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Montag, 19.10.2015 | Drucken |
Kritik am neuen Asylrecht
Positiv: Der Bundestag will per Gesetz das Asylverfahren beschleunigen – Stimmen aus der Gesellschaft, darunter auch der ZMD, sehen hingegen andere Vorhaben kritisch
Bundestag und Bundesrat haben das neue „Asylbeschleunigungsgesetz“ verabschiedet. In diesem Kontext werden auch einige bestehende Gesetze verändert. Die Idee hinter dem neuen Gesetz klingt zunächst gut, so sollen die Asylverfahren schneller und effektiver durchgeführt werden. Verschiedene Organisationen der Zivilgesellschaft, darunter z.B. die Kirchen, Amnesty International oder die Arbeiterwohlfahrt (AWO), zweifeln jedoch daran, dass dem auch wirklich so ist; die Kritik geht bis zum Vorwurf der Verfassungswidrigkeit.
Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) betont, dass die Gesetzesänderungen noch einige Lücken aufweisen, das es den Schutzsuchenden nicht in jeder Lage verbessert. Zudem wird die die äußerst umstrittene Kategorisierung zwischen den „normalen“ Flüchtlingen und den „Wirtschaftsflüchtlingen weiter zementiert. Zunächst wird der Aufenthalt in den Auffangzentren von bisher drei auf sechs Monate verlängert – damit geht dann auch ein Arbeitsverbot für diese Zeit einher. Dabei ist es äußerst problematisch, den Asylsuchenden den Zugang zum Arbeitsmarkt zu verwehren. Umso schneller die Flüchtlinge finanziell auf eigenen Beinen stehen, desto eher können sie in die Gesellschaft integriert und die Sozialausgaben verringert werden. Das Gesetz sehe aber – laut seinen Kritikern – vor, dass die „Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender“ (BÜMA) eine juristische Grundlage erhalte. So könnten die Flüchtlinge monatelang in eine Warteschleife geschoben werden, ohne dass sie überhaupt einen Asylantrag stellen könnten.
Auch die beiden Kirchen in Deutschland kritisieren, dass nun auch Kosovo, Albanien und Montenegro als sichere Herkunftsländer eingestuft werden; damit würde das individuelle Grundrecht auf Asyl eingeschränkt werden. Die allgemeine Befürchtung hinter der Kritik ist wohl, dass die Flüchtlinge nicht menschenwürdig behandelt werden könnten. Darunter fällt vor allem eine neue Änderung des Gesetzes: Flüchtlinge in den Auffangzentren sollen – soweit wie möglich – nur Sachleistungen erhalten. Hinzu kommt, dass die Asylsuchenden, die als „vollziehbar ausreisepflichtig“ (also abzuschieben) eingestuft werden, nur noch eine Sicherung ihres Existenzminimums erfahren sollen. Dieser Vorschlag ist nach vielen Gegenstimmen problematisch, da er dem Grundgesetz widerspreche. So verweisen sie auf einer Urteil des Bundesverfassungsgericht: „Auch eine kurze Aufenthaltsdauer oder Aufenthaltsperspektive in Deutschland rechtfertigt es im Übrigen nicht, den Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums auf die Sicherung der physischen Existenz zu beschränken“ (Bundesverfassungsgericht 2012).
Ebenfalls ändern soll sich die Situation in den Erstaufnahmezentren. Flüchtlinge mit medizinischen Kenntnissen, die jedoch noch keine Zulassung in Deutschland haben, sollen unter der Aufsicht zugelassener Ärzte tätig werden. Der Gedanke hinter dieser Änderung ist verständlich, immerhin könnte so der mangelhaften Versorgung in einigen Einrichtungen entgegengewirkt werden. Kritiker fragen allerdings, ob das Konzept wirklich ausgereift ist – schließlich ginge ein Arzt ein enormes rechtliches (und vielleicht auch moralisches) Risiko damit ein.
Das neue Asylgesetz scheint noch offene Fragen zu beherbergen. Es muss geklärt werden, ob er wirklich zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen in Deutschland beiträgt – oder, wie von vielen Stellen befürchtet, die Lage nicht noch verschlimmert.
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