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Samstag, 23.03.2013 | Drucken |
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Tunesiens Revolution steht am Scheideweg
Tunesiens Präsident Moncef Marzouki zu Besuch in Deutschland – Einzigartige Schuldenumwandlung von 60 Mio – Diskussion vor 200 geladenen Gästen auf Einladung der Körber-Stiftung, darunter auch der ZMD-Vorsitzende
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den tunesischen Präsidenten Moncef Marzouki zu einem Gespräch im Kanzleramt empfangen. Themen des Gesprächs waren die gegenwärtige politische und wirtschaftliche Entwicklung Tunesiens. Zudem erörterten sie die deutsch-tunesische Transformationspartnerschaft. Deutschland wird auch weiterhin zur Stärkung der Demokratie in Tunesien beitragen. Die Bundeskanzlerin ermutigte Tunesien, trotz aller Rückschläge den Weg des demokratischen Wandels weiter zu gehen. Deutschland sei ein verlässlicher Partner und werde dem tunesischen Volk weiterhin zur Seite stehen.
Marzouki sagte, er sei erfreut über die intensivierten bilateralen Beziehungen, die weiter vertieft werden sollen. Deutschland sei ein wichtiger Partner für Tunesien. Er bedankte sich im Namen des tunesischen Volkes für die deutsche Unterstützung. Insbesondere die Schuldenumwandlung von 60 Millionen Euro sei einzigartig. Kein anderes Land habe einen solchen Beitrag geleistet.
Marzouki folgte einer Einladung von Bundespräsident Joachim Gauck. Das tunesische Staatsoberhaupt traf außerdem mit Außenminister Guido Westerwelle und dem Präsidenten des Bundestages, Norbert Lammert, zusammen.
Am Nachmittag kam es dann zu einer Begegnung vor 200 geladenen Gästen im Rahmen einer Einladung der Körber-Stiftung im Hotel de Rome. Unter des Gästen und Mitdiskutanten befand sich auch der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland (ZMD) Aiman Mazyek (siehe auch in Rubrik "Fremde Federn"). Dabei warb der Präsident Moncef Marzouki leidenschaftlich für den demokratischen Weg Tunesiens. Er beschwor die Einheit der Nation - man dürfe niemanden ausgrenzen
Schon mit seinem ersten Satz hat Tunesiens Präsident Moncef Marzouki bei seinem Vortrag die Herzen der zahlreichen Zuhörer gewonnen: „Ich spreche frei zu Ihnen, von Herzen und mit Abstand zum Protokoll, dann kann ich Ihnen in die Augen sehen statt das vorzulesen, was ich mir aufgeschrieben habe.“ Ein Revolutionär, der erste frei gewählte Präsident Tunesiens, nimmt sich auch hier die Freiheit, ganz normal und menschlich mit seinem Publikum umzugehen. Was in Tunesien geschehen ist, hat die arabische Welt verändert, „doch dieser Prozess ist noch nicht zu Ende“, sagt der Präsident, „das alte arabische System ist tot im Geist und im Herzen der Bevölkerung, wir stehen vor einem neuen Anfang, aber das wird ein langer Weg.
Revolutionen haben ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten, dazu gehöre auch die Konterrevolution. Eine Revolution könne auch scheitern, „noch ist nichts entschieden, es kann auch sein, dass Andere die Früchte ernten werden.“ Maßstab für ihn als Menschenrechtsaktivisten sei es, „demokratische Strukturen zu achten“. Die Revolution wäre gescheitert, wenn der Änderungsprozess einen zu hohen Preis koste. „Ich hätte nie geglaubt, dass Syrien sich so entwickelt. Die syrische Revolution ist gescheitert - auf Chaos folgt die Tyrannei“, sagt Marzouki mit Nachdruck. Alle Länder des arabischen Frühlings, so seine Meinung, stehen am Scheideweg zwischen einem demokratischen Staatswesen oder tyrannischen Emiraten. Ein Blick in die Geschichtsbücher zeige, dass dieser Prozess unter Umständen Jahrzehnte dauern werde.
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