Newsnational Freitag, 23.01.2004 |  Drucken

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Bundespräsident Rau : "Kopftuchverbot erster Schritt in einen laizistischen Staat" - Vollständige Rede

Religionsfreiheit gilt auch für die Muslime - Am Wochenende wieder Demonstrationen angekündigt

Bundespräsident Johannes Rau hat das von einigen Bundesländern angestrebte Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen kritisiert und zu Toleranz im Umgang mit anderen Religionen aufgerufen. Man könne nicht ein religiöses Symbol verbieten und alles andere beim Alten lassen. «Das ist mit der Religionsfreiheit, die unser Grundgesetz allen Menschen garantiert, nicht vereinbar und würde deshalb das Tor zu einer Entwicklung öffnen, die doch die meisten Befürworter eines Kopftuchverbots nicht wollen», sagte Rau am Donnerstag bei einem Festakt zum 275. Geburtstag von Gotthold Ephraim Lessing in Wolfenbüttel.

Nach Auffassung Raus könnte ein Kopftuchverbot das Gegenteil bewirken. «Ich befürchte nämlich, dass ein Kopftuchverbot der erste Schritt in einen laizistischen Staat ist, der religiöse Zeichen und Symbole aus dem öffentlichen Leben verbannt. Ich will das nicht», sagte der Bundespräsident. Die Debatte über das Kopftuch wäre einfacher, wenn es ein eindeutiges Symbol wäre. «Das ist es aber nicht.» Die christlichen Kirchen begrüßten die Worte Raus.

In seinen grundsätzlichen Ausführungen zur Religionsfreiheit und Toleranz bekräftigte Rau seine kritisierten Schlussfolgerungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Karlsruhe hatte im Streit um das Kopftuch einer muslimischen Lehrerin ein gesetzliches Verbot für zulässig erklärt, wenn alle Religionen gleich behandelt werden. Als erste Bundesländer streben Baden-Württemberg und Bayern ein Verbot des Kopftuchs an, wollen aber christliche Symbole dulden.

Die in der Verfassung garantierte Religionsfreiheit gelte nicht nur für christliche Kirchen, sagte der Protestant Rau. «Sie gilt, auch wenn das manchen nicht immer ausreichend bewusst ist, auch für andere Religionsgemeinschaften und gewiss für den Islam.» Deutschland sei kein «religionsfeindlicher und auch kein religionsfreier Staat». Der Staat schütze die Religionsfreiheit aller.
Seine bemerkenswerte Rede, die nur so von Differenziertheit strotzt und eine klare Absage an den Populismus bedeutet ist unten nachzulesen (siehe untere link)

Unterdessen lädt die Muslimische Jugend in Deutschland - Lokalkreis Köln zu einer Kundgebung " Wir wehren uns, dass Diskriminierung gesetzlich wird" am Samstag 24.01.04 12 Uhr am Dom in Köln ein. Redner von ATTAC, Bündnis90/Die Grünen u.a. haben sich angekündigt. Muslimische Großverbände haben eine offizielle Beteiligung bisher nicht anvisiert. (weitere Infos siehe unterer link)




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