Newsinternational Montag, 26.05.2025 |  Drucken

Trauriger Rekord rechtsradikaler Stafttaten in Deutschland. ZMD: Politik ist mitverantwortlich - Massnahmenkatalog vorgestellt

Weltweit finden vermehrt Anstrengungen und Aktivitäten statt, um dem antimuslimischen Rassismus entgegenzutreten, wie derzeit in Baku, wo zum 3. Mal eine Internationale Konferenz dazu stattfindet und der ZMD Kooperationspartner ist

Die politisch motivierte Kriminalität in Deutschland hat 2024 ein historisches Hoch erreicht. Mit 84.172 registrierten Straftaten wurde ein Anstieg von über 40 % gegenüber dem Vorjahr verzeichnet. Besonders alarmierend ist der Zuwachs bei antimuslimisch motivierten Straftaten – 1.848 Fälle, darunter 79 Angriffe auf Moscheen. Das entspricht einem Anstieg von über 26 % gegenüber 2023. In einer Pressemittelung vor einigen Tagen wertete der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) diese Entwicklug als „massiven Angriff auf unsere offene Gesellschaft“ und fordert konkrete politische Konsequenzen. „Antimuslimischer Rassismus ist kein Randphänomen – er ist strukturell verankert und reicht bis in staatliche Institutionen. Wenn religiöse Zugehörigkeit zur gesellschaftlichen Verdachtskategorie wird, ist das eine Bedrohung für den sozialen Frieden Die Bundesregierung muss dieser Realität endlich mit einem institutionellen Rahmen begegnen“, erklärt Aladdin Beiersdorf-El Schallah, Generalsekretär des (ZMD).


Die gesellschaftliche Verunsicherung wird durch politische Rhetorik zusätzlich verschärft. So vermied Bundesinnenminister Alexander Dobrindt jüngst ein klares Bekenntnis zur muslimischen Religionsgemeinschaft in Deutschland. Stattdessen betonte er erneut die „christlich geprägte Identität“ des Landes und stellte die Zugehörigkeit muslimischer Menschen unter Integrationsvorbehalt.

Mit dieser Haltung wird das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf Religionsfreiheit, das durch Artikel 4 des Grundgesetzes unmissverständlich klargestellt wird, ausgehöhlt. Eine Einteilung von Menschen nach ihrer Religion in „zugehörig“ oder „nicht zugehörig“ unterläuft diesen Verfassungsgrundsatz – und stellt die gleichberechtigte Teilhabe von Muslim:innen in Deutschland in Frage.

Der ZMD kritisiert diese selektive Haltung scharf. Sie delegitimiert das Selbstverständnis von Millionen Muslim:innen als Teil dieser Gesellschaft und wird von extremistischen Akteuren als Bestätigung ihrer ausgrenzenden Narrative aufgefasst.Gerade deshalb braucht es entschlossene und sichtbare Schritte – auch auf symbolisch-institutioneller Ebene. Internationale Initiativen machen vor, wie Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus als strukturelle Probleme erkannt und bekämpft werden können. Als Mitveranstalter der internationalen Konferenz „Islamophobia in Focus: Unveiling Bias, Shattering Stigmas“ (26.–27. Mai 2025) in Baku engagiert sich der ZMD derzeit aktiv im globalen Austausch. Die Konferenz, getragen u. a. von der OIC, ICESCO, dem G20 Interfaith Forum und dem Muslim Council of Elders u.a. beleuchtet die vielschichtigen Dimensionen antimuslimischen Rassismus – von institutioneller Diskriminierung bis zu medialer Verzerrung. Sie gilt als wegweisend für die internationale Zusammenarbeit und zivilgesellschaftliche Strategien gegen Hass und Vorurteile. Der ZMD fordert daher auch in Deutschland eine nationale Konferenz, um den Diskurs über antimuslimischen Rassismus auf Bundesebene zu bündeln, sichtbare Zeichen zu setzen – und endlich wirksame Strukturen zu etablieren. „Deutschland braucht eine solche Konferenz auch im eigenen Land – als sichtbares Bekenntnis, dass muslimisches Leben geschützt, respektiert und institutionell eingebunden wird“, so Beiersdorf-El Schallah.


Doch eine Konferenz allein reicht nicht aus. Um dem gesamtgesellschaftlichen Vertrauensverlust entgegenzuwirken und den zunehmenden antimuslimischen Rassismus wirksam zu bekämpfen, fordert der ZMD:
- die Einsetzung eines oder einer Beauftragten der Bundesregierung für muslimisches Leben und gegen antimuslimischen Rassismus auf Bundesebene,
- eine bundesweit anerkannte, einheitliche Arbeitsdefinition von antimuslimischem Rassismus,
- eine flächendeckende Förderung unabhängiger Beratungs- und Dokumentationsstellen,
- die konsequente strafrechtliche Verfolgung antimuslimisch motivierter Straftaten,

- eine Bildungs- und Aufklärungsstrategie, die Vorurteile abbaut und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt,

- eine nationale Konferenz zu antimuslimischem Rassismus nach dem Vorbild internationaler Formate.

Diese Maßnahmen sind aus Sicht des ZMD überfällig, um Gleichberechtigung, Sicherheit und Zugehörigkeit für Muslim:innen in Deutschland endlich strukturell zu gewährleisten.




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