Newsnational Samstag, 13.02.2010 |  Drucken

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Nichts als Ankündigungspolitik?

Studie: Muslime werden alleine schon wegen ihres Namens benachteiligt - Ende der Schonfrist: 100 Tage schwarz-gelbe Integrations- und Migrationspolitik. Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) prüft integrations- und migrationspolitische Leistungsbilanz der neuen Bundesregierung

Stellenbewerber mit ausländischen Namen werden auf dem Arbeitsmarkt noch immer eklatant benachteiligt. Wie die Universität Konstanz und das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) aufzeigen, ist ethnische Diskriminierung bei der Jobvergabe durch Unternehmen nach wie vor an der Tagesordnung. Bewerber mit vergleichbaren Qualifikationen werden demnach ausschließlich aufgrund ihres deutsch klingenden Namens bevorzugt. Selbst Staatsbürgerschaft und Deutschkenntnisse spielen dabei offenbar keine Rolle.

Und wie die Diskriminierung in öffentlichen Räume weiter sich ausbreitet, sieht man am jüngsten Beispiel, wo eine Ärztin einen Jugem namens Dchihad nicht behandeln wollte, und zwar ausschließlich wegen seines Namens, den sie fälschlich als „Krieg gegen Ungläubige“übersetzte. Eine falsch Übersetzung, die nicht nur in gängigen Islamhassforen auftaucht, sondern immer mal wieder auch in seriösen Medien verwendet wird. Der Leiter des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung, Wolfgang Benz, zeigte sich „zutiefst erschreckt“ über den Vorfall: „Das ist ein Beweis dafür, dass die Hetze gegen Muslime in unserem Lande Früchte trägt“, sagte Benz am Freitag der Frankfurter Rundschau. Das sei „mehr als theoretische sogenannte Islam-Kritik, die sich irgendwo in den Zeitungsfeuilletons abspielt“, so Benz. „Das ist eine praktische Wirkung, da wird einem Menschen, der einen bestimmten Namen hat, von dem man auf seine kulturelle Zugehörigkeit schließt, die ärztliche Behandlung verweigert. Ich bin entsetzt.“

Sachverständigenrat will nicht nur Ankündigunspolitik von der Regierung

Unterdessen hat der der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) zieht ein teils moderates, teils kritisches Fazit aus der integrations- und migrationspolitischen Leistungsbilanz der neuen Bundesregierung. Als „Lichter am Ende des Tunnels“ einer lange ergebnisarmen Ankündigungspolitik begrüßte der Vorsitzende Prof. Dr. Klaus J. Bade insbesondere die Verlängerung der Bleiberechtsregelung für geduldete Flüchtlinge und das geplante Anerkennungsgesetz für im Ausland erworbene Abschlüsse, zwei auch vom Sachverständigenrat dringlich angemahnte Entscheidungen.
Im Hinblick auf die dringlich angemahnte Migrationssteuerung sieht der SVR bislang noch nichts Konkretes. Das gilt vor allem für die im Koalitionsvertrag nur vage umschriebene kriterien- und zugleich arbeitsmarktorientierte Migrationssteuerung, für die der SVR ein Konzept erarbeitet hat. Hier könne erst die weitere Entwicklung zeigen, so Bade, ob die Koalitionsvereinbarung in dieser Hinsicht „verlässliche Bemühenszusage oder Ankündigungsrhetorik“ gewesen sei.



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