Artikel Dienstag, 18.04.2006 |  Drucken

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Grausame Tat aus Fremdenhaß: Schwarzer wird in Potsdam ins Koma geprügelt

Opfer ringt mit dem Tod - Polizei bildet Sonderkommission - 5000 Euro Belohnung für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen

Potsdam - Zwei bislang Unbekannte haben in Potsdam auf offener Straße einen Schwarzen so schwer mißhandelt, daß er in akuter Lebensgefahr schwebt. Alles deutet auf Fremdenhaß als Motiv hin. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes aus niedrigen Beweggründen und schweren Raubes. Die Polizei hat die zwölfköpfige Sonderkommission "Charlottenhof" gegründet. Zudem wurden 5000 Euro für Hinweise ausgelobt, die zur Ergreifung der Täter führen.

Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sprach von einer "neuen Qualität" im Vorgehen der rechtsextremen Szene, die im höchsten Maße beunruhigend sei. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) verurteilte den Mordversuch scharf und versprach den Angehörigen alle erdenkliche Unterstützung. Das Opfer Eruyas M. ist ein Deutscher äthiopischer Abstammung. Der Ingenieur für Wasserbau arbeitet an seiner
Doktorarbeit. Der 37jährige ist mit einer Potsdamerin verheiratet, von der er getrennt lebt, und hat zwei kleine Kinder.

Vor dem Verbrechen am frühen Sonntagmorgen hatten M. und seine Frau eine Party bei Freunden besucht. Danach trennten sich ihre Wege, weil Eruyas M. noch einen Freund aufsuchen wollte.

Kurz vor vier Uhr früh beobachtete ein Taxifahrer, wie ein Mann an der Straßenbahnhaltestelle Charlottenhof an der Zeppelin-/Ecke Nansenstraße mit zwei Unbekannten in eine verbale Auseinandersetzung verwickelt war. In diesem Moment erteilten Fahrgäste ihm den Auftrag, sie zu einer nahe gelegenen Diskothek zu chauffieren. Als der Taxifahrer kurz darauf wieder an der Haltestelle vorbeikam, sah er,
wie die beiden Personen auf den Mann einschlugen, der nun bereits am Boden lag. Es handelte sich um Eruyas M. Der Zeuge stoppte sofort, lief den Schlägern nach, die jetzt die Flucht ergriffen, mußte allerdings aufgeben und alarmierte Polizei und Feuerwehr.

Im Notarztwagen wurde der Schwerverletzte ins Krankenhaus gebracht. Die Ärzte können nicht sagen, ob er die nächsten
Tage überstehen wird.

Für ihr fremdenfeindliches Motiv haben die Täter den Beweis selbst geliefert. Unmittelbar vor ihren Pöbeleien hatte Eruyas M. um 3.58 Uhr mit dem Handy die Telefonnummer seiner Frau angewählt; weil sie nicht abnahm, sprang ihre Mail-Box an - und zeichnete auf, was in den nächsten Momenten an der Haltestelle geschah; Beschimpfungen wie "Nigger" sind zu hören. Und immer wieder die Frage von Eruyas M.:
"Warum nennt ihr mich so?" Somit gibt es mehrere Spuren zu den Tätern: Die Polizei hat deren Stimmen auf Band, am Tatort wurden Blutspuren gefunden, die nicht mit der DNA des Opfers übereinstimmen.

Ferner gibt es Täterbeschreibungen: Einer ist zwischen 1,70 und 1,80 Meter groß, hat helles Kurzhaar und war dunkel gekleidet; es könnte es sich auch um eine Frau handeln. Der zweite Schläger ist zwischen 1,80 und 1,90 Meter groß, glatzköpfig, etwa 30 Jahre alt und trug eine schwarze Bomberjacke. Sie raubten ihrem Opfer mindestens 200
Euro und ein Schlüsselbund.Hinweise an die Polizei unter Telefon 0700 3333 0331 oder über die Internetwache. (Aus: Die WELT, 18.04.06)




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