Newsinternational Dienstag, 05.06.2012 |  Drucken

Bundesrepublik geht davon aus, dass Israel auf den U-Booten Nuklearwaffen stationiert

Verteidigungsminister Ehud Barak: "Die Deutschen können stolz darauf sein, die Existenz des Staates Israel für viele Jahre gesichert zu haben"


Das Thema ist heikel. Gerade erst hat Westerwelle nach dem Staatsbesuch von Bundespräsident Joachim Gauck bekräftigt, dass die Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson sei. Eine Aussage, die einst Merkel prägte - und die Gauck bei seinem Besuch so nicht benutzte. "Bestimmend" für die deutsche Politik seien die Sicherheit und das Existenzrecht Israels, meinte das Staatsoberhaupt. "Die Deutschen können stolz darauf sein, die Existenz des Staates Israel für viele Jahre gesichert zu haben", sagte kürzlich der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak dem SPIEGEL

Wenn es um Waffenlieferungen an Israel geht, reagiert die deutsche Politik seit Jahrzehnten äußerst zurückhaltend. Eigentlich unterliegen Exporte in Krisenregionen besonderen Restriktionen - das gilt aber nicht für Israel. Deutschland, von dem der Massenmord an sechs Millionen deutschen und europäischen Juden im Zweiten Weltkrieg ausging, hat seit Ende der fünfziger Jahre, mehr oder weniger diskret, Waffenlieferungen an den jüdischen Staat geleistet. Begonnen wurde damit 1957 unter Kanzler Konrad Adenauer (CDU). Seitdem trägt die Bundesrepublik indirekt zur Sicherheit des jüdischen Staates bei, der sich seit seiner Gründung 1948 mehrere Kriege mit seinen arabischen Nachbarn geliefert hat.

Bislang zieht sich die Bundesregierung darauf zurück, dass sie nichts von einer atomaren Bewaffnung wisse. Doch einstige Beamte aus dem Verteidigungsministerium wie der ehemalige Staatssekretär Lothar Rühl oder der Ex-Chef des Planungsstabs, Hans Rühle, haben gegenüber dem SPIEGEL erklärt, sie seien schon immer davon ausgegangen, dass Israel auf den U-Booten Nuklearwaffen stationieren werde. Rühl hat darüber auch mit Militärs in Tel Aviv gesprochen. Israel äußert sich offiziell nicht. Aus Akten des Auswärtigen Amts geht aber hervor, dass die Bundesregierung seit 1961 über das Nuklearwaffenprogramm informiert ist. Nachweislich sprach zuletzt 1977 der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt mit dem damaligen israelischen Außenminister Mosche Dajan über das Thema.

Merkels Verhältnis zur israelischen Mitte-rechts-Regierung gilt als schwierig. Im vergangenen Jahr hatte die Kanzlerin Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in einem Telefonat wegen des Siedlungsbaus in Ostjerusalem kritisiert, anschließend war von einer Vertrauenskrise die Rede. SPD-Außenpolitiker Mützenich sieht die U-Boot-Geschäfte als ein Beispiel dafür, wie Druck auf anderen Feldern aufgebaut werden könnte. "Die Bundeskanzlerin hat es bisher leider versäumt, die israelische Regierung zu einer Verhaltensänderung mit Hilfe einer konditionierten Zusammenarbeit zu bewegen", so der Sozialdemokrat. Das betreffe den Siedlungsausbau, die Zusammenarbeit mit der palästinensischen Regierung und die Bewegungsfreiheit der palästinensischen Bevölkerung in den besetzten Gebieten und im Gaza-Streifen.

SPD: "Die Bundeskanzlerin hat es bisher leider versäumt, die israelische Regierung zu einer Verhaltensänderung mit Hilfe einer konditionierten Zusammenarbeit zu bewegen"

Scharfe Kritik der Opposition

In der SPD wird nun Kritik an Merkels Politik laut: Sozialdemokraten wollen wissen, was mit den in Deutschland gebauten U-Booten geschieht. SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich sagte SPIEGEL ONLINE: "Bisher wurden die Lieferungen unter anderem damit gerechtfertigt, dass die U-Boote konventionelle Abschreckungssysteme sind." Daher müsse die Bundesregierung jetzt endlich darüber Auskunft geben, ob die Informationen zutreffen, wonach die von Deutschland gelieferten U-Boote auch mit Trägersystemen ausgerüstet werden können, die atomare Sprengköpfe tragen.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf der Bundesregierung vor, dass sie bei den U-Boot-Lieferungen die eigenen Bedingungen "nicht ernst nimmt". So habe sie die Lieferung des letzten von insgesamt drei U-Booten der "Dolphin"-Klasse davon abhängig gemacht, "dass die israelische Siedlungspolitik geändert, der Bau eines Klärwerks in Gaza ermöglicht und die Rückzahlung palästinensischen Geldes an die Palästinenser-Behörde endlich vollzogen wird", sagte er der "Welt". Israel habe jedoch nur die dritte Bedingung erfüllt.Quelle: Spiegel.de)



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