Zentralrat der Juden: «Die AfD bereitet uns wirklich Sorgen»
Viele Antisemiten in den Reihen der AfD - Hetze gegen Muslime und Juden im Wahlprogramm
Bonn (KNA) Der Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, hat nachdrücklich vor der Alternative für Deutschland (AfD) gewarnt. Es habe schon immer Gruppierungen wie etwa die Republikaner, die DVU oder «Pro NRW» gegeben - «aber zum ersten Mal haben wir mit der AfD eine Partei, die uns wirklich Sorgen bereitet», sagte Lehrer am Dienstagabend in Bonn. Anders als bei diesen Parteien kämen die Wähler der AfD nicht von den Rändern, sondern aus der Mitte der Gesellschaft. «Der berühmte Satz 'Der Antisemitismus ist wieder in der Mitte der Gesellschaft angekommen', ist in unseren Augen wahr», sagte Lehrer vor Oberstufenschülern des Bonner Beethoven-Gymnasiums.
Die AfD habe «so viele Antisemiten» in ihren Reihen, so der Vizepräsident. Diese trauten sich inzwischen wieder, ihre Meinung klar zu äußern. Anders als vor etwa fünf Jahren kämen antisemitische Briefe heute nicht mehr anonym, sondern mit der richtigen Adresse. «Das hat sich verändert, und die AfD schwimmt oben drauf», sagte Lehrer, dessen Eltern Überlebende des Holocaust waren. Es sei unzweifelhaft, dass man die von der Partei teils benannten Probleme ernst nehmen müsse, «weil es die Sorgen der Leute sind», unterstrich Lehrer. Doch vertrete die jüdische Gemeinschaft etwa beim Thema Flüchtlinge einen völlig anderen Standpunkt. «Wir wissen ganz genau, wie es den Juden zwischen 1933 und 1945 gegangen ist, als sie an den Nachbargrenzen Deutschlands abgewiesen wurden und dann im KZ oder im Ofen gelandet sind.»
Deswegen dürften die Grenzen nicht geschlossen werden, auch wenn Deutschland nicht unendlich viele Flüchtlinge aufnehmen könne. Weiter verwies Lehrer auf einen Programmentwurf der AfD, in dem ein Beschneidungsverbot und ein Schächtverbot gefordert worden seien. Das habe sich angeblich nur auf Muslime bezogen. Doch könne das «in fünf Minuten» umgeschwenkt werden, «weg von den Muslimen hin zu den Juden».
Angesichts all dieser Aspekte warne er «ganz eindringlich» vor der Partei. Lehrer rief die Jugendlichen dazu auf, Parteiprogramme zu studieren und sich mit der Geschichte zu befassen. «Eins sollten wir von 1933 gelernt haben: Da hieß es oft zur Begründung: Wir haben's nicht gewusst, nicht geahnt, was Hitler vorhatte», sagte Lehrer, der auch Vorstandsmitglied der Synagogengemeinde Köln ist. «Aber wenn man das Parteiprogramm gelesen hätte - da stand es drin!» Als Deutsche hätten die Jugendlichen eine Verantwortung, sich mit ihrer Geschichte zu beschäftigen, «damit sich sowas nicht noch einmal wiederholt», sagte Lehrer. «Aber Ihr tragt keine Schuld. Daran gibt es nichts zu deuteln. Punkt.»
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