassen, wie uns eine Überlieferung von unserem Propheten (s) anschaulich zeigt:

«Als einmal ein Trauerzug an dem Gesandten Allahs vorbeikam, erhob er sich aus Respekt. Und als zu ihm gesagt wurde, dass dies das Begräbnis eines Juden sei, erwiderte er: «War er denn etwa kein Mensch?»

Wenn der Prophet (s) schon aus Respekt vor der Würde eines toten Menschen aufstand, sind wir dann nicht erst recht verpflichtet, die Würde der lebenden Menschen zu schätzen und zu bewahren? Allah der Allweise fordert nicht nur von uns, unseren Mitmenschen Respekt und Toleranz entgegenzubringen, Er möchte darüber hinaus, dass wir die Vielfalt zu schätzen wissen, in der Er uns erschaffen hat. Wir sollen begreifen, dass unsere Andersartigkeit ein Zeichen von Ihm ist, über das wir nachdenken sollen und dass wir, gerade weil wir so verschieden sind, viel voneinander lernen können. Dazu heißt es im edlen Koran, in Sure Ar-Ruum, Vers 22 sinngemäß:

„Und unter Seinen Zeichen sind die Schöpfung der Himmel und der Erde und die Verschiedenheit eurer Sprachen und Farben. Hierin sind wahrlich Zeichen für die Wissenden.“ Und besonders wird es in dem bereits vorgetragenen Vers aus Sure Al-Hujuraat deutlich:

„O ihr Menschen, Wir haben euch ja von einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen, und Wir haben euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt. Gewiß, der Geehrteste von euch bei Allah ist der Gottesfürchtigste von euch. Gewiß, Allah ist Allwissend und Allkundig.“

Unterschiede und Vielfalt sollten unser Interesse wecken und den Wunsch, andere Menschen und ihre Kulturen besser kennen zu lernen. Umgekehrt sollten Unterschiede und Vielfalt keine Angst bei uns hervorrufen und auch nicht den Wunsch nach Abgrenzung und Selbstschutz. Doch genau das ist bei vielen Menschen der Fall. Unser Prophet (صلى الله عليه وسلم (hat uns daher vor Hochmut und Rassismus gewarnt und genauso hat er auch seine eigene Familie davor gewarnt. Seine Tochter Fatima und viele andere Verwandte des Propheten (صلى الله عليه وسلم (wurden eindringlich von ihm gebeten, die guten Taten nicht zu vernachlässigen und nicht zu denken, dass sie von Allah nur wegen ihrer Verwandtschaft zu ihm bevorzugt werden würden. Am Jüngsten Tag wird uns unsere Herkunft, unsere Hautfarbe und unsere Sprache nichts nützen. An diesem Tag zählt nur, was wir an Taten vorausgeschickt haben – was für Menschen wir in dieser Welt waren.

Der Islam geht gegen Rassismus nicht nur theoretisch, sondern auch ganz praktisch vor. Durch vorgeschriebene rituelle Handlungen wie Gebet oder Pilgerfahrt erfahren wir Muslime in unserem Leben auf sehr anschauliche Weise, dass es im Islam keinen Platz für Rassismus und Diskriminierung gibt. Wenn wir in Gemeinschaft beten, dann beten alle Muslime unabhängig von Hautfarbe oder sozialer Stellung dicht an dicht in einer Reihe nebeneinander. Alle stehen in diesem Moment gleichwertig vor ihrem Schöpfer und werfen sich gemeinsam vor dem Herrn der Welten nieder und preisen Ihn. Und noch deutlicher wird es bei der Pilgerfahrt nach Mekka. Millionen Pilger wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, kommen aus allen Kontinenten an diesem Ort zusammen, um gemeinsam Allah, den einzigen Gott zu verehren. Die einheitlich in weiß ohne jegliche Ausschmückung gekleideten Pilger senden ein klares Zeichen der Gleichheit und Gleichwertigkeit aus. Ob Mann oder Frau, schwarz oder weiß, reich oder arm, Staatsmann oder einfacher Bürger, sie alle vollziehen nebeneinander dieselben Pilgerrituale.
       
Es fällt nicht schwer zu glauben, wie überwältigend der Anblick für den schwarzen aus den USA stammenden Bürgerrechtler Malcolm X gewesen sein muss, als er das erste Mal in seinem Leben nach Mekka kam. Tief beeindruckt schreibt er später in seiner Autobiographie:

„…Es waren zehntausende Pilger aus aller Welt dort. Sie hatten die unterschiedlichsten Farben, die man sich nur vorstellen kann. Von blauäugigen blondhaarigen Menschen bis hin zu tiefschwarzen Menschen aus Afrika waren alle vertreten. Und doch haben wir alle die gleichen Pilgerrituale vollzogen. Es herrschte eine Atmosphäre der Einheit und Brüderlichkeit zwischen Weißen und Nicht-Weißen, von der ich nach meinen schlechten Erfahrungen in Amerika nicht mehr zu träumen gewagt hätte.“

Liebe Geschwister, diese wertvolle Erfahrung zeigt uns, dass man selbst Hass, der über viele Jahre gewachsen ist, überwinden kann. Und nur wer sich weigert, das Fremde zu erforschen und über den   eigenen Tellerrand zu spähen, bleibt in seinem Hass und seinen Vorurteilen gefangen. Oder wie Nelson Mandela einst sagte:

„Niemand wird geboren, um einen anderen Menschen zu hassen. Menschen müssen zu hassen lernen und wenn sie zu hassen lernen können, dann kann ihnen auch gelehrt werden zu lieben, denn Liebe empfindet das menschliche Herz viel natürlicher als ihr Gegenteil.“

Rassismus ist also kein Schicksal, mit dem wir uns abfinden müssen. Es ist ein Phänomen in Zeiten der Unsicherheit und Orientierungslosigkeit. Es ist ein Zeichen dafür, dass viele Menschen in unserer Gesellschaft verunsichert sind und sich durch die Ausgrenzung anderer Menschen mehr Sicherheit und eine stärkere Identität versprechen.

Wir fordern daher alle Muslime auf, sich tatkräftig an den Aktivitäten gegen Hass und Rassismus zu beteiligen und sich für gesellschaftlichen Frieden und respektvollen Umgang miteinander einzusetzen. Die internationalen Wochen gegen Rassismus sind eine willkommene Gelegenheit, uns ganz im Sinne des Islams, für die Unantastbarkeit der menschlichen Würde stark zu machen.

Auch in diesem Jahr plant und koordiniert die Stiftung gegen Rassismus eine Vielzahl von Aktivitäten, denen man sich anschließen kann. Wir bitten alle Geschwister, sich geeigneten Aktionen anzuschließen.

O Allah, Du bist der Allmächtige, der Allbarmherzige, bitte segne unser Land und seine Menschen und bitte schenke uns Kraft, uns für das Gute einzusetzen und die Schwachen in unserer Gesellschaft nicht zu vergessen und uns für das Recht einzusetzen und den Ungerechten Einhalt zu gebieten.

O Allah, bitte schütze unsere Gesellschaft vor Hass und Rassismus und bitte schenke unserer Gesellschaft Sicherheit, Frieden und Wohlstand.

O Allah, bitte segne alle Veranstalter und Helfer, die sich gegen Rassismus in der Gesellschaft starkmachen.

O Allah, bitte gib uns Gutes im Diesseits und im Jenseits und bitte lass uns zu den Menschen gehören, die gut zu ihren Mitmenschen sind und mit denen Du zufrieden bist. O Allah, bitte schenke unserem Propheten Muhammad (صلى الله عليه وسلم (Segen und Frieden. Du bist der Herr der Welten – nur Dich alleine lobpreisen wir.



Ähnliche Artikel

» #MeineStimmezählt Endspurt Bundestagswahl 2021 – ZMD-Kampagne ruft die Muslime zur Superwahl 2021 auf
» Erschreckender Anstieg: Fremdenfeindliche -und islamfeindliche Straftaten haben um 23 Prozent zugenommen
» Extremisten auf beiden Seiten instrumentalisieren Hassbotschaft gegen Islam
» Aktionswoche gegen Muslimfeindlichkeit und Rassismus
» Muslimische und christliche "Journalisten gegen Hass"

Wollen Sie einen
Kommentar oder Artikel dazu schreiben?
Unterstützen
Sie islam.de
Diesen Artikel bookmarken:

Twitter Facebook MySpace deli.cio.us Digg Folkd Google Bookmarks
Linkarena Mister Wong Newsvine reddit StumbleUpon Windows Live Yahoo! Bookmarks Yigg
Diesen Artikel weiterempfehlen:

Anzeige

Hintergrund/Debatte

Extreme bis extremistische Einstellungen in Deutschland auf dem Vormarsch mit Spiegelung in der Politik und Medien
...mehr

Langes KNA-Interview: Der neue Vorsitzende des Zentralrats der Muslime über sein Amt
...mehr

Bochum ehrt Ahmed Aweimer zum 70. Geburtstag
...mehr

Aiman Mazyek kommentiert das Verbot der Imam Ali Moschee: "Blaue Moschee - Islamisches Zentrum in Hamburg
...mehr

Medienanalyse: Rassismus in Medien, Recht und Beratung
...mehr

Alle Debattenbeiträge...

Die Pilgerfahrt

Die Pilgerfahrt (Hadj) -  exklusive Zusammenstellung Dr. Nadeem Elyas

88 Seiten mit Bildern, Hadithen, Quran Zitaten und Erläuterungen

Termine

Islamische Feiertage
Islamische Feiertage 2019 - 2027

Tv-Tipps
aktuelle Tipps zum TV-Programm

Gebetszeiten
Die Gebetszeiten zu Ihrer Stadt im Jahresplan

Der Koran – 1400 Jahre, aktuell und mitten im Leben

Marwa El-Sherbini: 1977 bis 2009