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Dienstag, 26.02.2013 | Drucken |
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Einheit in der Vielfalt oder Vielfalt in der Einheit
Was sagen eigentlich Muslime zu Europa?
Als jüngst der Bundespräsident in seiner Europa-Rede sagte, dass Muslime selbstverständlicher Teil Europas sind (siehe auch unterer Link), ist mir deutlich geworden, das zwischenzeitlich Joachim Gauck wohl weiter bei dem Thema ist, als viele Muslime hierzulande und europaweit. Muslime sollten doch ein Interesse an einem starken Europa haben? Eine starke europäische Identität ist bester Garant dafür, dass Europa mit all seiner Vielfalt den Weg der Mitte geht, wo die radikalen Ränder nicht das Sagen haben und die Verfänglichkeit gegenüber Ideologien und extremistischen Weltanschauungen, ob nun religiös oder säkular begründet, weitestgehend eingeschränkt bleiben. Man muss nur nach Griechenland, jetzt nach Italien oder Zypern schauen, um zu verstehen, was das heißt. Dort feiern in diesen schweren Zeiten die Extremisten hüben wie drüben gerade Urstände. Der Islam ist übrigens in Europa keine neue Erscheinung. Man braucht nur das 700-jährige muslimische Spanien zu betrachten oder die unterschiedlichen muslimischen Prägungen seit über 500 Jahren in Malta, Sizilien oder auf dem Balkan. Viele europäische Muslime fühlen sich in Europa auch nicht als Gäste - nach dem Motto „Wir haben den Orient und ihr Europa“ -, sondern sie sind Teil dieser europäischen Identität. Und diese Einheit in der Vielfalt oder die Vielfalt in der Einheit ist angestrebtes Ziel.
Praktisch gelebter Glaube ist hilfreich für Europa
Wenn ich zudem fest in meinem Glauben bin und ihn aufrecht praktiziere, dann motiviert er mich, ein anständiger Bürger zu sein. Mit „anständigem Bürger“ meine ich einen Bürger, der sich für seine Gemeinschaft und für seine Mitmenschen einsetzt. Es gibt einen Ausspruch unseres Propheten, der besagt: „Der Beste unter euch ist der, der gegenüber den Menschen am nützlichsten ist.“ Das heißt, ich diene Gott, indem ich den Menschen diene, indem ich den Menschen, also allen Menschen und nicht den Muslimen alleine, nützlich bin. Dieser Einsatz für die Gemeinschaft und für die Gesellschaft ist konstitutiv für meinen praktischen Glauben.
Die Frage ist, ob die derzeit diskutierten Lösungsmodelle – Eurorettungsschirme für Banken, Festigung der Außengrenzen, noch mehr Bürokratie für Brüssel etc. wirklich den Menschen, den Europäern dienen? Oder dienen sie bestimmten Interessen? Die Bürger Europas scheinen für diese Frage ein feines Gespür zu haben und gehen bisweilen wieder auf die Barrikaden.
Trotz dass Europathemen also große Relevanz für unser Alltagsleben haben, man denke auch gegenwärtig an die Flüchtlings- und Asylpolitik vor dem Hintergrund des Krieges gegen die Syrer, an die europäische Aufnahmepolitik gegenüber der Türkei, die unmittelbar die Innenpolitik und jeden Wahlkampf in Deutschland beeinflusst, scheinen die über 20 Millionen europäischen Muslime kaum eine Stimme zu erheben. Was Einheit in der Vielfalt oder die Vielfalt in der Einheit konkret bedeutet, ist vielen von uns nicht klar. Da bleibt vieles vage, auch weil viele in den Staaten zu viel mit sich selber beschäftigt sind und wenig Austausch unter den Muslmen stattfindet. (AM)
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