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Deutschland ist Auswanderungsland - Sarrazins doppeltes Eigentor
Sachverständigenrat deutscher Stiftungen mit Jahresgutachten: Gravierendes Zukunftsproblem nimmt die Bundesregierung nicht richtig wahr
Deutschland hat ein Auswanderungsproblem: Seit dem Jahr 2008 verlassen mehr Menschen das Land als zuziehen - und es gehen vor allem die Hochqualifizierten unter den Deutschen und den Zuwanderern. Das ist eines der Ergebnisse des Jahresgutachtens 'Migrationsland 2011', das der aus neun Wissenschaftlern bestehende Sachverständigenrat der deutschen Stiftungen für Integration und Migration gestern vorgelegt hat. Siehe auch unterer Link mit der ausführlichen Stellungnahme des Institutes.
2009 gab es 12800 mehr Abwanderer als Zuwanderer; dies sei für Deutschland 'ein gravierendes und langfristig wirkendes Zukunftsproblem', heißt es in dem Gutachten. Insgesamt kamen 721000 Menschen nach Deutschland, 733800 gingen. Den vorgelegten Statistiken zufolge hat Deutschland zwischen 1994 und 2009 eine halbe Million mehr Staatsbürger an das Ausland abgegeben, als von dort zuwanderten.
Die meisten Zuwanderer (112000) kamen 2009 aus Polen; 27200 kamen aus der Türkei - 35400 Türken kehrten im gleichen Zeitraum in ihre Heimat zurück. 'Die Vorstellung, Deutschland müsse sich vor Zuwanderung in größerem Umfang schützen, ist nicht nur empirisch falsch, sondern geradezu kontraproduktiv', urteilt das Gutachten.
Deutschland hat zwischen 1994 und 2009 eine halbe Million mehr Staatsbürger an das Ausland abgegeben, als von dort zuwanderten
Zuwanderer ungenügend gefördert
'Erst haben wir über Jahrzehnte hinweg Zuwanderer ungenügend gefördert, jetzt vergraulen wir die neue Elite der Einwanderungsgesellschaft', kommentierte der Migrationsforscher Klaus Bade, der dem Expertengremium vorsitzt, die Zahlen. Die Debatte um den Bestseller 'Deutschland schafft sich ab' des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin habe zu einem 'doppelten Eigentor' geführt: 'Für junge, erfolgreiche Migranten war die Debatte ein regelrechter Bruch - und im Ausland setzte sich das Bild fest, die Deutschen seien Zuwanderern gegenüber feindlich eingestellt', sagte Bade und sprach von 'populistischer Kulturpanik'.
Dabei dominiere bei den Deutschen der 'Migrationsrealismus': 'Die Leute denken weder, dass das Boot voll sei, noch dass jeder, der wolle, ins Land kommen solle', so der Migrationsforscher. In einer Umfrage des Sachverständigenrates wünschen mehr als 60 Prozent der Befragten, dass mehr hochqualifizierte und bildungswillige Ausländer nach Deutschland kämen. 70 Prozent wiederum wünschen sich, dass weniger schlecht ausgebildete Menschen kommen. (Quelle: SZ, Sachverständigenrat der deutschen Stiftungen für Integration und Migration)
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