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Montag, 18.02.2013 | Drucken |
Burkina Faso: Kunst als Kraftquelle für Vertriebene in Mali
Aus dem Blickwinkel eines Malischen Künstlers bei einem Grünhelme-Projekt: "Uns Künstlern ist es verboten, uns in die Politik einzumischen. Das respektieren wir und die Probleme der verschiedenen Streithähne sind uns egal – wir wollen nur in Ruhe gelassen werden.“
(T. Gröner/Grünhelme) Burkina Faso - 400.000 Menschen sind bereits vor den Extremisten (sogenannte Islamisten) aus dem Norden Malis geflohen. Da immer mehr Nachbarstaaten Ihre Grenzen gegen diese Vertriebenen abriegeln, kommen die Flüchtlinge zunehmend nach Burkina Faso.
Eines der größten Flüchtlingslager dort liegt bei „Sanyogo“, etwas nördlich von Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou. Zusammen mit seiner Familie und vielen anderen Tuaregs lebt Gitarrist Mohamed hier nun schon seit zwei Monaten und genau wie alle anderen möchte er so schnell wie möglich wieder zurück in seine Heimat.
„Keine Ahnung, warum die Männer unseres Landes und die Franzosen bei uns in Mali kämpfen.“ erzählt er uns Grünhelmen. „Dort, wo wir herkommen, ist es uns Künstlern traditionell verboten uns in die Politik einzumischen. Das respektieren wir und die Probleme der verschiedenen Streithähne sind uns egal – wir wollen nur in Ruhe gelassen werden.“
„Es geht uns gut hier.“, sagt Mohamed und er erzählt, dass jede Familie genug Reis bekommt und er manchmal sogar Fleisch einkaufen kann. Wie in allen muslimischen Flüchtlingslagern gibt es auch längst eine Moschee und dank der UN- Aufsicht auch gute sanitäre Einrichtungen und eine Schule. Für kleine Häuser aus Holz und Textilien bekommen die Familienoberhäupter sogar bessere Materialien als bei sich zu Hause. Vor wenigen Wochen haben auch die First Ladies beider Länder, Madame Compaore aus Burkina und Madame Traoré aus Mali, die Unterkünfte besucht, viel Geld dagelassen und den Flüchtlingen mehr Unterstützung versprochen. Alles in allem ist das weitaus mehr Zuwendung als die armen Bauern bekommen, die schon immer dort in Burkina Faso wohnen, wo jetzt dieses gepflegte Lager entstanden ist.
Trotzdem wollen die Tuaregs (die in der Literatur auch Tamachecks genannt werden) aus Nord-Mali so schnell wie möglich wieder nach Hause. „Fast alle hier im Flüchtlingslager sind Kunsthandwerker“, erklärt Moctarito, ein Freund von Mohamed, der uns zum Tee trinken in die Hütte seiner Eltern eingeladen hat. „Hier können wir mit dieser Arbeit nichts verdienen.“ Dafür brauchen die Kunstschnitzer, Schmuck-Schmiede, Schneider, Sattler und Musiker die Märkte und Nachfrage in ihrer Heimat.
Tatsächlich sitzen vor den meisten Hütten fleißig werkelnde Künstler, die uns dazu einladen Ihre Ketten, Ohrringe, Schatullen und andere selbstgemachte Gegenstände anzusehen. Und auch Mohamed zeigt seine vielen bunten Armreifen. Dazu spielt er eindrucksvoll auf den drei Seiten seiner selbstgebauten Gitarre und schwärmt von dem legendären „Festival aux Desert“, dem jährlich stattfindenden Wüstenfestival aus Timbuktu, das durch die Unruhen in Mali für dieses Jahr zu seinen Nachbarn nach Burkina Faso ziehen wollte. „Das ist unser größter Wunsch hier in Burkina“, sagt er, „Das Festival als großes Zusammentreffen der Künstler und ein Dialog über unsere Arbeiten. Ein paar Tage, um sich wieder zu sehen, um sich auszutauschen, sich zu inspirieren, oder um sich Mut zu machen“.
Mohamed weiß nicht, dass hier im „Operndorf“ tatsächlich geplant war, das Wüstenfestival als erste große und internationale Veranstaltung stattfinden zu lassen. Im Moment wird eine Zusammenkunft so vieler Tuaregs aus Mali von der Regierung in Burkina Faso noch als zu attraktiv für Anschläge eingestuft und das Festival wurde daher erst einmal verschoben.
Wir drücken fest die Daumen, dass das Festival bald stattfinden kann und dass unsere Partner im „Operndorf“ den vom Krieg zerstreuten und heimatlosen Künstlern aus Mali möglichst bald diese tolle Veranstaltung bieten können. Dazu laden wir alle Besucher herzlich ein und unternehmen alles uns Mögliche um unseren Teil des Operndorf-Projektes, die schöne Krankenstation, bis dahin fertig zu stellen.
Kurz vor dem Ende unserer Arbeiten hier sieht die Krankenstation fantastisch aus und die optimistischsten Besucher meinen sogar, dass schon der bloße Anblick der Krankenstation gesund machen wird.
Ganz nach der Philosophie des Operndorfs, mit der Idee von kulturellem Austausch soziale und vielleicht sogar Einkommen-schaffende Einrichtungen anzuschieben, müssen es selbst für Kriegsflüchtlinge nicht immer nur Säcke voll Reis, wärmende Decken oder sonstige Hilfsgüter sein. Manchmal fehlt es einfach an einem Forum um sich zu treffen, um Erfahrungen auszutauschen und um andere gemeinsam auf sich aufmerksam zu machen.
Das hat uns auch der Afrika-Fußball-Cup der letzten Wochen gezeigt: bei dem Turnier wurde das Team des gebeutelten Kriegslandes Mali Dritter und der Außenseiter Burkina Faso ganz großartig Zweiter. Dieses unerwartete Fußball-Wunder der beiden Nachbarn ist nicht nur ein super Botschafter für die Region, sondern hat auch alle mitfiebernden Menschen begeistert und zusammengeschweißt.
Bestimmt helfen diese Erfahrungen von der großen Kraft und Synergie durch gemeinschaftliche Veranstaltungen auch uns Grünhelmen bei der Suche nach Möglichkeiten, bald etwas für die heimatlosen Flüchtlinge und andere Kriegsopfer aus Mali zu tun.
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Hintergrund/Debatte
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