Newsnational Freitag, 02.04.2004 |  Drucken

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Warum ziehen wir das Kopftuch nicht einfach alle aus? - Dann sind wir alle Sorgen los!

Zum Kopftuchverbotsgesetz in Baden-Württemberg - Kommentar von Aiman A. Mazyek

Es gibt Gesetzesregelungen, die werden beschlossen, um ein Zeichen zu setzen weniger, um eine Sache zu klären. Das Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen, nun festgelegt im baden-württembergischen Schulgesetz, gehört dazu. Es verbietet das muslimische Kopftuch, erlaubt aber die christliche Haube, Mönchskutte, jüdische Kippa, weil angeblich das Kopftuch ein zweideutiges Zeichen sei, ein politisch-fundamentalistisches und ein religiöses.

Nach dem Gutdünken von Schavan und Co. wird das Kopftuch so und so ausgelegt, ja man diskutiert beim Verbot über die �Köpfe� der betroffenen Muslimas hinweg und entscheidet eigenwillig � so geschehen bei der Gesetzesanhörung im Landtag, wo sie nicht einmal angehört wurden: Es ist ein politisches Symbol � Basta!

Die wahre Wirkung dieses Gesetzes wird sein, dass es bald wieder vor dem Verfassungsgericht verhandelt werden wird.
Die weitere fatale und gesellschaftliche Wirkung wird sein, dass auch in anderen Bereichen � was z.Z. schon stattfindet - Frauen mit Kopftücher abgelehnt und als politische Fundamentalistinnen stigmatisiert werden. Da hilft der fadenscheinige Satz auch nicht, es ginge den Kontrahenten �nur� um die muslimische Lehrerin in der Schule. Die negative Wirkung auf andere Bereiche des öffentlichen Lebens wird dieses Verbot nach sich ziehen. Und das wissen die nach dem Verbot schreienden Protagonisten allzu gut.

Eine erneute Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht sei wahrscheinlich frühestens in zwei vielleicht in drei Jahren zu erwarten. Was werden die jetzigen und bis dahin ausgebildeten muslimischen Lehrerinen machen? Däumchen drehen? Die einen werden bittere Schlussfolgerung ziehen. Stets haben sie von Kindesschuhen an gelernt: Die Frau gehört nicht an den Kochtopf, sondern in die Mitte der Gesellschaft. Ja da wollten sie auch hin. Und nun müssen sie feststellen: Kochtopf und Kopftuch verträgt sich in Zeiten des selbstbewussten Feminismus scheinbar weiter, Schule und Kopftuch hingegen überhaupt nicht. Dort wird plötzlich die Kopftuchträgerin zur Manifestation des politischen Extremismus, die den für Schule und Gesellschaft so gefährliche Hexenbrei am Kochtopf (da haben wir den Kochtopf doch wieder) anrührt.
Da muss nun - als kleine Nebenwirkung sozusagen - die Religionsfreiheit, Berufsfreiheit, persönliche und Selbstverwirklichung schlichtweg hinter dieser "Gefahrenabwenung" zurückstehen. In den Zeiten des Terrors allemal.

Nun stehen auch die muslimischen Verbände im Zugzwang. Was sollen sie ihren Leuten erzählen? Harrt weiter geduldig aus, vielleicht sieht die Welt in drei Jahren besser aus? Zwischenzeitlich gibt es schon einige Bundesländer, die das Kopftuchverbot auf andere Gesellschaftsebenen ausweiten wollen. Es sieht also nicht unbedingt danach aus.
Es wird wohl oder übel auch zu Privatschulen kommen. Einige werden dann zu Felde ziehen, und rufen: Seht her, hier driften die Muslime endgültig in Parallelgesellschaft ab. Richtig, nur was ist die Alternative?
Wahrscheinlich das Kopftuch einfach ausziehen, dann werden alle ihre Sorgen los, dann gibt es von nun an nur noch moderne, moderate Muslimas, Bravo!
Aber Halt, haben wir nicht spätestens durch Bassam Tibi vom Takia-Prinzip gehört, wonach sich Muslime angeblich verstellen und verbiegen dürfen, ja sollen, um so ihre eigentlichen monströs fanatischen Absichten zu verbergen zwecks Unterwanderung der Gesellschaft?
Die Gesinnungsschnüffelei muss also nicht abgeschafft werden. Aber wie soll nun der Fundamentalismus festgemacht werden? Vielleicht anhand der Frage, ob der �Verdächtige� sein tägliches Gebet verrichtet, einen Bart trägt? Was machen mir mit den muslimischen Lehrern, die beides nicht tun zwecks Tarnung? Wie überführen wir sie des politischen Islamismus? Einem würde sicherlich eine Variante hierbei einfallen. Die führt aber unter die Gürtellinie und geht heute �noch� zu weit. Aber in Terrorzeiten ist nichts unmöglich.

Ach ja, beinah hätten wir den Fundamentalisten (meine diesmal den muslimischen)vergessen, der hier nicht unerwähnt bleiben darf. Der feiert z.Z.fröhliche Urstände. Denn er fühlt sich durch die Entwicklung voll bestätigt, hat er doch schon immer klugscheißerisch uns Muslimen vor dem Westen und seiner Gesellschaft gewarnt und gesagt, dass es hier gefährlich und nicht gut zu leben ist - wo es dann eigentlich besser sein sollte, hat er uns in all den Jahren leider nicht verraten. Aiman A. Mazyek




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