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Türkei vor dem Scheideweg - Terroranschlag in Istanbul und Verfassungsanschlag in Ankara
Wem nützt das Chaos? Errettung der Demokratie oder der Erhalt von Privilegien und Macht für eine militaristische Kaste?
Köln/islam.de - Vor einigen Tagen wurde Istanbul Ort eines perfiden Terroranschlags. 17 Menschen wurden getötet und mehr als 150 verletzt. Die Methode, in kurzen Abständen mehrere Bomben zu zünden, erinnert an Anschläge der kurdischen Terrororganisation PKK. Die der PKK nahestehende Nachrichtenagentur schreibt:„Dies ist ein dunkles Ereignis“, und weist alle Vorwürfe von sich.
Deutlich wurde die abscheuliche Tat von vielen Staatsoberhäuptern in der Welt verurteilt. Staatspräsident Abdullah Gül spricht von einem grausamen terroristischen Akt. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier verurteilte „diesen blinden Akt des Terrors aufs Schärfste“. Deutschland sei in dieser schwierigen Lage an der Seite der Türkei und seiner Menschen. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel war bislang keine Stellungnahme zu hören.
Wem nützt das angerichtete Chaos?
Wer hat ein Interesse, durch Parteiverbote oder durch Anschläge die Türkei in die Zeiten der Wirtschaftskrisen und des politischen Chaos zu versetzen? Nicht auszuschließen ist deshalb auch, dass der Terroranschlag auf das Konto einer ultranationalistischen Verschwörungsbewegung von Hardcore-Kemalisten namens "Ergenekon“ geht. Diese Bewegung will das alte türkische Militärapparatsystem mit allen Mitteln erhalten. Die Terrorgruppe ist bereits auch angeklagt, vor kurzem einen Anschlag auf den Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk geplant zu haben.
Verfassungsanschlag in Ankara: Errettung der Demokratie oder der Erhalt von Privilegien und Macht für eine militaristische Minderheit?
Eine von 47 Prozent der Bevölkerung gewählte Regierungspartei einfach zu verbieten oder deren staatliche Hilfe einzufrieren, bedeutet letztlich die abgegeben Stimmzettel zu verbrennen und damit bewusst den Kollaps des demokratischen System in Kauf zu nehmen.
Für den Istanbuler linken Schriftsteller Murat Belge steht seit geraumer Zeit fest: Für die alte kemalistische Elite ist die Demokratie und die EU die größte Bedrohung. „Der angebliche Kampf gegen Islamismus ist nur ein Deckmantel, unter dem die alte Elite gegen die Demokratie vorgeht“, sagte er in der SZ in einem bemerkenswerten Artikel von Kai Strittmatter. Es geht also um Macht –und Privilegienerhalt der Kemalisten.
„In diesem Land kann das Verfassungsgericht gegen die Verfassung verstoßen – und keiner kann dagegen etwas tun“, jammert der bekannteste Verfassungsrechtler der Türkei, Ergun Özbudun.
Ihn hat die AKP vor einiger Zeit beauftragt – obgleich kein Mitglied der AKP – eine neue Verfassung zu schreiben. Kurz nachdem der Entwurf der neuen türkischen Verfassung das Licht der Welt erblickt hat, war sie aus Sorge vor dem Aufbegehren der alten kemalistischen Kaste seitens der AKP wieder in die Versenke gebracht worden. Ein evtl. folgenschwerer und nicht mehr gut zu machender Fehler?!
Anm. der Redaktion: Der Artikel ist kurz vor der Bekanntgabe entstanden, wonach die AKP zwar nicht verboten, aber deren staatliche Zuwendungen gestrichen werden sollten. Er hat aus der Sicht der Redaktion an Aktualität nichts eingebüßt
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