Newsnational Dienstag, 22.02.2011 |  Drucken

Anzeige:


Folgt auf libyschen Freiheitswillen Massaker?

ZMD: Westen darf nicht wegschauen und muß für eine Menschenrechtspolitik ohne Doppelstandards einstehen - ZMD verurteilt die Gewalt gegen Demonstranten und begrüßt die Aussagen der Bundesregierung

Die Proteste in Libyen haben eine neue Dimension erreicht. In der Hauptstadt Tripolis stand einem Reuters-Reporter zufolge ein zentrales Regierungsgebäude in Flammen. Rückkehrer berichten von regelrechten Hinrichtungen und Massakern. Ärzte und Oppositionskreise sprechen von 200 Toten, "Human Ritghts Watch" sprach von 233, die Internationale Föderation der Menschenrechtsligen (FIDH) sogar von 300 bis 400. Die libyischen Behörden haben Festnetz- und Funktelefonverbindungen unterbrochen. Zwei Piloten, die sich weigerten, protestierende Demonstranten anzugreifen, landeten mit ihren Kampfjets auf Malta und stellten einen Antrag auf Gewährung politischen Asyls. Kurz vor der Landung der Flugzeuge hatten bereits zwei zivile Helikopter aus Tripolis mit sieben Menschen an Bord den kleinsten EU-Staat erreicht.

ZMD begrüßt Aussagen und Haltung der Bundesregierung zu Libyen

Der Zentralrat verurteilt auf das schärfste die Gewaltexzesse gegen die Zivilbevölkerung in Libyen. "Die westliche Welt darf jetzt nicht wegschauen und muss den Menschen in der arabischen Welt in ihren Freiheitswillen und Bemühen für Demokratie und Menschenrechte beistehen", sagte der Zentralratsvorsitzende Aiman Mazyek heute morgen in Berlin.

Aiman Mazyek begrüßte die Worte von Außenminister Guido Westerwelle (s.u.), der die Gewalt des Regimes in Libyen ebenfalls scharf verurteilte und die Unterstützung der Bundesregierung für den politischen Wandel zusagte.

„Nicht nur die arabische Welt steht vor einem epochalen Wandel, auch Europa hat jetzt die große Chance, verloren gegangenes Vertrauen wieder zurückgewinnen, indem es in der Menschenrechtspolitik keine Doppelstandards zulässt.“ sagte Mazyek weiter.

Europa und Deutschland möchten sich nun aktiv, sichtbar und unmissverständlich als Anwalt der Völker zeigen, die für Demokratie und Freiheit auf die Straße gehen und bereit sind, ihr Leben dafür zu opfern“, appellierte der Mazyek abschließend.

Bereits am Wochenende hatte sich die Lage nach tagelangen Protesten zugespitzt, am Sonntagabend erreichten sie Tripolis. In der zweitgrößten Stadt Bengasi desertierten am Sonntag Soldaten und teilten mit, die Stadt von Pro-Gadafi-Einheiten "befreit" zu haben. Die Demonstranten, die am vergangenen Mittwoch mit ihren Demonstrationen gegen die Staatsführungen begonnen hatten, sollen einige Städte schon mehr oder weniger unter ihre Kontrolle gebracht haben.

Indes beginnt anscheinend auch der Zusammenhalt innerhalb des Regimes langsam zu bröckeln. Der Justizminister ist einem Bericht der Zeitung "Quryna" zufolge aus Protest gegen die "exzessive Gewalt gegen Demonstranten" am Montag zurückgetreten. Der ständige Vertreter Libyens bei der Arabischen Liga, Abdel Moneim el Honi, hatte bereits am Sonntag seinen Posten niedergelegt und sich der "Revolution" in seinem Land angeschlossen. Ihm folgte ein ranghoher Diplomat in China: Vor laufender Kamera des TV-Senders Al Jazeera rief Hussein Sadiq al-Musrati das gesamte diplomatische Korps auf, sich seinem Rücktritt anzuschließen. Wenig später kündigte der libysche Botschafter in Indien, Ali Al-Essawi, seinen Rücktritt an. Er gab das blutige Vorgehen des libyschen Regimes gegen die Demonstranten als Grund für seine Entscheidung an.

Die Bundesregierung setzt nach den Worten von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) auf einen politischen Wechsel in Libyen. Das System von Revolutionsführer Muammar al Gaddafi könne sich nur noch mit Mord und Totschlag über Wasser halten, sagte Westerwelle am Montag im ZDF. „Wenn eine Herrscherfamilie mit Bürgerkrieg gegen das eigene Volk droht, dann ist sie am Ende“, sagte Westerwelle in Anspielung auf einen Fernsehauftritt von Gaddafis Sohn Saif Gadafi. Dieser hatte dem Volk mit dem Einsatz von weiterer Gewalt gedroht.

Westerwelle sagte unter Berufung auf Diplomaten, zahlreiche Menschen, vor allem auch Gebildete liefen zu den Demonstranten über. Der Justizminister sei zurückgetreten. Die Bundesregierung hoffe, dass es nach den gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Militär wieder eine friedliche Entwicklung geben werde. Deutschland setze auf Dialog und einen politischen Wechsel wie in Tunesien und Ägypten.



Ähnliche Artikel

» Den Haag: Internationaler Haftbefehl gegen Gaddafi beantragt
» Libyen hat einen Übergangspräsidenten
» UN: 2600 Tote bei Aufstand gegen Assad
» Ghadhafi-Millionen für Sarkozys Wahlkampf
» Tunesien: Wahlen im „Mutterland des Arabischen Frühlings“

Wollen Sie einen
Kommentar oder Artikel dazu schreiben?
Unterstützen
Sie islam.de
Diesen Artikel bookmarken:

Twitter Facebook MySpace deli.cio.us Digg Folkd Google Bookmarks
Linkarena Mister Wong Newsvine reddit StumbleUpon Windows Live Yahoo! Bookmarks Yigg
Diesen Artikel weiterempfehlen:

Anzeige

Hintergrund/Debatte

Extreme bis extremistische Einstellungen in Deutschland auf dem Vormarsch mit Spiegelung in der Politik und Medien
...mehr

Langes KNA-Interview: Der neue Vorsitzende des Zentralrats der Muslime über sein Amt
...mehr

Bochum ehrt Ahmed Aweimer zum 70. Geburtstag
...mehr

Aiman Mazyek kommentiert das Verbot der Imam Ali Moschee: "Blaue Moschee - Islamisches Zentrum in Hamburg
...mehr

Medienanalyse: Rassismus in Medien, Recht und Beratung
...mehr

Alle Debattenbeiträge...

Die Pilgerfahrt

Die Pilgerfahrt (Hadj) -  exklusive Zusammenstellung Dr. Nadeem Elyas

88 Seiten mit Bildern, Hadithen, Quran Zitaten und Erläuterungen

Termine

Islamische Feiertage
Islamische Feiertage 2019 - 2027

Tv-Tipps
aktuelle Tipps zum TV-Programm

Gebetszeiten
Die Gebetszeiten zu Ihrer Stadt im Jahresplan

Der Koran – 1400 Jahre, aktuell und mitten im Leben

Marwa El-Sherbini: 1977 bis 2009