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„Undiplomatisch und laut gegen Unrecht, Unterdrückung sowie Rassismus vorgehen“
Zentralrat der Sinti und Roma vergibt Europäischen Bürgerrechtspreis an Thomas Hammarberg und erstattet Strafanzeige gegen „Weltwoche“ wegen kriminalisierendes und volksverhetzendes Titelbild
Im Auswärtigen Amt erhielt am 4. April der ehemalige Menschenrechtskommissar des Europarates, Thomas Hammarberg, den mit 15.000 Euro dotierten „Europäischen Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma.“ Der Preis wird zusammen mit der Manfred-Lautenschläger-Stiftung verliehen.
Staatsministerin Cornelia Pieper (FDP) wies darauf hin, dass immer noch weltweit Menschen Opfer von Rassismus und Intoleranz sind. „Deswegen ist es so wichtig, dass wir über Menschenrechte immer wieder öffentlich sprechen und sie so im Bewusstsein halten.“
Der Vorsitzende des Zentralrates der Sinti und Roma, Romani Rose, sagte, das Engagement von Preisträger Hammarberg ist „von höchster politischer Bedeutung. Die gegenwärtige Situation in Europa sei Anlass größter Besorgnis, da die rechtsextremistische Gewalt in bedrohlicher Weise zunehme.“
Preisträger Hammarberg wies darauf hin: „Die Unterdrückung von Roma war immer das Produkt von Rassismus und Intoleranz.“
Neben den beiden Bundestagsvizepräsidenten Petra Pau (Die Linke) und Wolfgang Thierse (SPD) wohnten zahlreiche Botschafter und Bundestagsabgeordnete der Ehrung bei. Zentralratsvorsitzende Aiman Mazyek konnte krankheitsbedingt nicht anwesend sein, schickte aber eine Vertretung. Die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Petra Merkel sagte gegenüber islam.de: „Hammarberg scheut sich nicht, Missstände und Unrecht anzuprangern.“ Cem Özdemir, Vorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, sieht es auch so. „Man hat einen würdigen Preisträger gefunden. Er als geschulter und ausgebildeter Diplomat kann manchmal auch sehr undiplomatisch und laut gegen Unrecht, Verletzung der Menschenrechte und Unterdrückung sowie Rassismus vorgehen.“
Die öffentliche Hetze und Diffamierung der Sinti und Roma, die offenbar auch von interviewten Polizeibeamten mitbetrieben wird, sei besonders schwerwiegend, da die betroffene Minderheit Opfer der nationalsozialistischen Völkermordmaßnahmen war, die in der damaligen Zeit entsprechende öffentliche Stigmatisierung, Ausgrenzung und Verteufelung beinhalteten
Kurz nach dieser Veranstaltung erstattete der Zentralrat wegen Volksverhetzung und Beleidigung Strafanzeige gegen schweizerische „Weltwoche“ und forderte den Stopp des Vertriebs in Deutschland.Die Zeitung hatte ihre letzte Ausgabe vom 5. April 2012 mit dem Titel: „Die Roma kommen: Raubzüge in die Schweiz“ veröffentlicht. Auf dem Titelbild ist ein kleines Roma-Kind abgebildet, das mit einer Pistole auf den Betrachter zielt. Die Unterüberschrift lautet „Familienbetriebe des Verbrechens“.
Der Zentralrat beantragte außerdem, Maßnahmen zum Stopp des Vertriebs dieser Ausgabe in Deutschland zu veranlassen. In einer ersten Stellungnahme der Vertrter der Sinti und Roma heißt es. „Die Aufmachung und die Darstellung in den dazugehörigen Artikeln kriminalisierten in volksverhetzender Weise die Volksgruppe der Sinti und Roma. Durch die hervorgehobene ethnische Kennzeichnung von unbekannten Beschuldigten würden rassistische Stereotypen im Stile der nationalsozialistischen Zuschreibungen gegenüber der Minderheit befördert. Wie damals werde der Eindruck von der „abstammungsbedingten Kriminalität“ („Zigeunerclans“) erzeugt und Sinti und Roma würden dadurch öffentlich unter Generalverdacht gestellt. Die Bilddarstellung auf der Titelseite erinnere an Methoden der sogenannten „Sippenhaftung“, die sich pauschal gegen ganze Familien und besonders gegen Kinder richte, so der Zentralratsvorsitzende. (Volker-Taher Neef, eigener, Foto: G. Meißner u.a.)
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