Newsnational Donnerstag, 08.01.2009 |  Drucken

Anzeige:


Wenn Worte töten

Über eine Bundeskanzlerin, die die Fakten ignoriert, die Gleichsetzung von Unterdrückten mit seinem Unterdrücker, die Aussage des Kurienkardinals, wonach Gaza einem Konstentrationslager gleicht und wie Israel ganz leicht Hamas "besiegen" könnte

Die Welt und die Vereinten Nationen sind über die hohe Zahl an zivilen Todesopfern bei der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen schockiert. Die Hälfte der bislang 700 Todesopfer seien Frauen, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, sagte eine Sprecherin des UN-Büros zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) gestern in Jerusalem. Also auch ein Krieg gegen Kinder. Über 3000 verletzte und verwundete Zivilisten unter den Palästinensern sprechen dieselbe Sprache.

Jetzt wird es auch den Mainstream-Medien zu viel, meint die IZ kürzlich und zitiert als Beweis den ARD-Korrespondent Carsten Kühntop : "Der Grundfehler ist die pro-israelische Schlagseite". Kühntopp beklagt sich zudem bitter über die EU-Politik des letzten Jahres, die deswegen nun vor einem politischen Scherbenhaufen steht.

Die IZ führt weiter fort: „Diese Fakten erhöht auch den Druck auf die Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Israel praktisch von Beginn an blinde Unterstützung zusicherte, zuvor die Blockade des Gaza-Streifens ignorierte und praktisch keine Bedingungen für die sogenannte Strafkation stellte“.

Doch der Bruch des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und die offene Verletzung internationalen Rechts im Namen der "Selbstverteidigung" scheint die Bundeskanzlerin bislang nicht zu beeindrucken. Angesichts der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die Juden und ihre Sicherheit sollte sie aber mäßigend auf Israel einwirken.

Der Literaturnobelpreisträger José Saramago kritisiert dies und fährt schweres Geschütz auf: „Wie obszön klingen die Sätze aus den Mündern mancher Politiker, die die Verantwortung zu gleichen Teilen zwischen Besatzer und Besetztem, zwischen dem Belagerer und dem Belagerten, zwischen Henker und Opfer verteilen. Und wie unseriös ist doch die vermeintliche Äquidistanz, die den Unterdrückten mit seinem Unterdrücker auf die gleiche Stufe stellt. Die Sprache ist nicht unschuldig. Worte töten nicht, aber sie helfen, das Verbrechen zu rechtfertigen und es zu verewigen“

Damit nicht genug, wurde Anfang der Woche durch die britische Times bekannt, dass die israelische Armee bei der Invasion von Bodentruppen im dichtbesiedelten Gazastreifen offensichtlich Bomben mit weißem Phosphor eingesetzt hat. Das ist eine Munition mit abgereichertem Uran.

Der Nah-Ost-Experte Jürgen Cain Külbel hinterfragt in diesem Zusammenhang Isarels Kriegsmethoden und schreibt in der Zeitung „Junge Welt“: „Die israelische Armee experimentiere auch mit der neuartigen Bombe „Dense Inert Metal Explosive« (DIME), die »eine ungewöhnlich gewaltige Detonation in einem relativ kleinen Areal produziert und ein überhitztes „Mikroschrapnell“. Schlägt das Schrapnell auf den Körper, verursacht es sehr starke Verbrennungen, die das Gewebe um die Knochen zerstört; es verbrennt und zerstört innere Organe. Die Rettung der Verletzten ist fast unmöglich.“

Isreal gibt als Kriegsziel an, die Hamas zu besiegen bzw. sie entscheidend schwächen zu wollen. Doch viele Experten und Beobachter sind inzwischen der Meinung, das diese Kriegsoffensive Israels eher der Beginn des innerisraelischen Wahlkampfes war. Militärisch kann man Hamas auch nicht besiegen, das weiß auch Israel. Im Gegenteil die Sympatiewellen für den Zwerg, der sich gegen Golitah aufdrängt, ist in der islamischen Welt selten so groß, wie heute - erhöhte Radikalisierungstendenzen mit eingeschlossen.

Israel könnte wirklich ganz schnell gegenüber Hamas entscheidend punkten, wenn sie nur wollte. Wie? Ganz einfach: Endlich die Jahrzehnte lange Besatzung aufgeben, nicht nur mit Worten einer Zweistaatenlösung zustimmen, die Flüchtlingsfrage zur Befriedung lösen und Jerusalem als Hauptstadt auch der Palästinenser anerkennen.

Der Menschenrechtsbeauftragte des Vatikan hat den Gazastreifen mit einem Konzentrationslager verglichen. "Schauen wir uns die Lebensbedingungen im Gazastreifen einmal an: Das ähnelt immer mehr einem riesigen Konzentrationslager", sagte Kurienkardinal Renato Martino wörtlich in einem Interview mit der Online-Zeitung "Il Sussidiario". (HANY JUNG)




Lesen Sie dazu auch:
Schwere Anklage: Menschenrechtsreport vergleicht Israel mit südafrikanischem Apartheid-Regime

Ähnliche Artikel

» Gaza brennt
» Nahost: Gewalt, Krieg, illegale Landnahme und Annexion seit Jahrzehnten
» „Wir sind nicht mehr die Opfer und gebt endlich die Besetzung auf“
» Das Töten und die Zerstörung in Gaza müssen aufhören
» Stellungnahme des KRM: Ein Jahr Krieg und Leid im Nahen Osten

Wollen Sie einen
Kommentar oder Artikel dazu schreiben?
Unterstützen
Sie islam.de
Diesen Artikel bookmarken:

Twitter Facebook MySpace deli.cio.us Digg Folkd Google Bookmarks
Linkarena Mister Wong Newsvine reddit StumbleUpon Windows Live Yahoo! Bookmarks Yigg
Diesen Artikel weiterempfehlen:

Anzeige

Hintergrund/Debatte

Mein Austritt aus der CDU -Eine Entscheidung des Gewissens- Aladdin Beiersdorf-El Schallah, Stv. Vorsitzender ZMD-NRW, Stadtverordneter Sankt Augustin und ehemalige dortige Stadtverbandsvorsitzender erklärt detailliert seine Beweggründe
...mehr

Extreme bis extremistische Einstellungen in Deutschland auf dem Vormarsch mit Spiegelung in der Politik und Medien
...mehr

Langes KNA-Interview: Der neue Vorsitzende des Zentralrats der Muslime über sein Amt
...mehr

Bochum ehrt Ahmed Aweimer zum 70. Geburtstag
...mehr

Aiman Mazyek kommentiert das Verbot der Imam Ali Moschee: "Blaue Moschee - Islamisches Zentrum in Hamburg
...mehr

Alle Debattenbeiträge...

Die Pilgerfahrt

Die Pilgerfahrt (Hadj) -  exklusive Zusammenstellung Dr. Nadeem Elyas

88 Seiten mit Bildern, Hadithen, Quran Zitaten und Erläuterungen

Termine

Islamische Feiertage
Islamische Feiertage 2019 - 2027

Tv-Tipps
aktuelle Tipps zum TV-Programm

Gebetszeiten
Die Gebetszeiten zu Ihrer Stadt im Jahresplan

Der Koran – 1400 Jahre, aktuell und mitten im Leben

Marwa El-Sherbini: 1977 bis 2009