Newsnational Montag, 10.11.2008 |  Drucken

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„Reichskristallnacht“ und die Lehren daraus für uns heute

NRW: KRM unterzeichnet mit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers „Erklärung gegen Antisemitismus und Rechtsradikalismus – Hier: Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrates der Juden, mit einem bemerkenswerten Artikel über Moschee- und Synagogenbau in Deutschland

Gestern jährten sich zum 70. Mal die schrecklichen Ereignisse, die für viele Juden den Tod bedeuteten. In dieser Novembernacht brannten Synagogen, jüdische Geschäfte wurden geplündert und zerstört. Dieser Auftakt deutscher Vernichtungspolitik an den deutschen Juden im Jahre 1938 wird auch Reichsprogromnacht oder „Reichskristallnacht“ genannt. Angesichts der Ereignisse nach der Verfolgung der Juden durch das Hitler-Regime muss die Erinnerung bleiben. Das Gedenken darf nie aufhören. Auch weil aufgrund der rassistischen Ausschreitungen in Deutschland und in ganz Europa und wo Menschen Völkermord erfuhren (z.B. in Bosnien)die mahnenden Worte in diesen Tagen nicht oft genug zu wiederholen sind.

Zurecht hat die Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern vor Gleichgültigkeit gegenüber Rassismus und Antisemitismus gewarnt. "Gleichgültigkeit ist der erste Schritt, unverzichtbare Werte aufs Spiel zu setzen", sagte Merkel auf der zentralen Gedenkveranstaltung in der Synagoge Rykestraße in Berlin. Deutschland brauche ein Klima, das Zivilcourage fördere, sagte die Kanzlerin weiter. Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus dürften in Europa "nie wieder einer Chance haben".

„Schwere sowie bleibende Bedeutung und Aktualität dieses Erbes“

Der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM) zusammen mit der Jüdischen Gemeinde, den Kirchen und den Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern haben gestern gemeinsam mit NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) und im Beisein zahlreicher Landesminister (u.a Innenminister Ingo Wolf (FDP) und Integrationsminister Armin Laschet(CDU)) ein wichtiges Dokument unterschrieben, was die Erinnerung an die Reichsprogromnacht und die daran anknüpfende Verpflichtung und Verantwortung für Gegenwart und Zukunft zum Ausdruck bringt. Die feierliche Unterzeichnung fand in der Staatskanzlei statt, wo auch die Vertreter aller muslimischen Verbände anwesend waren (Erol Pürlü als derzeitiger Sprecher des KRM, Aiman Mazyek für den ZMD, Frau Gülizar Keskin für den Islamrat, Hasan Karaca für die DITIB und Mehmet Yilmaz für den VIKZ).
In der „Erklärung gegen Antisemitismus und Rechtsradikalismus“ heißt es u.a.:
„Wir betrachten die Erinnerung an den Holocaust,
an seine Einzigartigkeit, an Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung, als uns alle verpflichtendes, bleibendes Erbe.(…)
In einem von Zuwanderung geprägten Deutschland, in einem zusammenwachsenden Europa und in einer sich globalisierenden Welt anerkennen wir die Schwere sowie die bleibende Bedeutung und Aktualität dieses Erbes und nehmen wir die daraus erwachsende Verantwortung an. (…)Die Würde des Menschen ist unantastbar. Die Anerkennung der unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen bildet die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt. Dafür stehen wir ein.“ (Vollständiger Text und Bilder siehe untere link)

Wie aktuell diese Worte sind, zeigt ein Beispiel aus Hamburg letzte Woche, wo Neonazis muslimische Grabsteine mit jüdischen Symbolen beschmiert haben. Der Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg (Schura) und die Jüdische Gemeinde in Hamburg (mit den beiden Vorsitzenden Mustafa Yoldas und Ruben Herzberg) verurteilten diese in seiner Art bislang einmalige Grabschändung in einer gemeinsamen Erklärung. Es sei offensichtlich, dass es sich hierbei um eine antisemitische, antiislamische und fremdenfeindlichen Tat zugleich handele. „Es sind jene, die die bereichernde Vielfalt von Menschen in diesem Lande und in der Welt nicht hinnehmen können und in ihrer geistigen Monokultur weiter verharren“.


„Im Neuen Möglichkeiten der Bereicherung erkennen“

Salamon Korn, der Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, schreibt in einem bemerkenswerten Aufsatz in der Frankfurter Allgemeine Zeitung vor einigen Tagen:
„Mit der Zerstörung von mehr als 1400 jüdischen Gotteshäusern während und nach der "Reichskristallnacht" 1938 - darunter auch der Semper Synagoge in Dresden - endete diese sich anbahnende Entwicklung abrupt“.

Unter "anbahnender Entwicklung" verstand der Professor für Architektur den zwischen 1900 und 1933 begonnenen Bau von Synagogen in Deutschland trotz vorausgegangener Kontroversen vor allem in Großstädten, der jäh durch die Reichsprogromnacht zerstört worden ist.

Aus aktuellem Anlass und weil sich Korn kenntnisreich und umfänglich des Themas Moscheebau in Deutschland angenommen hat, drucken wir heute den Inhalt des Aufsatzes in Gänze ab (die Agenturen haben den Text viel zu knapp, bisweilen verzerrt wieder gegeben). Über dieses Thema weist der Vizepräsident des Zentralrates der Juden zudem nach, „wie lange Orient und Islam - über Kunst und Architektur hinaus - bereits Teil der europäischen Geschichte und des abendländisch-kulturellen Erbes sind“.










Lesen Sie dazu auch:
Gemeinsamen Erklärung von: Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers, Dr. h.c. Harry Radzyner als Vertreter der Jüdischen Landesverbände, DGB-Chef Guntram Schneider, Arbeitgeber-Präsident Horst-Werner Maier-Hunke, Erol Pürlü für den Koordinationsrat der Muslime in Deutschland, Weihbischof Dr. Rainer Maria Woelki für die Katholische Kirche sowie Vize-Präses Petra Bosse-Huber für die Evangelischen Kirchen
Moschee- und Synagogenbau: Zu schwach, um Fremdes zu ertragen? „Im Neuen Möglichkeiten der Bereicherung erkennen“ Von Professor Dr. Salomon Korn

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