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Donnerstag, 25.08.2011 | Drucken |
Aus der Finsternis in das Licht: Die Kadr-Nacht
(Quelle: aus der Website der IGMG - www.igmg.de)
„Wir haben ihn wahrlich in der Nacht des Schicksals herabgesandt. Und was lässt dich wissen, was die Nacht des Schicksals ist? Die Nacht des Schicksals ist besser als tausend Monate. In ihr kommen die Engel und der Geist mit ihres Herrn Erlaubnis herab, mit jeglichem Auftrag. Frieden ist sie bis zum Anbruch der Morgenröte.“ (Sure Kadr, [97:1-5])
Die Kadr-Nacht (Nacht des Schicksals) ist keine Nacht wie jede andere. Mit der Kadr-Nacht beginnt eine Zeit des Segens und der Erleuchtung. Was diese Nacht derart bedeutsam macht, ist, dass in ihr die Herabsendung (Wahy) des Korans begann.
Der Koran wurde als Rechtleitung (Hidâya), als Führer aus der Dunkelheit ins Licht herabgesandt. Deshalb bezeichnet sich der Koran selbst auch als „Nûr“ (Licht). Entsprechende der Einzigartigkeit der Kadr-Nacht sind die in dieser Nacht verrichteten Gottesdienste (Pl. Ibâdât) tausendmal wertvoller als in allen anderen Nächten.
Ihre Bedeutung erhält die Kadr-Nacht also vom Koran. Unser Schöpfer hat der Kadr-Nacht, nur um die herausragende Stellung dieser Nacht und somit auch des Korans zu verdeutlichen, eine eigene Sure gewidmet. Dort heißt es: „Wir haben ihn wahrlich in der Nacht des Schicksals herabgesandt. Und was lässt dich wissen, was die Nacht des Schicksals ist? Die Nacht des Schicksals ist besser als tausend Monate. In ihr kommen die Engel und der Geist mit ihres Herrn Erlaubnis herab, mit jeglichem Auftrag. Frieden ist sie bis zum Anbruch der Morgenröte.“ (Sure Kadr, [97:1-5])
In dieser Sure wird die Bedeutung der Kadr-Nacht vollends wiedergegeben. Wir erfahren in der Sure Kadr, dass die Herabsendung des Korans in dieser Nacht begann, sie tausendmal wertvoller ist als jede andere Nacht, dass in ihr angefangen von Dschibrîl (as) die Engel auf die Erde hinabsteigen und sie bis in den Morgen voller Segen (Baraka) ist.
Es gibt verschiedene Überlieferungen über die genaue Datierung dieser Nacht, so dass man nicht ganz sicher sein kann, welche Nacht des Ramadans die Kadr-Nacht ist. Wie ist es dann möglich, dass man weiß, in welcher Nacht die Gottesdienste um ein Tausendfaches höher belohnt werden als sonst?
Wir wissen, dass die Kadr-Nacht innerhalb des Monats Ramadans ist. Denn aus dem Koran erfahren wir, dass das Buch in einer gesegneten Nacht herabgesandt wurde1 und dass dieses Buch der Koran ist, dessen erste Verse im Ramadan dem Gesandten Allahs herabgesendet wurden.2 Zudem wird überliefert, dass der Prophet Muhammad (saw) gesagt hat: „Sucht die Kadr-Nacht in den letzten zehn geraden Nächten des Ramadans.“3 Der Gesandte Allahs legt den Muslimen nahe, die Kadr-Nacht nicht ungenutzt zu lassen. Er sagt aber nicht, um welche Nacht es sich genau handelt. Vielmehr möchte er, dass jede Nacht als Kadr-Nacht angesehen und entsprechend verbracht wird. In diesem Sinne sollten die Gläubigen (Pl. Mu‘minûn) die letzten zehn Nächte des Ramadans verbringen – in der Hoffnung, auf die Kadr-Nacht zu stoßen. Abdullâh bin Masûd (ra) sagt diesbezüglich:„Wer das ganze Jahr über seine Gottesdienste verrichtet, wird auf jeden Fall auf die Kadr-Nacht stoßen.“4
Was die Gottesdienste in der Kadr-Nacht angeht, sagte der Gesandte Allahs:„Wer die Kadr-Nacht mit Glauben (Îmân) und Aufrichtigkeit (Ichlâs) verbringt, dessen vergangene Sünden werden vergeben.“5
Wer also das Glück hat, die Kadr-Nacht zu erleben, sollte sie nicht ungenutzt lassen, sondern mit Gottesdiensten verbringen. Jedoch gibt es keinen besonderen Gottesdienst in dieser Nacht. Deshalb ist es zum Beispiel möglich, Gebete zu verrichten, aus dem Koran zu lesen, Allahs zu gedenken, auf das bisherige Leben zurückzuschauen und seine über etwaige Verfehlungen nachzudenken oder Bittgebete zu sprechen. Wer versäumte Gebete hat, sollte diese nachholen. Der Gelehrte Sufyân as-Sawrî sagte: „Bittgebete zu sprechen und um Vergebung zu bitten, ist in der Kadr-Nacht besser als Gebete zu verrichten. Noch besser ist es, erst aus dem Koran zu lesen und dann Bittgebete zu sprechen.“6 Aischa (ra) fragte einmal den Gesandten Gottes: „Wie soll ich in der Kadr-Nacht beten?“ Dieser antwortete:„Bete: Allâhumma innaka afuwwun, karîmun tuhibbul afwa fa’fu annî: O Allah! Du bist der Verzeihende, der Großzügige. Du magst es zu vergeben, vergib auch mir.“7
In der Kadr-Nacht gibt es einen Moment, in dem alle Gottesdienste und Bittgebete erhört und angenommen werden. Um diesen Moment zu erleben sollte nach Möglichkeit die gesamte Nacht mit Gottesdiensten verbracht werden. Wer das nicht vermag, sollte zumindest nach dem Tarâwih-Gebet eine Weile in der Moschee verbringen und beten. Wenn man bedenkt, dass in dieser Nacht die Engel auf die Erde hinabsteigen, ist es umso bedeutsamer, sich in Demut und Aufrichtigkeit an Allah zu wenden.
Da die Kadr-Nacht ihre Bedeutung vom Koran erhält, ist es selbstverständlich, den Koran zu lesen oder seiner Rezitation (Tilâwa) beizuwohnen. Denn der Koran beherbergt einen solchen Reichtum, dass man in ihm Dinge findet, die man mit dem reinen Verstand vielleicht in langen Jahren hätte nicht finden können. Die Kadr-Nacht angemessen zu verbringen bedeutet, sich der Bedeutung des Korans als Richtschnur für alle Bereiche des Lebens bewusst zu werden und sich ihm mit einem aufgefrischten Bewusstsein zuzuwenden. Wenn er nicht herabgesandt worden wäre, würde die Menschheit immer noch in Finsternis leben, so wie die Menschheit nicht ohne das Licht und die Wärme der Sonne leben könnte. Die Kadr-Nacht in würdiger Weise zu verbringen heißt, sich erneut dem Koran zu widmen, unser Bewusstsein zu erleuchten, also aus der Finsternis der Nacht ins Licht zu finden.
Im Gegensatz zu vergangenen Völkern hat die Gemeinschaft (Umma) Muhammads (saw), die Möglichkeit, die Belohnung für Tausend Jahre Gottesdienst in einer Nacht zu erhalten. Die Propheten vor Muhammad (saw) wurden jeweils zu einem bestimmten Volk gesandt. Der Koran aber richtet sich bis zum Ende der Welt an die gesamte Menschheit. Die Umma Muhammads (saw) ist der besonderen Belohnung würdig, da sie den Koran bis ans Ende der Tage trägt und dafür sorgt, dass er verstanden und gelebt wird.
Übersetzung: Ali Mete
1 Sure Duchan, [44:1-3]; Sure Bakara, [2:2]
2 Sure Bakara, [2:185]
3 Buchârî, Laylatul Kadr, 3; Muslim, Siyâm, 216
4 Muslim, Siyâm, 220
5 Muslim, Siyâm, 203
6 Tadschrid as-Sarîh, VI, 313
7 Tadschrid as-Sarîh, VI, 314
8 Tadschrid as-Sarîh, VI, 312
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