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Islam staatlich kontrollieren? – Neue Entwicklungen zu Imamausbildung und Religionsunterricht
Bülent Ucar: „Gefahr, dass der Staat zu sehr in den Bereich der Religion eingreift“ – Wollen staatliche Kultusbehörden demnächst die islamischen Religionsgemeinschaften ersetzen?
An der Universität Osnabrück soll das bundesweit erste islamisch-theologische Institut zur Ausbildung von Imamen entstehen. Das berichtet die «Neue Osnabrücker
Zeitung» (Freitagausgabe) unter Berufung auf eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe der niedersächsischen Landesregierung. Es wäre das erste islamisch-theologische Institut an einer deutschen Hochschule. Die mittelfristigen Planungen sieht dem Bericht zufolge den Aufbau eines Bachelorstudiengangs für Islamische Theologie vor, der frühestens 2012 beginnen soll. Anschließend könnte auch ein Masterstudiengang etabliert werden. Das neue Institut benötige vier bis fünf Lehrstühle und ermögliche damit eine Ausbildungskapazität von 50 bis 80 Studierenden pro Jahr.
Wer und wie später die Imame in die Moscheen eingesetzt werden, darüber schweigt sich der Plan aus. Fakt ist aber, dass immer mehr solcher Initiativen vom Staat, manchmal in Kooperation mit kirchlichen Einrichtungen in Deutschland, in wenigen Fällen auch mit lokalen Moscheen vor Ort initiiert werden.
Die islamischen Organsiationen hält man bisher mit folgenden vorgeschobenene Argumente auf Abstand: Erstens sie seien ja keine Relionsgemeinschaft, zweitens sie sprächen ja nur für eine Minderheit und drittens, die eine oder andere Organisation wird von Verfassungsschutz beobachtet.
Islamischer Religionsunterricht wird nicht ernsthaft vorangetrieben
Eine höchst bedenkliche Entwicklung, die von der Verfassung her so nicht vorgesehen ist. Dies meint jedenfalls auch der Islamwissenschaftler Bülent Ucar, der 2007 auch an der Universität Osnabrück islamische Religionspädagogik unterrichtet.
Er hat der deutschen Politik vor einiger Zeit vorgeworfen, die Einführung eines islamischen Religionsunterricht nicht ernsthaft voranzutreiben. Selbst in den Bundesländern mit dem größten Angebot an Islamunterricht - Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen - werde maximal drei Prozent der muslimischen Schüler ein solches Angebot gemacht.
In einem Interview auf der website der Deutschen Islamkonferenz sagte er dazu “ Obwohl die Muslime nun seit einem halben Jahrhundert in Deutschland präsent sind, gelten sie juristisch nicht als Religionsgemeinschaft und können aus diesem Grund auch kein "nihil obstat" sprechen. Daher tritt derzeit noch der Staat über die Kultusbehörden an diese Stelle. Das kann bedenkliche Folgen haben, wie das Beispiel Türkei zeigt: dort definiert, organisiert und kontrolliert der Staat die Religion. Ich sehe hierin eine Gefahr, da der Staat zu sehr in den Bereich der Religion eingreift.
Hessen will runden Tisch
In Hessen sucht die Kultusministerin Dorothea Henzler von der FDP gegenwärtig in ihrem Haus und unter den muslimischen Verbänden nach Unterstützung für die Einführung eines muslimischen Religionsunterrichts. Die der hessischen Regierung genehme muslimischen Verbände - siehe Streit um die Islamische Religionsgemeinschaft Hessen (IRH) – sollen in Kürze zu einem runden Tisch eingeladen werden.
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