Newsnational Mittwoch, 29.05.2013 |  Drucken

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20 Jahre nach Solingen - Rechtsextremismus tötet noch immer Menschen

"Erst stirbt der Mensch, dann stirbt das Recht". Heute jährt sich der Anschlag auf das Haus der Familie Genc in Solingen. Rechtsextremismus rückt weiter in die Mitte der Gesellschaft.

Vor 20 Jahren verübten Rechtsextreme einen Brandanschlag auf ein Wohnhaus in Solingen bei dem fünf Menschen getötet wurden. Der Solinger Brandanschlag war der traurige Höhepunkt einer Serie rechtsextremer Gewaltakte Anfang der 1990er-Jahre.

In der Nacht zum 29. Mai 1993 steht in Solingen das Haus der türkischstämmigen Großfamilie Genç in Flammen, angesteckt durch Rechtsextreme Attentäter. Die Mädchen Saime (4), Hülya (9) und Gülüstan (12 Jahre) sterben an Rauchvergiftungen. Die 18-jährige Hatice stirbt während es Brandes durch einen Hitzeschlag. Die 27-jährige Gürsün stribt bei einem Verzweiflungssprung aus dem Fenster des Dachgeschosses kostet.

In der online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung ist heute unter dem Titel "Erst stirbt das Recht, dann stirbt der Mensch" zu lesen: Um 1.42 Uhr war bei der Solinger Feuerwehr der Notruf eingegangen: Alarm, Untere Wernerstraße 81, vielleicht ein Zimmerbrand. Der Zimmerbrand war aber kein Zimmerbrand, sondern ein mörderisches Inferno - das bis dahin größte ausländerfeindliche Verbrechen der Nachkriegszeit.

Ein dreigeschossiges Haus brannte lichterloh; auf der Straße wimmerten Verletzte. Hinter dem Dachgeschossfenster im schwarzen Qualm stand eine junge Frau, 27, mit zwei Kindern. In Verzweiflung warf sie eines in die Tiefe. Ein Feuerwehrmann versuchte, das Mädchen aufzufangen; es rutschte ihm durch die Arme und fiel in eine Grube; es hat überlebt. Dann sprang die junge Frau. Noch im Sturz presste sie die kleine Güldane fest an die Brust. Die Frau schlug mit dem Rücken auf eine Grubenkante und war auf der Stelle tot. Das Kind, durch den Körper der Mutter geschützt, blieb am Leben. Unter Schuttbergen fand die Feuerwehr drei verkohlte Leichen. Hatice Genc, 18 Jahre, Gülistan Öztürk, zwölf Jahre, Saime Genc, vier Jahre. Hülya Genc, neun Jahre, war schon vorher tot im Erdgeschoss aufgefunden worden. So hat der Reporter Hans Leyendecker damals den Mord-Morgen des 29. Mai beschrieben.

Dies geschah am Pfingstsamstag 1993, drei Tage nach Änderung des Asylgrundrechts im Bundestag; damit sollte, wie es hieß, den Rechtsextremisten 'das Wasser abgegraben' und die Gewalt gegen Ausländer eingedämmt werden. Die fünf Morde von Solingen waren der Höhepunkt einer grausamen Serie von Verbrechen, die seit Ende 1990 immer dichter geworden war.

Mit Sorge beobachten viele, dass Neben der Zunahme rechtsradikaler Gewalt (siehe NSU und regelmäßige Anschläge auf Moscheen), der strukturelle Rassismus weiter in die Mitte der Gesellschaft drängt. So werden als Beispiele Sarrazins Salonsfähigmachung von Rassismus oder die praktischen Erschwernisse im Bereich Wohnungssuche, Arbeitsplatz oder Bewerbungen für Migranten genannt.

Anlässlich des vergangen 20-jährigen Gedenktages des Anschlags von Mölln bei dem drei Menschen starben, mahnte ZMD-Generalsekretärin erst kürzlich in diesem Zusammenhang:  „Wir müssen endlich begreifen, dass das gesellschaftliche Klima in Deutschland durch die rassistischen Mordanschläge von Mölln, Solingen oder Rostock bis hin zu den vielen rassistischen Morden, wie z.B. an Marwa El-Sherbini und die Anschläge auf Ausländer und muslimischen Einrichtungen, den NSU-Terror erst begünstigt hat“ .

Der Vorstand des Zentralrates der Muslime nimmt auch an der heutigen Gedenkfeier in Solingen teil.



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