Newsinternational Freitag, 28.11.2014 |  Drucken

Kritiker in Israel laufen Sturm gegen «jüdischen Nationalstaat»

Facebook-Protest israelischer Araber - Scharfe Kritik kommt auch von Staatspräsident Reuven Rivlin

Jerusalem (KNA) Israels Gesetzentwurf für einen «jüdischen Nationalstaat» hat Proteste im sozialen Netzwerk Facebook hervorgerufen. Hunderte arabische Israelis haben ihre Profilbilder durch Fotos mit dem Stempel «Bürger zweiter Klasse» ersetzt, wie die Tageszeitung «Haaretz» (Onlineausgabe Mittwoch) berichtet. Sie protestieren damit gegen die Pläne der Regierung, den jüdischen Charakter Israels gesetzlich zu verankern.  Israel als «jüdischen Staat» zu bezeichnen, war bereits 1947 im Teilungsplan der Vereinten Nationen und in der israelischen Unabhängigkeitserklärung von 1948 der Sprachgebrauch. Der nun auf den Weg gebrachte Gesetzentwurf, der in der kommenden Woche vor das Parlament kommt, will diese Identität Israels gesetzlich verankern. Unter anderem soll Arabisch seinen Status als zweite Landessprache verlieren. Jüdisches Religionsrecht soll als Quelle und «Inspiration» für die Gesetzgebung dienen, Geschichte und Brauchtum des Judentums Pflichtstoff an jüdischen Schulen werden.    

Die Verfasser der Unabhängigkeitserklärung hätten «in ihrer großen Weisheit darauf bestanden, dass die arabische Bevölkerung in Israel sich nicht fühlt, wie die Juden sich in der Diaspora gefühlt haben». Mit ungewöhnlich deutlichen Worten hat sich Israels neuer Staatspräsident Reuven Rivlin  in die Debatte um ein geplantes Nationalitätengesetz eingeschaltet.  

Die Anfragen an den Entwurf aus demokratischer Sicht liegen auf der Hand: Wie verhält es sich mit der religiösen Neutralität eines Staates, wenn dieser sich selbst als jüdisch definiert? Wie steht es mit der Gleichheit aller Staatsbürger, von denen im Fall Israels immerhin etwa jeder fünfte Araber ist? Kann sich ein demokratischer Staat erlauben, sein Rechtssystem - zumindest teilweise – auf Religionsrecht zu gründen? In islamisch geprägten Staaten wird dies jedenfalls regelmäßig kritisiert.   Rassistisch, diskriminierend, antidemokratisch, so lautet denn auch das scharfe Urteil der Kritiker. Es handele sich um eine «Verflachung der demokratischen Werte», sagte etwa Generalstaatsanwalt Jehuda Weinstein. Auch innerhalb von Netanjahus Koalition stehen längst nicht alle hinter dem Entwurf. Justizministerin Tzipni Livni und Finanzminister Jair Lapid fordern eine Festschreibung der Gleichheit aller Bürger und drohen anderenfalls mit dem Ausstieg aus der Regierung. Ein radikales Gesetz, das «Israels Bürger einer Theokratie unterwirft», werde es mit ihr nicht geben, so Livni.



Ähnliche Artikel

» Israel stellt Siedler-Übergriffe Terrorakten gleich
» Lieberman diskriminiert Araber in Israel
» Grundsteinlegung "House of One" in Berlin
» Vielfalt ist die Realität der Gesellschaften unserer Zeit - Von Raschid Bockemühl
» Muslime sollten der galoppierenden Geschichtslüge(n) in Europas Islamdebatten den Spiegel der Wahrheit vorhalten – Von Sulaiman Wilms

Wollen Sie einen
Kommentar oder Artikel dazu schreiben?
Unterstützen
Sie islam.de
Diesen Artikel bookmarken:

Twitter Facebook MySpace deli.cio.us Digg Folkd Google Bookmarks
Linkarena Mister Wong Newsvine reddit StumbleUpon Windows Live Yahoo! Bookmarks Yigg
Diesen Artikel weiterempfehlen:

Anzeige

Hintergrund/Debatte

Extreme bis extremistische Einstellungen in Deutschland auf dem Vormarsch mit Spiegelung in der Politik und Medien
...mehr

Langes KNA-Interview: Der neue Vorsitzende des Zentralrats der Muslime über sein Amt
...mehr

Bochum ehrt Ahmed Aweimer zum 70. Geburtstag
...mehr

Aiman Mazyek kommentiert das Verbot der Imam Ali Moschee: "Blaue Moschee - Islamisches Zentrum in Hamburg
...mehr

Medienanalyse: Rassismus in Medien, Recht und Beratung
...mehr

Alle Debattenbeiträge...

Die Pilgerfahrt

Die Pilgerfahrt (Hadj) -  exklusive Zusammenstellung Dr. Nadeem Elyas

88 Seiten mit Bildern, Hadithen, Quran Zitaten und Erläuterungen

Termine

Islamische Feiertage
Islamische Feiertage 2019 - 2027

Tv-Tipps
aktuelle Tipps zum TV-Programm

Gebetszeiten
Die Gebetszeiten zu Ihrer Stadt im Jahresplan

Der Koran – 1400 Jahre, aktuell und mitten im Leben

Marwa El-Sherbini: 1977 bis 2009