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Mittwoch, 24.06.2009 | Drucken |
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BMI-Studie: In Deutschland leben mehr Muslime, als bisher angenommen
Vergangene Repräsentanzzahlen des Ministeriums über die Verbände müssen nach oben korrigiert werden - In der Integrationsdebatte wird oft zuviel dramatisiert - Umfragen weisen auch Schwächen auf
In Deutschland leben deutlich mehr Muslime als bisher angenommen. Nach einer am Dienstag in Berlin vorgelegten Studie, die im Auftrag des Bundesministerium des Innern (BMI) gegeben worden ist, wohnen zwischen 3,8 Millionen und 4,3 Millionen in der Bundesrepublik, was einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von rund 5 Prozent entspricht.
Bislang lagen die Schätzungen wegen fehlender statistischer Erhebungen bei 3 bis 3,5 Millionen.
BMI ist bisher von falschen Zahlen ausgegangen, was die muslimische Repräsentanz betrifft
Auch muss das BMI seine Zahlen, was die Repräsentanz der Muslime durch die ihre Organisationen und Moscheen angeht, nun deutlich nach oben korrigieren. Ist das BMI noch am Anfang der Islamkonferenz von 15 Prozent ausgegangen, ist klar, dass nach der eigens in Auftrag gegebenen Studie diese Zahlen falsch sind. Bei der Befragung kommt heraus, dass 30 Prozent der Muslime regelmäßig eine Moschee besuchen und sich 20 Prozent von den Religionsgemeinschaften vertreten fühlen. Da das religiöse islamische Leben nun mal originär in den Moscheen stattfindet und diese zum größte Teil von den vier Organisationen – sprich DITIB, ZMD, VIKZ und Islamrat - getragen werden, sprechen die Umfragewerte eine eindeutige Sprache. Unabhängige, vergangene Studien gehen gar von bis zu 50 Prozent aus (Uni Bochum 2006), die muslimischen Organisationen sprechen stets von 30 bis 40 Prozent Identifikation. Nun kommt also doch zu der erwarteten Angleichung.
Heute wird dieser Zusammenhang mit keinem Wort in den großen deutschen Medien gewürdigt. Lediglich die übliche, machtpolitische Kalkül-Rhetorik ist vorzufinden, dass anhand der Zahlen nun der Alleinvertretungsanspruch der Verbände widerlegt sei. Dabei haben die Verbände zu keinem Zeitpunkt selbst diese Ansprüche erhoben.
Inhaltliche Schwächen - Beispiel Kopftuch
Auch weist die Studie in Teilen inhaltliche Schwächen auf. So wird z.B. ausgedrückt, dass die Zahlen der Kopftuchträger ja gar nicht so hoch ist, wie angenommen. Was heißt hoch? Welche Zahlen wurden als Annahme zugrunde gelegt?
Einen signifikanten Zusammenhang zwischen Diskriminierungserfahrungen junger Muslimas in der Öffentlichkeit, seitens Behörde oder der Schule und der vermeintlichen Abnahme des Kopftuches wird nicht beschrieben. Erst heute erreicht uns ein Leserbrief einer jungen Muslima - mitten im Beruf stehend - dass ihre Anmeldung bei einen Fitnessstudio abgewiesen worden ist mit der Begründung: „Wenn Sie das Kopftuch nicht ausziehen, dann können sie hier wohl nicht Mitglied werden“. Dies sind die tagtäglichen Diskriminierungserfahrungen, die insbesondere muslimische Frauen durchmachen, diese werden in der Studie kaum oder gar nicht erhoben.
Integration der Muslime besser als angenommen
Dennoch weisen auch die Umfragen des BMI darauf hin, dass die Integration der Muslime in die Gesellschaft besser ist, als vielfach angenommen.
Mehr als die Hälfte der Muslime sind Mitglied in einem deutschen Verein. Die Untersuchung bestätigt aber auch Defizite bei der sprachlichen Integration. Generell weisen Muslime niedrigere Integrationswerte auf, als Angehörige anderer Religionen aus denselben Herkunftsländern. Die Autoren halten es für nötig, vorschulische, schulische und außerschulische Förderung der Migranten konsequent voranzutreiben.
Deutliche Defizite gibt es allerdings bei der großen Gruppe der türkischen Migranten, die bei der Schulbildung schlecht abschneiden. Der Erhebung zufolge haben 45 Prozent der hier lebenden Muslime ausländischer Herkunft einen deutschen Pass, 55 Prozent eine ausländische Nationalität.
Das in der Integrationsdebatte oft kritisierte Fernbleiben muslimischer Mädchen von Unterrichtsangeboten sollte nicht dramatisiert werden, raten die Autoren. Dies sei kein Massenphänomen. Laut Studie bleiben 7 Prozent der muslimischen Schülerinnen dem gemischtgeschlechtlichen Schwimmuntericht und 10 Prozent den Klassenfahrten fern. Diese Problematik müsse aber bei der Integrationsförderung und der Problemlösung zukünftig besser berücksichtigt werden.
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