Massentötungen und Massaker im neuen Staat Südsudan
„Christliche Terrorgruppe Lord's Resistance Army" wütet dort seit einem Vierteljahrhundert
Bei den gewaltvollen Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Volksgruppen sind im Südsudan in der letzten Woche mehr als 3000 Menschen getötet worden. Das teilten örtliche Behörden mit. Unter den Todesopfern seien fast 2200 Frauen und Kinder sowie mehr als 950 Männer, sagte der Verwaltungschef der Region Pibor, Joshua Konyi, am Freitag. Die Vereinten Nationen sprachen zudem von rund 50.000 hilfsbedürftigen Menschen.
»Es gab Massentötungen, ein Massaker», sagte Konyi der Nachrichtenagentur AFP. Unabhängige Angaben zu den Opferzahlen waren zunächst nicht bekannt geworden. Die UNO hatte in der vergangenen Woche lediglich von hunderten Toten gesprochen.
Bei Kämpfen zwischen den verfeindeten Stämmen im betroffenen Bundesstaat Jonglei waren im vergangenen Jahr nach UN-Angaben mehr als 1100 Menschen getötet worden. Jonglei hat etwa die Größe Österreichs und der Schweiz und ist kaum erschlossen. Infolge des Bürgerkriegs gibt es dort jedoch große Waffenbestände. Der Raub von Vieh ist häufig Anlass für blutige Rachefeldzüge.
Kony (siehe Bild oben rechts), der sich selbst als „Sprecher Gottes“ bezeichnet, und vier andere LRA-Anführer werden seit 2005 vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht
Terrorgruppe massakriert im Namen des Christentums seit einem Vierteljahrhundert im heutigen Südsudan
Indes terrorisiert seit einem Vierteljahrhundert die christliche Armee Gottes, die LRA (Lord's Resistance Army) den Norden Ugandas, den heutigen Staat Südsudan und den Nordosten der Demokratischen Republik Kongo. Mehr als zwei Millionen Menschen in Ost- und Zentralafrika flüchteten seit Mitte der 80er Jahre vor den Schlächtern der LRA, die Tausende Menschen ermordet, vergewaltigt, verstümmelt oder entführt.
Die LRA kämpft seit 1987 für einen sogenannten christlichen Gottesstaat. Besonders berüchtigt ist die Gruppe für die Zwangsrekrutierung von Kindern. Tausende männliche Kindersoldaten werden gezwungen, für die bizarre christliche, mit afrikanischem Mystizismus verbrämte Ideologie Konys zu kämpfen. Mädchen erwartet ein ebenso grausames Schicksal. Sie werden als Sexsklavinnen für die Rebellen missbraucht.
Kony, der sich selbst als „Sprecher Gottes“ bezeichnet, und vier andere LRA-Anführer werden seit 2005 vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht. Die USA hat die LRA zu einer Terrorgruppe erklärt, und im Oktober entsandte Präsident Barack Obama 100 Militärberater nach Uganda.
Früher sollte der Sudan an allem Schuld sein
Vor der Teilung des Landes (Südsudan wurde erst im letzten Jahr als neuer Staats ausgerufen) wurden gleichsam diese Ereignisse der Zentralregierung in Khartoum in die Schuhe geschoben und dann mit den landläufig bekannten Islam-Etikettierungen verwoben.
Der Schuldige lag auf dem Präsentierteller, dessen großer Tellerschatten die wahren Absichten abzudecken schienen: nämlich an die reichhaltigen Bodenschätze im Südsudan heranzukommen. Heute kämpfen darum vom Ausland finanzierte Rebellen, selbsternannte christliche Terrorgruppen aus Uganda und Kongo und die neue Regierung Südsudans.
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