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Montag, 05.05.2008 | Drucken |
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Noch in diesem Jahr alevitischer Religionsunterricht
Muslime warten nun schon seit über zwei Jahrzehnten auf einen regulären Religionsunterricht – Gleiches Recht für alle?
islam.de - Ab dem nächsten Schuljahr wird es in einigen nordrhein-westfälischen Grundschulen alevitischen Religionsunterricht geben. Beteiligt werden daran u.a. drei Dortmunder Schulen. Die Alevitische Gemeinde Deutschland (AGD), einer von mehreren alevitischen Dachorganisationen in Deutschland erstellt zurzeit in Abstimmung mit dem Schulministerium einen Lehrplan, der an 15 Schulen in Dortmund, Bergkamen, Köln, Duisburg, Bielefeld und Wuppertal unterrichtet werden soll. Wenn die Abstimmungen abgeschlossen sind, dürften auch Hessen und Bayern dem Beispiel Nordrhein-Westfalens folgen. Entsprechende Absprachen wurden zwischen den Schulministerien getroffen.
Vorausgegangen ist eine politische Anerkennung als Religionsgemeinschaft durch die damalige SPD-GRÜNE-Landesregierung. Ein Rechtsgutachten zur juristischen Befähigung war von dem Kirchenrechtler Stefan Muckel im Auftrag der Landesregierung erteilt worden. Das theologische Gutachten für die alevitische Religion, erstellte die Orientalistin Ursula Spuler-Stegemann. Sie ist den meisten Muslimen und ihren Organisationen mehr als Islamkritikerin bekannt.
"Die Kinder sollen das, was sie seit ihrer Geburt vorgelebt bekommen, im Unterricht wiederfinden", erklärte Ismail Kaplan, Bildungsbeauftragter der AGD, in einem vor einiger Zeit veröffentlichten Interview über die alevitische Religion. Der vom Land NRW finanzierte alevitischen Religionsunterricht ist in dieser Form in der gesamten EU beispiellos. Erstmalig wird nun auch einer nichtchristlichen Religion der Status einer Religionsgemeinschaft politisch zu erkannt und zudem die Möglichkeit für die Erteilung eines ordentlichen Religionsunterrichtes nach GG §7,3 geschaffen.
Für diese Ziele treten muslimischen Verbände seit über 20 Jahre lang ein – insbesondere in NRW. Verwehrt wurde ihnen bisher dieses vom Grundgesetz zuerkannte Recht, mit der Begründung der Landesregierungen, dass die Verbände nicht mit einer Stimme sprächen. Dass dies nicht unbedingt Voraussetzung ist (jedoch die politisch komfortable Lösung allemal), zeigt das Beispiel der Aleviten, denn diese sind bekanntlich auch in mehrere Gruppen aufgeteilt.
Nach der Gründung des Koordinierungsrat der Muslime (KRM), wo die größten muslimischen Verbände zusammen sitzen, rückte nun die Landesregierung von der Forderung mit einer Stimme zu sprechen ab und ersetzte sie mit einer neuen, nämlich, dass der KRM des Status einer juristischen Person bedarf, damit die Landesregierung mit den Muslimen politisch auf Augenhöhe sprechen kann. Die Einzelmitglieder des KRM sind zwar als einzelne Verbände längst juristische Personen, aber der KRM eben noch nicht. Aus organisatorischen Gründen, wird dieser Schritt, als juristische Körperschaft auf der Landesebene zu fungieren, auch noch eine Weile dauern.
Doch bis dahin sollten die längst erforderlichen Schritte eingeleiten werden, damit es nicht noch weitere vertane Jahre ins Land gehen, und die über 700 000 muslimischen Schüler ohne Unterricht da stehen. Doch gibt es bisher wenig Anzeichen, dass die Hinhaltetaktik korrigiert werden soll.
Das Problem fehlender qualifizierter alevitischer Religionslehrer löste übrigens die Landesregierung indes ebenso pragmatisch: Sie wollen Grundschullehrer ihrer Religionsgemeinschaft in Tagesseminaren fortbilden. Diese sollen parallel zum Schulunterricht ab August stattfinden. Ein Pragmatismus, den die Muslime seit Jahren einfordern und das ihrige dazu bereit sind zu leisten. Wenn, ja wenn denn die Politik nur will.
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