Newsnational Mittwoch, 13.03.2013 |  Drucken

Anzeige:


Gutachten gegen „Projektitis“: Regierung muss dauerhafte Verantwortung gegen Rechtsextremismus übernehmen

Gutachten von Verbänden und Initiativen an dem auch der Zentralrat der Muslime beteiligt war zeigt: dauerhafte Förderung verfassungsrechtlich möglich und notwendig. Fehlende Kontinuität in staatlicher Unterstützung gegen Rechts stärkt Neonazis und Demokratieverdrossenheit.

(Berlin) Eine langfristige, dauerhafte Finanzierung der Arbeit gegen Neonazismus und für Demokratieforderung ist verfassungsrechtlich möglich. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten, das die Staatsrechtler Prof. Dr. Ulrich Battis (HU Berlin) und Joachim Grigoleit (TU Dortmund) im Auftrag von Verbänden, Gewerkschaften und Initiativen gegen Rechtsextremismus erstellt haben und das heute veröffentlicht wurde. Die Förderung der Initiativen gegen Rechtsextremismus unterliege laut dem Gutachten "staatlicher, insbesondere aber gesamtgesellschaftlicher Verantwortung". Zur Wahrnehmung dieser Verantwortung bedürfen die Träger "eines gewissen Maßes an Finanzsicherheit".

Das Gutachten widerspricht damit der bisherigen Auffassung des Bundesfamilienministeriums, wonach die seit Jahren erfolgreiche Beratungs- und Bildungsarbeit gegen Rechtsextremismus nur einmalig bzw. lediglich zeitlich befristet gefördert werden könne. Wissenschaftler wie der Politikwissenschaftler Prof. Roland Roth haben diese Praxis, die die Projekte jährlich vor existenzielle Probleme stellt, immer wieder als kurzatmige "Projektitis und Programmitis" kritisiert.

Als Konsequenz aus dem Gutachten fordern die Auftraggeber – zu denen u.a. der Zentralrat der Muslime gehört (siehe vollständige Auflistung unten) – die kommende Bundesregierung sowie die Parteien im Bundestag auf, Strukturen zu schaffen, die eine dauerhafte Förderung des Engagements gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindschaft und Antiziganismus ermöglichen. "Der Kampf gegen Neonazismus, Rassismus, Antisemitismus, antimuslimischen Rassismus und Antiziganismus ist inzwischen eine Daueraufgabe und deshalb hat auch nur ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz eine Aussicht auf nachhaltigen Erfolg", sagte dazu der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek.

Möglich wären laut Prof. Battis u.a. eine Stiftung oder gGmbH mit einem klaren gesetzlichen und abgegrenzten Auftrag, der der Vielfalt der unterschiedlichen Arbeitsansätze gerecht wird. "Die Neustrukturierung muss dabei die Bundesländer in ihrer Verantwortung für die demokratische Kultur vor Ort berücksichtigen," betont Timo Reinfrank von der Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung. Das derzeitige Fördervolumen  in Höhe von 24 Millionen Euro müsse verdoppelt werden, um auch in den westlichen Bundesländern nachhaltige zivilgesellschaftliche Strukturen zu etablieren.

Zu den Auftraggebern des Gutachtens gehören die Amadeu Antonio Stiftung, die Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung,  die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus, der Deutsche Bundesjugendring, ezra - Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt, Gesicht Zeigen!, das Kulturbüro Sachsen e.V., Miteinander e.V., MOBIT e.V., das Netzwerk für Demokratie und Courage, RAA Sachsen e.V., der Verein für Demokratische Kultur in Berlin e.V., der Zentralrat der Juden in Deutschland, der Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. und der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma.  Das vollständige Gutachten und die ausführlichen Pressestatements der Auftraggeber ist unter hier abrufbar.



Ähnliche Artikel

» „Neue Dimension“
» Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz sind jetzt gefragt – BKA beklagt hohen Anstieg rechtsextremer Gewalt
» Anschläge auf Moschee in Bielefeld und Berlin: Polizei geht von Brandstiftung aus
» Koordinationsrat der Muslime stellt „NSU-Dossier" vor
» Deutschland, wo bleibt deine Empörung?

Wollen Sie einen
Kommentar oder Artikel dazu schreiben?
Unterstützen
Sie islam.de
Diesen Artikel bookmarken:

Twitter Facebook MySpace deli.cio.us Digg Folkd Google Bookmarks
Linkarena Mister Wong Newsvine reddit StumbleUpon Windows Live Yahoo! Bookmarks Yigg
Diesen Artikel weiterempfehlen:

Anzeige

Hintergrund/Debatte

𝐌𝐞𝐢𝐧 𝐀𝐮𝐬𝐭𝐫𝐢𝐭𝐭 𝐚𝐮𝐬 𝐝𝐞𝐫 𝐂𝐃𝐔: 𝐄𝐢𝐧𝐞 𝐄𝐧𝐭𝐬𝐜𝐡𝐞𝐢𝐝𝐮𝐧𝐠 𝐝𝐞𝐬 𝐆𝐞𝐰𝐢𝐬𝐬𝐞𝐧𝐬 - Aladdin Beiersdorf-El Schallah, Stv. Vorsitzender ZMD-NRW, Stadtverordneter Sankt Augustin und ehemlaige dortige Fraktionsvorsitzender erklärt detailliert seine Beweggründe
...mehr

Extreme bis extremistische Einstellungen in Deutschland auf dem Vormarsch mit Spiegelung in der Politik und Medien
...mehr

Langes KNA-Interview: Der neue Vorsitzende des Zentralrats der Muslime über sein Amt
...mehr

Bochum ehrt Ahmed Aweimer zum 70. Geburtstag
...mehr

Aiman Mazyek kommentiert das Verbot der Imam Ali Moschee: "Blaue Moschee - Islamisches Zentrum in Hamburg
...mehr

Alle Debattenbeiträge...

Die Pilgerfahrt

Die Pilgerfahrt (Hadj) -  exklusive Zusammenstellung Dr. Nadeem Elyas

88 Seiten mit Bildern, Hadithen, Quran Zitaten und Erläuterungen

Termine

Islamische Feiertage
Islamische Feiertage 2019 - 2027

Tv-Tipps
aktuelle Tipps zum TV-Programm

Gebetszeiten
Die Gebetszeiten zu Ihrer Stadt im Jahresplan

Der Koran – 1400 Jahre, aktuell und mitten im Leben

Marwa El-Sherbini: 1977 bis 2009