Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz sind jetzt gefragt – BKA beklagt hohen Anstieg rechtsextremer Gewalt
Ruf nach Empathie verhallt in der der rauen Wirklichkeit von Angstdebatten über Islam, PEGIDA und Misstrauensdiskurs bei gleichzeitigem extremen Anstieg von Angriffen auf Moscheen und Asylheimen - Vertriebenenpräsident Fabritius: «Es ist das gleiche Leid»
Bonn (KNA) Der Präsident des Bundes der Vertriebenen, Bernd Fabritius (CSU), hält das Leid von Vertriebenen und Flüchtlingen für vergleichbar. «Das Traumaempfinden ist mit Sicherheit individuell gesehen gleich schrecklich», sagte Fabritius am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es dürfe aber keine Opferkonkurrenz geben. Fabritius bekräftigte seinen Ruf nach Empathie für Flüchtlinge. Deutschland müsse aus dem Mangel an Mitgefühl lernen, unter dem die Vertriebenen trotz allem materiellen Lastenausgleich gelitten hätten: «Genauso wie es in der Nachkriegszeit falsch war, Vertriebene als Kartoffelkäfer zu beschimpfen, ist es heute falsch, Flüchtlinge pauschal als Islamisten zu bezeichnen.»
Unterdessen sorgt nach der jüngsten Pegida-Demonstration in Dresden die Bewegung weiterhin für Debatten. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz (SPD), will Pegida durch denVerfassungsschutz beobachten lassen. Wer die symbolischen Galgen fürKanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD)gesehen sowie «die Hetzreden über Konzentrationslager und andereDinge gehört» habe, könne «keinen Zweifel daran haben, dass das ganzeindeutig eine verfassungsfeindliche Gesinnung ist», sagte Lewentz amMittwoch zu faz.net. Der rheinland-pfälzische Innenminister sieht derzeit allerdings kaum Chancen für ein Verbot von Pegida. Zuvor hatte auch SPD-Vize Ralf Stegner eine Beobachtung durch denVerfassungsschutz gefordert. Notwendig sei auch «die konsequenteAhndung von Straftaten», sagte er den Zeitungen der FunkeMediengruppe.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, JosefSchuster, bezeichnete die jüngsten Pegida-Aussagen zu Flüchtlingenals «absolut erschreckend und völlig inakzeptabel». Die Führung derBewegung habe endgültig ihr wahres Gesicht enthüllt, sagte er dem«Tagesspiegel» (Donnerstag). «Mit eindeutig rechtsextremen Parolenschürt sie auf unverantwortliche Weise die Stimmung gegen dieFlüchtlinge.»
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sieht die wachsende Zahl an Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte mit großer Sorge. „Das ist eine abscheuliche Bilanz. Der Anstieg von fremdenfeindlicher Gewalt ist beschämend für unser Land“, sagte Maas in Berlin. „Jede Attacke auf ein Flüchtlingsheim ist ein Angriff auf unsere tolerante Demokratie.“ Alle Demokraten müssten Hass, Bedrohung und Gewalt gemeinsam entschieden entgegen treten. „Wer Straftaten begeht gegen Flüchtlinge, Polizisten oder Helfer, der muss auch mit der ganzen Härte des Rechtsstaates rechnen.“ Zuvor warnte das Bundeskriminalamt (BKA) vor weiteren schweren Gewalttaten fremdenfeindlicher Extremisten gegen Flüchtlinge, deren Helfer und auch Politiker. Das ergebe sich aus einer vertraulichen Lagebewertung, die wenige Tage vor dem Anschlag auf die inzwischen gewählte Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker entstanden sei, berichteten die „Süddeutsche Zeitung“ sowie der NDR und der WDR. Das BKA bestätigte die Berichte am Donnerstag auf dpa-Anfrage in Teilen. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özuguz (SPD),forderte im rbb «Sonderkommissionen» der Polizei. Bei Straftaten odervolksverhetzenden Äußerungen sei der Rechtsstaat gefragt. Auch dieUnion mahnte ein früheres Einschreiten von Polizei und Justiz an.«Polizei und Staatsanwaltschaft müssen vor Ort ermitteln und könnenwährend der laufenden Demo einschreiten», sagte derUnions-Rechtsexperte Hans-Peter Uhl (CSU) der «Rheinischen Post».
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