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Dienstag, 19.04.2011
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Fanatiker geben erstmals zu Morddrohungen gegen muslimische Repräsentanten in Deutschland verbreitet zu haben

Wurde ein muslimischer V-Mann zu dieser Straftat angestiftet? – Bundesamt für Verfassungsschutz gibt an, ihn als Spitzel angeworben zu haben – mit der eigentlichen Tat hat er aber nichts zu tun

München - Drei der acht in München wegen Hassdelikten angeklagten mutmaßlichen Terrorhelfer haben die gegen sie erhobenen Vorwürfe weitestgehend zugegeben. Vor dem Oberlandesgericht erklärten sie, dass sie die Videos zur Propaganda in ein Internetforum mit dem Namen „Globale Islamische Medienfront“ (GIMF) eingestellt haben. In dem Hetzvideo wurde u.a. der damalige ZMD-Vorsitzende Ayyub Köhler und Generalsekretär Aiman Mazyek und der Dialogbeauftrage Bekir Alboga von der DITIB frontal angegriffen.

Damals schätzten die Sicherheitsbehörden diese Angriffe als Morddrohungen ein und leiteten umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen für die Betroffenen ein. Medien berichten landesweit über den erstmaligen Vorfall, wo muslimische Fanatiker gegen muslimische Repräsentanten vorgehen, siehe dazu Interview aus "DER SPIEGEL" im unteren Link mit Aiman Mazyek.

Die Erklärungen der geständigen Beschuldigten Harun A., Daniel P. und der einzigen weiblichen Angeklagten, Vivian S., ähnelten sich in vielen Punkten. Sie seien orientierungslos gewesen, und die fundamentalistische Ausprägung des radikalen Islam habe ihnen Halt gegeben. Videos und Nachrichten über Misshandlungen von Muslimen in Afghanistan und Irak hätten sie als zutiefst ungerecht und als Kränkung von Glaubensbrüdern empfunden. Dies habe sie radikalisiert. Die extremistissche Ausrichtung der von ihnen im Internet platzierten Videos sei ihnen zwar klar gewesen, den genauen Inhalt hätten sie zum Teil aber nicht gekannt.

Das Spitzelunwesen muss gezähmt werden, weil es sonst den Rechtsstaat vergiftet (Süddeutsche Zeitung)

Sicherheitsbehörde nahm mit muslimischem Agent erst nach der Straftat Kontakt auf

Zur Rolle des ursprünglich ebenfalls wegen Terrorhilfe im Internet verfolgten Irfan P., von dem am zweiten Verhandlungstag bekanntgeworden war, dass er als V-Mann für den Verfassungsschutz gearbeitet hat, verlas das Gericht ein Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Danach hatten Irfan P. und die Sicherheitsbehörde erstmals im Jahr 2009 miteinander Kontakt, also deutlich nach dem Zeitraum, in dem die Beschuldigten die von der Bundesanwaltschaft angeklagten Taten verübt haben sollen. Das Gericht lud den V-Mann nun als Zeugen vor. Er soll am 27. April gehört werden.

»Wenn der Big Boss für den Verfassungsschutz arbeitet, muss man sich fragen, was mit den kleinen Lichtern ist«, erklärte der Bonner Verteidiger der Beschuldigten Harun A., Daniel P. und Vivian S.. Auf seinen Antrag hin, der von anderen Verteidigern unterstützt wurde, unterbrach letzte Woche der sichtlich irritierte Senat den Prozess und vertagte diesen. Er habe einen entsprechenden Beweisantrag gestellt, damit das Gericht die Freigabe der Verfassungsschutz-Akte von P. durchsetzt.

Die Geschichte erinnert an den Skandal des NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, das wegen des Einsatzes von V-Männern gescheitert war. Erst im November hatte der Anwalt eines im Saarland unter Terrorverdacht stehenden Angeklagten die Polizei beschuldigt, seinen Mandanten mit Hilfe eines V-Mannes dazu verleitet zu haben, islamistische Drohvideos ins Internet zu stellen.

Die Süddeutsche Zeitung kommentierte dieses Vorgehen vor einigen Tagen so: „Die Bundesverfassungsrichter haben vor acht Jahren das NPD-Verbotsverfahren eingestellt, weil sie vor lauter V-Leuten in der NPD nicht mehr wussten, wo hinten und vorne ist. Die Sicherheitsbehörden haben sich das bisher keine Lehre sein lassen. Das Spitzelunwesen muss gezähmt werden, weil es sonst den Rechtsstaat vergiftet.“ (Quelle:dapd, dpa, SZ, IZ)



Lesen Sie dazu auch:
DER SPIEGEL: Todesdrohung gegen deutsche Muslime - "Die Frontlinie verläuft nicht zwischen Islam und Westen"

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