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Donnerstag, 27.03.2008 | Drucken |
„Kampf gegen den Terror“ als Vorwand um Tibetaner, die Uirguren und den Dalai Lama zu bekämpfen und zu denunzieren
Rebyah Kadeer, muslimisch-chinesische Menschenrechtlerin: Kein Olympia wegen menschenrechtsverachtendes Vorgehen der chinesischen Regierung
Die Uiguren, eine muslimische Volksgruppe, werde unter dem Vorwand von Anti-Separatismus und Terrorismusbekämpfung religiöser Repression ausgesetzt, so der Inhalt eines Berichts von Human Rights Watch und Human Rights in China. „Der weltweite Krieg gegen den Terrorismus lieferte Peking einen fadenscheinigen Grund, härter denn je in Xinjiang durchzugreifen“, erklärte Brad Adams, Leiter der Asien-Abteilung von Humans Rights Watch. „In anderen Teilen Chinas verfügen die Menschen über etwas mehr Religionsfreiheit. Doch die Situation in Xinjiang ist der in Tibet nicht unähnlich, wo der chinesische Staat versucht, eine Religion umzugestalten, um so eine ethnische Minderheit zu kontrollieren.“
Der 114 Seiten umfassende Bericht, „Devastating Blows: Religious Repression of Uighurs in Xinjian“, (Vernichtende Schläge: Religiöse Repression der Uiguren in Xinjiang, siehe unterer link), basiert auf Partei- und Regierungsunterlagen sowie auf lokalen Erlässen, Zeitungsmeldungen und Interviews, die in Xinjiang geführt wurden. Er enthüllt zum ersten Mal das komplexe Gebilde aus Gesetzen, Vorschriften und politischen Maßnahmen in Xinjiang, die sich gegen die religiöse Freiheit der Uiguren und darüber hinaus gegen die Vereinigungs-, Versammlungs- und Redefreiheit wenden.
Chinesische Polizei und Strafvollzugsbehörden ersticken religiöse Aktivitäten im Keim, sogar in Schulen und in Privathaushalten. Ein offizielles Dokument geht sogar so weit zu sagen, dass „Eltern und Erziehungsberechtigte Kindern nicht erlauben dürfen, an religiösen Aktivitäten teilzunehmen.“
Nur wenige Monate vor der Eröffnung der olympischen Spiele wird der Welt die tragische Situation der Minderheiten in China bewusst. Sogar der Dalai Lama, der in Europa beinahe Kultstatus geniest, wird von der chinesischen Regierung flugs in das Lager von „Terroristen“ versetzt. Eine Taktik, die auch immer wieder bei führenden Vertretern der Minderheit in Ost-Turkestan, den Uiguren, angewandt wird.
„Vor den Olympischen Spielen versucht Peking jetzt erneut, die Uiguren als Terroristen darzustellen“, sagt Asgar Can, Vizepräsident des Uigurischen Weltkongresses. China beruft sich dabei auf inszeniert wirkende, gewalttätige Aktionen einer kleinen Minderheit. Chinas rhetorisches Interesse an den Sprachregelungen des „Kampf gegen den Terror“ ergibt sich aus den zahlreichen Möglichkeiten, die die Ausrufung eines Ausnahmezustandes inzwischen bietet. Auf dieser Grundlage rechtfertigt der Staat mit der Partei, die immer Recht hat, den Unterhalt von neuen Lagern, Verfolgung und Folter. In vielen dieser Lagern sitzen Muslime. Niemand kann heute sagen, dass er davon nichts weiß.
Tatsächlich ist das Schicksal der Uiguren, deren schlimme Lage seit Jahrzehnten in der europäischen Öffentlichkeit kaum reflektiert wird, der andere Schandfleck des chinesischen Vielvölkerstaats. Keine andere ethnische Gruppe ist in der Volksrepublik so massiver und willkürlicher Gewalt der Sicherheitskräfte ausgesetzt. So wurden – laut einem Bericht der Gesellschaft für bedrohte Völker – seit Mitte der 90er Jahre im Rahmen der „Schlag hart zu“-Kampagne der Sicherheitskräfte mehr als 700 Todesurteile aus politischen Gründen gegen Uiguren verhängt und vollstreckt. Im gleichen Zeitraum wurde in Tibet ein Tibeter zum Tode verurteilt.
Die uigurische Autorin Rebyah Kadeer ist eine der wenigen Uiguren, die in der globalen Öffentlichkeit bekannt sind. In ihrem Bestseller „Die Himmelstürmerin“ erzählt „Chinas Staatsfeindin Nr. 1“ aus ihrem Leben. Ihre mutige Kritik an den Methoden des chinesischen Zentralstaates mussten ihre Angehörigen mit Gefängnis und Folter bezahlen. Es überrascht nicht, dass der World Uyghur Congress und Rebiyah Kader "einen Boykott der Olympischen Spiele, da das menschen- und menschenrechtsverachtende Vorgehen der diktatorischen chinesischen Regierung wider den olympischen Geist von Frieden und friedlicher Zusammenkunft sei,” befürworten.
Auch die in Deutschland lebenden uigurische Menschenrechtler werden immer wieder von China als „Terroristen“ denunziert. Glücklicherweise folgen aber, trotz des erheblichen Drucks der Regierung in Peking, die deutschen Sicherheitsbehörden dieser infamen Sichtweise nicht. Trifft man diese uigurischen Asylanten in Deutschland, werden die Berichte über die Lage im Vielvölkerstaat mit eindrucksvollen persönlichen Schilderungen belegt. Abduljalil Karakash vom Ostturkestan-Informationszentrum in München berichtet, dass die Lage in Ostturkistan seit den Vorfällen im Tibet noch ernster geworden ist. Alle Repressalien, die bereits bekannt sind, haben sogar zugenommen. Zu diesen aktuellen Maßnahmen gehört zum Beispiel die Verhaftung von 3.000 jungen Frauen, die allein wegen des Tragens ihrer Kopftüchern verhaftet wurden. (Quellen: Islamische Zeitung, Human Rights Watch)
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