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Montag, 12.12.2022 | Drucken |
Prof. Dr. Stefan Weber, Direktor des Museums für Islamische Kunst in Berlin
Prof. Dr. Stefan Weber, Direktor des Museums für Islamische Kunst in Berlin
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Museum für Islamische Kunst: Online-Portal "Islamic Art"
“Migration ist die Mutter unserer Kulturen, kulturelle Vielfalt ihr Nährboden, kulturelle Aneignung ihr Motor“, sagt Museumsdirektor Prof. Stefan Weber im Interview mit islam.de über das erste deutschsprachige Online-Portal zu islamischer Kultur
Das Museum für Islamische Kunst in Berlin beherbergt etwa 100.000 historische Objekte. Mit dem Online-Portal „Islamic Art“ macht das Museum für Islamische Kunst seine Sammlungsobjekte auf Deutsch, Englisch und Arabisch digital zugänglich. Das Portal gliedert sich in die vier Module „Stories“ (Sammlungsobjekte und ihre Geschichten), die Bildungsplattform „Digitales Lernen“, die „360 Grad-Touren“ und die Mediathek. Durch Musik, Videos oder erläuternden Texten wird den Besuchern Zugang zu den ausgestellten Objekten eröffnet. islam.de: Welches Ziel verfolgt das Museum für Islamische Kunst mit dem Online-Portal „Islamic Art“? Weber: Dieses Portal ist das erste seiner Art, um im deutschen Sprachraum, international in Englisch und Arabisch umfassend und innovativ über Islamische Kunst, Archäologie und materielle Kultur zu informieren. Dies ist dringend notwendig: ob in den Medien, in den Schulen oder in der öffentlichen Aufmerksamkeit ist die Bedeutung der islamischen Kunstgeschichte für uns alle nicht bekannt. Das Online-Portal soll es sowohl individuellen Nutzern aber auch Lehrkräften in Schulen ermöglichen, das Thema interessant und vor allen Dingen mit Expertise zu behandeln. Das Portal dient auch zur Vor- und Nachbereitung der Museumsbesuche, aber das ist nicht zentral. Auch wenn jährlich hunderttausende Menschen zu uns ins Museum kommen, erreichen wir doch viele Personen und Bildungshintergründe nicht. Wir möchten on site im Museum, off site in Schulen und Jugendfreizeitzentren sowie online in den digitalen Medien, die Möglichkeit geben, islamisch geprägte Kulturen wertschätzend und divers zu entdecken. islam.de: Inwiefern kann damit der interkulturelle Dialog gefördert werden? Weber: Das Wissen um islamische Kulturgeschichte ist erschrecken gering und wenn vorhanden, bei Nichtmuslimen oft unsachlich verzerrt oder bei Muslimen manchmal a-historisch geschönt. Dabei ist dieses Wissen für unserer vielschichtigen Gesellschaft und der Aushandlung von Zusammengehörigkeit und Zugehörigkeit extrem wichtig. Es geht bei unserer Plattform nicht um die Beschreibung des Glaubens – da haben andere ihre Expertise, in den Moscheegemeinden und Hochschulen. Uns geht es um Geschichten, ihre Nachrichten für uns heute und um eine reiches Kulturerbe. Islamisch geprägte Gesellschaften der vormodernen Zeit sind eine der wichtigsten Schnittstellen globaler Kulturgeschichte zwischen dem Nahen Osten, Afrika, Europa, Zentralasien, Indien und dem Fernen Osten (vor allem China). Zahlreiche grundlegende kulturellen Entwicklungen fanden hier statt und beeinflussen unser Leben bis heute. Die Ausbreitung des Arabischen als Weltsprache im 8. und 9. Jahrhundert zum Beispiel, ist als Sammelbecken aber auch Katalysator und Verteiler von Wissenstraditionen der alten Welt von entscheidender Bedeutung für unsere Kulturen weltweit. Das ist Weltgeschichte! islam.de: In Zeiten von steigendem Hass auf Migranten und Muslime Deutschland, wie kann das Online-Portal dem Trend entgegenwirken? Weber: Dieses Portal ist wichtig für die allgemeine Wertschätzung islamischer Kulturen in ihrer Vielschichtigkeit und Diversität, aber auch für die Dynamik unseres Zusammenleben heute: wer weiß, dass sein eigenes Ich (kulturelles ich) nicht ohne ‚andere‘ möglich ist, wird stärker gegenüber extremistischen Positionen. Migration ist die Mutter unserer Kulturen, kulturelle Vielfalt ihr Nährboden, kulturelle Aneignung ihr Motor. Wer weiß, dass der Ursprung der Gitarre im Nahen Osten liegt, Papier, Schach, das Dezimalsystem und vieles andere über die Kulturautobahn der islamischen Welt nach Europa kam und vieles mehr trägt schon ein Teil Offenheit in sich. islam.de: Vielen Dank für das Gespräch.
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