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Sonntag, 30.04.2006 | Drucken |
Vertrauen entsteht am ehesten durch gemeinsame Zusammenarbeit: In Europa haben keine Fahnen gebrannt
Konferenz der GTZ in Frankfurt - Nachgang
Kann die Entwicklungszusammenarbeit (EZ) zur Deeskalation beitragen? So lautete der Titel einer Diskussion, zu der die GTZ Ende März nach Eschborn einlud.
Thomas Scheffler, Islamwissenschaftler am Carsten Niebuhr Institut in Kopenhagen, stellte die Ursachen gewaltsamer Demonstrationen im Karikaturenstreit in unmittelbaren Zusammenhang mit innenpolitischen Konflikten.
Dass die Proteste der Muslime in Europa jedoch überwiegend friedlich verliefen, betonte Aiman A. Mazyek, Generalsekretär des Zentralrates der Muslime in Deutschland. „In Europa haben keine dänischen Flaggen gebrannt, weil die Muslime dies nicht wollten.“ Im Hinblick auf gewaltsame Proteste sprach er von einer „unheiligen Allianz der Hardliner“.
"Zweifellos sind die Karikaturen über den Propheten verabscheuungswürdig und Muslime haben das Recht, ihren Unmut über die Veröffentlichung in zahlreichen europäischen Zeitungen und Magazinen zivilisiert zu äußern." Aber angesichts der Tatsache, dass der Prophet zu seinen Lebzeiten größere Schmähungen mit einer beispielhaften Geduld und Gelassenheit erduldet hat, sind die gewaltsamen Ausschreitungen in einigen islamischen Ländern unentschuldbar. Es gebe angesichts von Krieg, Besatzung, despotischer Regimes, ungerechter Verteilung von Ressourcen oder eines als Globalisierung getarnten „Manchester“ Kapitalismus genügend „gewichtige“ Gründe, wütend zu werden und dieser Wut, natürlich ohne Gewaltausbrüche, Ausdruck zu verleihen.
Isabel Mattes-Kücükali, GTZ-Regionalleiterin Mittelmeer und Mittlerer Osten, nannte konkrete Themen, die eine konstruktive Zusammenarbeit auch mit muslimischen Partnern ermöglichen: Wirtschaftsentwicklung, gute Regierungsführung, Wasser und Bildung. Dabei kann die GTZ teilweise auf mehr als 30-jährige Erfahrungen bauen. „Das auf dieser Grundlage geschaffene Vertrauen ist für die EZ ein unverzichtbarer Baustein“, sagte Mattes-Kücükali. „Wir orientieren uns dabei an den nationalen Entwicklungsstrategien der einzelnen Länder“. Sie verwies darauf, dass mit dem Arab Human Development Report die Reformkräfte der arabischen Welt der EZ eine „Steilvorlage“ geliefert hätten, in welchen Bereichen ein Engagement gewünscht und sinnvoll sei.
Vertrauen entsteht am ehesten durch gemeinsame Zusammenarbeit. Das war auch Tenor einer Gesprächsrunde mit Parlamentariern, Vertretern verschiedener Bundesressorts und von politischen Stiftungen in Berlin. GTZ-Büroleiter aus Pakistan, Afghanistan, Ägypten, Jemen, den Palästinensischen Gebieten und Jordanien schilderten, wie sie den Karikaturenstreit vor Ort erlebten.
Nicht zuletzt müsse hierzu der immer wieder auftretende Vorwurf einer westlichen Doppelmoral ernst genommen werden: „Wenn Werte wie Transparenz und Gute Regierungsführung im Westen nicht den gleichen Stellenwert genießen, wie wir es bei unseren Partnern einfordern, dann verspielen wir unsere Glaubwürdigkeit,“ gab Helmut Großkreutz, GTZ-Büroleiter Jemen, zu bedenken.
Zahlreiche Teilnehmer hoben hervor, wie wichtig es sei, dass Deutschland mit eigenen Experten in den Ländern vor Ort vertreten sei - ein handfester Vorteil der bilateralen Zusammenarbeit. (Text GTZ/islam.de)
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