Newsinternational Donnerstag, 31.07.2014 |  Drucken

«Wo ist die Menschlichkeit?»

Seit drei Wochen werden in Gaza meist Zivilisten und zivile Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser und Versorgungszentren bombardiert - Über Tausend Tote, über 7000 Verletzte und über 100.000 Flüchtlinge

Gut drei Wochen nach Beginn des Gazakrieges ist erneut eine UN-Schule ins Fadenkreuz der Kämpfe geraten. Beim Beschuss der Einrichtung der Hilfsorganisation UNRWA kamen am Mittwoch im Flüchtlingslager Dschabalia im nördlichen Gazastreifen mindestens 15 Menschen ums Leben, wie ein Sprecher der palästinensischen Rettungsdienste mitteilte. Eine Armeesprecherin in Tel Aviv sagte, eine vorläufige Untersuchung des Vorfalls habe ergeben, dass militante Palästinenser in der Nähe der Schule Mörsergranaten auf israelische Soldaten abgefeuert hätten. Die Truppen hätten das Feuer erwidert.

In Dschabalia leben mehr als 100.000 Palästinenser, die als Folge der früheren israelisch-arabischen Kriege heimatlos sind. Das Lager gilt als überfüllt. Nun herrscht noch mehr Enge, weil Zehntausende Palästinenser aus anderen Teilen der Mittelmeer-Enklave vor den israelischen Attacken dorthin flüchteten. UN-Vertreter zeigten sich schockiert über den Angriff auf die UNRWA-Schule. «Wo ist die Menschlichkeit, wo ist die Moralität?», twitterte die UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos. «Hier sterben Kinder, Zivilisten.»

Der UNRWA-Sprecher in Gaza, Chris Gunness, schrieb auf Twitter: «Das ist das 6. Mal, dass 1 unserer Schulen bei Kämpfen in #Gaza getroffen wurde. Unsere Notunterkünfte quellen über.» Auch fünf UN-Mitarbeiter, darunter drei für UNRWA tätige Lehrer, seien bislang getötet worden. Mehr als 200 000 Palästinenser hätten in UN-Schulen Schutz gesucht. Der seit dem 8. Juli andauernde Militäreinsatz in dem Palästinensergebiet ist inzwischen Israels längster Krieg seit 2006. Er dauert schon länger als die Konflikte im Gazastreifen in den Jahren 2009 und 2012.

Seit Beginn der Offensive starben nach neuesten Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza 1.283 Menschen, etwa 7.200 wurden verletzt. Laut israelischem Militär starben 53 Soldaten und 3 Zivilisten, 2.670 Raketen seien seit dem 8. Juli auf israelisches Territorium abgefeuert worden.

Der im Untergrund aktive Militärchef der Organisation machte eine Waffenruhe im Gazakonflikt vom Ende der israelischen Militäroffensive abhängig. Auch die Blockade der Enklave am Mittelmeer müsse aufgehoben werden, sagte Mohammed Deif am Dienstag in einer über den TV-Sender der Hamas verbreiteten Audio-Botschaft. Es war die erste öffentliche Äußerung des Anführers des bewaffneten Flügels der radikal-islamischen Organisation, der Kassam-Brigaden, seit Beginn der Offensive vor mehr als drei Wochen. Ein Kommentator des israelischen Fernsehens interpretierte die Erklärung des Hamas-Militärchefs am Mittwoch als mögliches Zeichen für eine nahende Waffenruhe.

Israels Sicherheitskabinett wollte in Tel Aviv erneut über eine Waffenruhe im Gazastreifen beraten. Auch die Möglichkeit einer Ausweitung der Offensive stehe zur Debatte, berichteten israelische Medien. Der israelische Rundfunk meldete, ein türkischer Gesandter sei nach Israel gekommen, um sich für eine Waffenruhe einzusetzen.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) warf Israel und der Hamas Völkerrechtsverstöße im Gaza-Krieg vor. «Es ist sicher so, dass auf beiden Seiten Verletzungen des humanitären Völkerrechts erkennbar sind. Die Verhältnismäßigkeit der Mittel ist nicht in jedem Falle gewahrt», sagte DRK-Präsident Rudolf Seiters der «Märkischen Allgemeinen Zeitung» (Donnerstag). Chile und Peru äußerten sich besorgt über die Lage in Nahost und riefen ihre Botschafter in Israel zu Konsultationen zurück. Die fünf Staaten des südamerikanischen Mercosur-Blocks riefen bei ihrem Gipfel in Caracas zum sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen auf.





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