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Donnerstag, 12.07.2012 | Drucken |
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Dritter Rücktritt eines Verfassungsschutzchefs
Nach Bundesverfassungsschutz-Präsident Heinz Fromm, Thüringens Verfassungsschutz-Präsdient Sippel, geht nun auch Sachsens Verfassungsschutz-Chef Reinhard Boos wegen Fehlverhaltens innerhalb seiner Behörde im Zuge der Aufklärung der Neonazi-Mordserie
Wegen neuer, bekanntgewordener Fehler bei der Aufklärung der Neonazi-Mordserie hat nun ein dritter Verfassungsschutz-Chef sein Amt verloren. Der Präsident des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz, Reinhard Boos, hat um seine Versetzung gebeten. Zuvor war bekannt geworden, dass Diensprotokolle von Telefon-Überwachungen im Zusammenhang mit dem rechtsextremen Trio von Ende 1998 gefunden worden waren. Zwar wurde das Parlament über die Abhör-Aktion informiert, neu sei aber, dass beim Verfassungsschutz noch Protokolle dazu existierten so Sachsens Innenminister Markus Ulbig. Offenbar wegen des eklatanten Fehlverhaltens einzelner Mitarbeiter sei dies erst jetzt bekanntgeworden. Eine disziplinarische Untersuchung sei eingeleitet.
Boos habe wegen des Vorfalls um seine Versetzung ab August gebeten, erklärte Ulbig. Boos sei tief enttäuscht, weil er in den vergangenen Monaten persönlich mit seinem Wort dafür eingestanden sei, dass offen, ehrlich und vollständig aufgeklärt werde. Unter diesen Umständen könne er das Amt nicht mehr mit dem gebotenen Vertrauen weiterführen. Ulbig zollte Boos Respekt für diesen Schritt und erklärte, der Beamte sei außerordentlich integer und habe die Aufklärung im Fall der Zwickauer Zelle von Anfang an unterstützt.
"Ich habe angeordnet, dass die Vorgänge unter Aufsicht meines Ministeriums unverzüglich gesichtet und den zuständigen Stellen, etwa dem Generalbundesanwalt, zur Verfügung gestellt werden", sagte Ulbig. Zudem werde er die Unterlagen auch den zuständigen Gremien auf Bundes- und Landesebene zukommen lassen, wo mehrere Untersuchungsausschüsse, Kommissionen und Sonderermittler sich der Aufklärung des Falles widmen. Auch Ulbig kündigte die Einsetzung eines unabhängigen Experten an.
Der rechtsextreme Hintergrund der Mordserie an neun Einwanderern und einer Polizistin war erst Jahre nach den Taten und nur durch Zufall aufgeflogen. Die Sicherheitsbehörden stehen wegen massiver Ermittlungspannen in dem Fall unter Druck. Vergangene Woche kündigte Bundesverfassungsschutz-Chef Heinz Fromm seinen Rückzug an, nachdem in seinem Haus Akten über die Thüringer Rechtsextremisten-Szene geschreddert worden waren. Die Unterlagen wurden ausgerechnet zu dem Zeitpunkt zerstört, als die Dimension des Falles bekannt wurde und die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen an sich zog. Fromm erklärte, er fühle sich hinters Licht geführt. Der Thüringer Verfassungsschutz-Chef Thomas Sippel wurde in den einstweiligen Ruhestand versetzt, weil er nicht mehr das Vertrauen des Parlaments habe.
Vor dem Hintergrund der erneuten Fehlverhalten innerhalb der Verfassungsschutzämter hat der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, den Behörden Rassismus vorgeworfen. Es gebe einen institutionellen Rassismus in den Behörden. Die türkischstämmige Bevölkerung habe kein Vertrauen mehr in die Sicherheitsorgane, so Kolat.
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Hintergrund/Debatte
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