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Dienstag, 01.11.2011 | Drucken |
Mehrheit der Staaten nimmt Palästina in die UNESCO auf und besteht damit weiter auf sein Existenzrecht
SPD: Deutschlands Nein beeinträchtigt seine Glaubwürdigkeit, eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten anzustreben - – Kritik kommt deswegen von SPD, Grüne und Linken
Für die Palästinenser ist die Aufnahme durch die Unesco ein wichtiger Punktsieg. „In der Unesco wurde der Palästinenserstaat geboren“, schrieb die israelische Zeitung „Jediot Achronot“ am Dienstag. Israel sieht die Entscheidung der Unesco als mögliche Generalprobe für die Abstimmung des UN-Sicherheitsrats über die Vollmitgliedschaft eines Palästinenserstaates. Es gilt allerdings als sicher, dass die USA dort im Notfall ihr Veto einlegen würden. Israel und die USA stehen weiter auf dem Standpunkt, dass ein Palästinenserstaat nur als Ergebnis von Friedensverhandlungen entstehen kann.
Nach dem Nein der Bundesregierung zur UNESCO-Vollmitgliedschaft Palästinas am Montag befürchten Oppostionspolitiker einen neuen deutschen Sonderweg und Auswirkungen auf das Ansehen der deutschen Außenpolitik. Vertreter von SPD, Grünen und Linken sorgen sich zudem um die Folgen für den Friedensprozess im Nahen Osten und das einheitliche Auftreten Europas.
Hintergrund der Debatte um die Aufnahme Palästinas als Vollmitglied der UNESCO ist ein Abstimmungsverhalten der Mitgliedsstaaten am Montag. Während 107 Staaten für die Aufnahme votierten, enthielten sich 52 Staaten ihrer Stimme. Die USA, Deutschland und weitere zwölf Staaten sprachen sich gegen die Aufnahme Palästinas aus. Nach der Aufnahme Palästinas kündigten die USA einen Stopp ihrer UNESCO-Beitragszahlungen an.
Mit Blick auf die deutliche Mehrheit von Unterstützern einer UNESCO-Vollmitgliedschaft Palästinas am Montag sprach der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, von der Fortsetzung eines deutschen Sonderweges. Das Votum beeinträchtige auch die Glaubwürdigkeit Deutschlands, eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten anzustreben. „Ich glaube nicht, dass Herr Westerwelle hier etwas anderes will, aber die internationale Wahrnehmung, auch von der arabischen Welt, ist katastrophal.“ Auch der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Mützenich, nannte das Votum einen „großen Fehler“. Berlin habe verhindert, dass Europa mit einer gemeinsamen Stimme spreche, sagte er dem Rbb-Hörfunk.
Eigentor für Israel?
Die Unesco-Verfassung betone die Bedeutung der Menschenrechte und die Notwendigkeit, den Frieden im Geist der Menschen zu verankern. Die Aufnahme Palästinas durch die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) hat Israel in ein Dilemma gestürzt. Die Regierung Benjamin Netanjahu ist zornig über die politischen Auswirkungen der Entscheidung und steht auch intern unter Druck, hart zu reagieren. Ein Austritt Israels aus einer der wichtigsten UN-Organisationen wäre aber ein klares Eigentor. „Dann lassen sie uns vielleicht nie wieder rein“, sagte ein israelischer Repräsent am Dienstag angesichts der wachsenden internationalen Isolation Israels.
Viele Stätte Palästinas Weltkulturerbe
Der Eintritt der Palästinenser in die Unesco ist aber auch mit Blick auf die umstrittenen Kulturstätten im Westjordanland brisant. Sowohl Israel als auch die Palästinenser beanspruchen dort mehrere heilige Stätten wie die Patriarchengräber in Hebron und das Grab der Rachel bei Bethlehem als ihr Kulturerbe. Im Oktober 2010 hatte der Exekutivrat der Unesco bereits betont, die Patriarchengräber und das Grab der Rachel seien integraler
Bestandteil der besetzten Palästinensergebiete. Jede einseitige israelische Aktivität werde als Verletzung internationalen Rechts gewertet.
Zu Jahresbeginn hatte die Palästinenserbehörde den Antrag gestellt, die Geburtskirche in Bethlehem, für Christen aus aller Welt als Geburtsort Jesu eine bedeutende Stätte, sowie den dorthin führenden Pilgerpfad auf die Liste des Weltkulturerbes zu setzen. Dies wurde jedoch zunächst zurückgewiesen, mit der Begründung, die Palästinenser hätten keinen eigenen Staat. Nach ihrer Aufnahme in den Unesco-Club wollen die Palästinenser nun neue Anträge stellen und dürften bei ihren künftigen Bemühungen deutlich bessere Karten haben.
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Hintergrund/Debatte
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