Newsinternational Dienstag, 02.12.2008 |  Drucken

Hungern im Heiligen Land

Kollektive Strafe für die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens - Israel läßt seit geraumer Zeit keine ausländischen Journalisten mehr ins belagerte Gebiet- palästinensischen Pressevertretern wird Parteilichkeit vorgehalten

Israel hält die Blockade gegen die 1,5 Millionen Palästinenser im Gazastreifen weiter aufrecht. Am Montag verhinderte die israelische Kriegsmarine das Anlegen eines libyschen Schiffes mit Hilfsgütern in Gaza. Die »Al Marwa« war mit 3000 Tonnen Milchpulver, Lebensmitteln, Medikamenten und Decken beladen und mehrere Seemeilen vor der Küste gestoppt worden. Das berichtete der palästinensische Abgeordnete Dschamal Al-Dschodari, der mit der Besatzung in Funkkontakt stand, internationalen Nachrichtenagenturen. Den Angaben zufolge wurde der Frachter zur Umkehr in seinen Heimathafen Suara gezwungen.

Die große Hilfslieferung war in der vergangenen Woche vom libyschen Außenministerium auf den Weg gebracht worden. Es wäre die erste praktische Unterstützungsaktion für die eingesperrten Palästinenser aus einem arabischen Land gewesen. Seit Sommer haben Aktivisten der internationalen Kampagne »Free Gaza« drei Mal von Zypern aus die Seeblockade durchbrochen und das palästinensische Festland erreicht allerdings nur mit kleinen Kuttern und geringen Mengen von Medikamenten und anderen Gütern an Bord. Die Boote waren von europäischen und anderen nicht-arabischen Menschenrechtlern in den seit Sommer 2007 abgeriegelten Gazastreifen geschickt worden.

Erst in der vergangenen Woche hatten die Vereinten Nationen Alarm geschlagen und dringend um eine Finanzhilfe von 462 Millionen Dollar für die Palästinenser gebeten. Der Großteil der Gelder solle für Lebensmittel verwendet werden, sagte der örtliche Leiter des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, Maywell Gaylard. Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier (SPD) sagte Hilfe zu in Höhe von gerade einmal einer Million Euro. Filippo Grandi vom UN-Hilfswerk in den palästinensischen Gebieten (­UNRWA) gab sich resigniert und kritisierte, seit Jahresbeginn sei »wenig, wenn überhaupt etwas« erreicht worden. Die Hälfte der Bevölkerung in Gaza wird mit Lebensmittelnotrationen des Flüchtlingshilfswerks unterstützt. Allein 20000 Bürger erhalten täglich Essen sofern es vorhanden ist.

Laut UNRWA-Generalkommissarin Karen Koning Abu Zayd ist die Lage im Gazastreifen »so schlimm wie noch nie«. c»Sie haben Kranke zu Hause, mehrere Kinder, und keinen Brocken Essen mehr im Schrank.« Dazu kämen Engpässe bei der Versorgung mit Wasser und Strom. Verantwortlich für das Desaster sind auch die Europäische Union und die USA. »Wir fühlen uns ziemlich hilflos und alleingelassen«, so die UN-Kommissarin. Es fehle an internationalem Druck auf die Israelis.

Philip Luther, Leiter der Nahost-Abteilung bei der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, fand laut IPS kürzlich deutliche Worte für die radikale Blockadepolitik: »Eine ohnehin schon fürchterliche humanitäre Situation ist nun noch wesentlich schlimmer geworden. Dies ist eine kollektive Strafe für die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens. Das muß unbedingt und unverzüglich aufhören.« Am Sonntag forderte Syriens Staatspräsident Baschar Al-Assad Frankreich und die Europäische Union auf, sich bei der israelischen Führung für eine Beendigung der Blockade einzusetzen.

Israel selbst schafft die Katastrophe mit einer einfachen Zensurmaßnahme aus der Welt. Die Besatzungsmacht läßt seit geraumer Zeit keine ausländischen Journalisten mehr ins belagerte Gebiet, die über die Lage dort berichten könnten. Und palästinensischen Pressevertretern wird Parteilichkeit vorgehalten.(Quelle:Rüdiger Göbel, Junge Welt)



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