Newsinternational Montag, 13.09.2010 |  Drucken

Türkei stimmt für mehr Demokratie

Ministerpräsident Erdogan gestärkt. Befugnisse der Militärjustiz weiter einschränkt.

Die Türkei hat genau 30 Jahre nach dem Militärputsch von 1980 für eine Reform der damals verabschiedeten Verfassung votiert. In einem Referendum stimmten am Sonntag etwa 58 Prozent der Wähler für ein Paket aus 26 Änderungen, das die Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan vorgelegt hatte. Die Wahlbeteiligung betrug mehr als 77 Prozent.

Erdogan will die Macht des Parlamentes stärken und verspricht mehr Demokratie und Freiheit. So soll nun der Schutz persönlicher Daten der Bürger verbessert werden. Der Gleichheitsgrundsatz wurde ergänzt, so dass staatliche Vorteile für benachteiligte Bevölkerungsgruppen ausdrücklich möglich werden. Dafür will die Regierung Befugnisse der Militärjustiz einschränken und mehr Einfluss des Parlaments bei der Ernennung höchster Richter sichern.

Erdogans AKP und die oppositionelle Republikanische Volkspartei CHP, die sich als Hüterin des säkularen Erbes von Republiksgründer Mustafa Kemal Atatürk versteht, hatten sich in den vergangenen Wochen einen heftigen politischen Schlagabtausch geliefert. Wer gegen die Reform stimme, verteidige die noch unter den türkischen Militärherrschern entstandene aktuelle Verfassung, sagte Erdogan. Die Volksabstimmung war nötig geworden, weil die Reformen im Parlament keine ausreichende Mehrheit bekommen hatten.

Erdogan sagte, sein Land habe einen historischen Schritt gemacht, dem weitere Reformen folgen würden. „Unsere Demokratie ist nun stärker geworden. Die Demokratie ist der Gewinner.“

Internationaler Zuspruch

US-Präsident Barack Obama telefonierte nach dem Referendum am Sonntag mit Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Darin sagte er nach Angaben des Weißen Hauses, die Beteiligung an der Abstimmung sei ein Zeichen für die Lebendigkeit der türkischen Demokratie.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) äußerte sich erfreut über den Erfolg des Referendums. „Die Verfassungsreform ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg der Türkei nach Europa.“ Die Debatte sei aber „sicher noch nicht beendet. Ich bin zuversichtlich, dass der Reformprozess in der Türkei im Sinne einer weiteren Öffnung der Gesellschaft fortgeführt wird.“

Westerwelle hält nach dem erfolgreichen Referendum einen Beitritt des Landes zur EU ausdrücklich für möglich.



Ähnliche Artikel

» Bestmögliche Verfassung für die Türkei
» Ein Sieg der türkischen Demokratie
» Türkei vor dem Scheideweg - Terroranschlag in Istanbul und Verfassungsanschlag in Ankara
» Bundeskanzlerin Merkel und EU gratulieren Erdoğan zur Wahl zum türkischen Staatspräsidenten
» Zeitenwende für die Kurden in der Türkei?

Wollen Sie einen
Kommentar oder Artikel dazu schreiben?
Unterstützen
Sie islam.de
Diesen Artikel bookmarken:

Twitter Facebook MySpace deli.cio.us Digg Folkd Google Bookmarks
Linkarena Mister Wong Newsvine reddit StumbleUpon Windows Live Yahoo! Bookmarks Yigg
Diesen Artikel weiterempfehlen:

Anzeige

Hintergrund/Debatte

Mein Austritt aus der CDU -Eine Entscheidung des Gewissens- Aladdin Beiersdorf-El Schallah, Stv. Vorsitzender ZMD-NRW, Stadtverordneter Sankt Augustin und ehemalige dortige Stadtverbandsvorsitzender erklärt detailliert seine Beweggründe
...mehr

Extreme bis extremistische Einstellungen in Deutschland auf dem Vormarsch mit Spiegelung in der Politik und Medien
...mehr

Langes KNA-Interview: Der neue Vorsitzende des Zentralrats der Muslime über sein Amt
...mehr

Bochum ehrt Ahmed Aweimer zum 70. Geburtstag
...mehr

Aiman Mazyek kommentiert das Verbot der Imam Ali Moschee: "Blaue Moschee - Islamisches Zentrum in Hamburg
...mehr

Alle Debattenbeiträge...

Die Pilgerfahrt

Die Pilgerfahrt (Hadj) -  exklusive Zusammenstellung Dr. Nadeem Elyas

88 Seiten mit Bildern, Hadithen, Quran Zitaten und Erläuterungen

Termine

Islamische Feiertage
Islamische Feiertage 2019 - 2027

Tv-Tipps
aktuelle Tipps zum TV-Programm

Gebetszeiten
Die Gebetszeiten zu Ihrer Stadt im Jahresplan

Der Koran – 1400 Jahre, aktuell und mitten im Leben

Marwa El-Sherbini: 1977 bis 2009