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Dienstag, 11.11.2025

Unpatriotisch in AfD-Manier: Syrien-Phantomdebatte der Union ist verlogen, geht an der Sache vorbei und untergräbt die wirtschaftlichen Chancen und die Rolle Deutschland im Nahen Osten einmal mehr - Aiman A. Mazyek

In Deutschland erleben wir erneut ein bekanntes Muster: Aus Angst vor der AfD übernimmt die CDU/CSU reflexhaft deren Rhetorik – statt eines eigenen, souveränen Kurses zu setzen. Die Folge sind hitzige, symbolische Binnendebatten, die am eigentlichen Thema vorbeigehen und jede Chance auf konstruktive Lösungen ersticken.

Genau das passiert jetzt wieder beim Thema Syrien. Statt nach der erfolgreichen und in vielerlei Hinsicht bemerkenswerten Reise des deutschen Außenministers die dort angestoßenen, konkreten wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Perspektiven weiterzuentwickeln, hangelt man sich an einer künstlich erzeugten Empörungsfront entlang, weil ein einer Stelle große Betroffenheit angesichts des Ausmaßes der Zerstörung, die er vor Ort gesehen hat, gezeigt hat.

Diese destruktiven Phantomdiskussionen lenken vom Wesentlichen ab und blenden Win-win-Optionen aus, die ich bereits vor einem halben Jahr in einer großen Deutschen Tageszeitung skizziert habe: nämlich die exklusive Chance Deutschlands – schon allein, weil wir im Verhältnis die meisten Syrer im Westen aufgenommen haben – beim Wiederaufbau Syriens mitzuwirken und damit sowohl wirtschaftliche Prosperität für Deutschland als auch Perspektiven für Syrer und Stabilität in der Region zu schaffen.

Gerade jetzt böte sich eine einmalige Gelegenheit für eine außen- und wirtschaftspolitische Alleinstellung Deutschlands, da wir in vielen anderen Feldern international ins Hintertreffen geraten sind. All dies könnte zu einer vorsichtigen Stabilisierung vor Ort beitragen, realistische Aufbau- und Rückkehrperspektiven eröffnen, wirtschaftliche Chancen für deutsche Unternehmen schaffen, sicherheitspolitische Berechenbarkeit herstellen und eine tragfähige Kooperation mit der syrischen Zivilgesellschaft ermöglichen.

Hinzu kommt: Deutschland braucht solche Chancen künftig mehr denn je – und wird sie auch bekommen. Ein Beispiel dafür: In New York wurde Zohran Mamdani zum Bürgermeister gewählt – erstmals ein Muslim, erstmals jemand mit Migrationshintergrund, erstmals so jung. Solche Entwicklungen zeigen: Migration, Vielfalt, neue Netzwerke und globale Partnerschaften sind keine Risiken, sondern Potenziale. Wenn Deutschland diesen Wandel erkennt, kann es international mitgestalten, neue Märkte und Kooperationen erschließen – statt sich in innenpolitischen Abgrenzungsreflexen zu verlieren.

Und was ist eigentlich gegen Empathie zu sagen? Wir haben die Tränen bei Bundeskanzler Merz in der Synagoge kürzlich in München angesichts des Leids der Familien israelischer Geiseln nicht ideologisiert. Echtes Mitgefühl ist nicht teilbar und nie einseitig. Wenn also der deutsche Außenminister angesichts der katastrophalen Zerstörungen durch das Assad-Regime, Russland, die von Iran unterstützten schiitischen Milizen und auch durch „Daesh“ Fassungslosigkeit und Erschütterung in Syrien zeigt, dann ist das ebenso selbstverständlich

Also, wer aus innenpolitischer Nervosität weiterhin nur in Schlagworten, Abwehrreflexen und AfD-Imitationen denkt, handelt nicht staatsmännisch – und fügt Deutschland am Ende unmittelbaren wirtschaftlichen und moralischen Schaden zu.







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