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Dienstag, 28.11.2017

Deutsche Siedler in Vorderasien und die Integration

Ein Gastkommentar von Volker-Taher Neef, Berlin

Der russische Zar Alexander I., der von 1777 bis 1825 lebte, pries einst deutschen Familien im Schwabenland die Schönheiten seiner Heimat an. Daraufhin siedelten über 500 Familien in das fruchtbare Land in Transkaukasien, dem heutigen Aserbaidschan. An der alten Seidenstraße gründeten die deutschen Siedler eine Ortschaft und gaben ihr den Namen Helenendorf. Heute trägt sie den Namen Göy Göl. Sie liegt sehr nah an der zweitgrößten Stadt des Landes, Ganca. Heute leben in Ganca fast 325.000 Menschen. Die Schwaben bauten einst in Helenendorf Getreide, Obst, Gemüse, Oliven, Tabak und Wein an.

Ein besonderes Augenmerk legten die deutschen Bauern in ihrer neuen Heimat auf die Entwicklung der Seidenzucht. Rasch entstanden weitere Siedlungen in der unmittelbaren Nachbarschaft von Helenendorf. Die Siedler aus dem fernen Deutschland brachten in den vorderasiatischen Raum ihre Baukunst, ihre Lebensweisen und Gebräuche mit und hielten daran fest. Die Dörfer mit deutscher Bevölkerung kamen den Einheimischen exotisch vor.

Besonders erstaunt waren sie über den Bau von Kirchen, die meistens im gotischen Stil erbaut worden sind. Ein Netz von breiten Straßen war der vorderasiatischen Bevölkerung damals genauso fremd wie Wasserleitungen, Bewässerungssysteme und das Pflanzen von Pappeln an den Rändern von Wegen und Straßen. Aus Anlass des 200 Jahrestages der deutschen Besiedlung im heutigen Aserbaidschan lud der Botschafter Aserbaidschans, Ramin Hasanov, am 21. November in den „Internationalen Club“ des Auswärtigen Amtes ein.

Der Botschafter betonte, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und Aserbaidschan geprägt seien von Freundschaft und großem gegenseitigem Respekt. In Aserbaidschan ist man sehr stolz darauf, dieses große Erbe der deutschen Besiedlung, die sich nunmehr zum 200. Male jährt, ehren und feiern zu dürfen. „Es spricht ja auch für unsere Toleranz, dass wir den Gedanken der Religionsfreiheit umgesetzt haben. Deutsche Siedler brachten neben ihrer Religion auch den Bau ihrer Gotteshäuser in die neue Heimat mit.“

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Tankred Schipanski teilte mit, es sei „sehr begrüßenswert, dass man der deutschen Besiedlung im heutigen Aserbaidschan gedenkt. 200 Jahre sind ja auch ein guter Grund, dieses Ereignis würdig zu feiern.“ Hans-Peter Gaul ist Vorstandssprecher von CTOUR. Das ist der Club der Tourismus-Journalisten Berlin/Brandenburg. CTOUR vereinigt fast hundert Reisejournalisten aus den Bereichen Presse, Funk und Fernsehen, Fotografen, PR-Leute, Online-Akteure, Pressesprecher sowie Buchautoren. Hans-Peter Gaul sagte: „Heute haben die Gäste in den Räumen des Auswärtigen Amtes eine beeindruckende Feier erlebt. Es ist sehr löblich, dass Aserbaidschan ein solches Erbe pflegt. Dieses Erbe ist für Reisejournalisten und Touristen von großer Wichtigkeit, besonders aufgrund der Tatsache, dass die Spuren der Besiedlung nicht verwischt worden sind. Im Gegenteil, sie werden liebevoll aufrechterhalten und stehen jetzigen und späteren Generationen anschaulich zur Verfügung.“

Welches Fazit kann man aus so einer Feier in den Räumen des Auswärtigen Amtes in Berlin eigentlich ziehen? Vielleicht dieses: Man stelle sich heute einmal vor, in Deutschland könnte der Bau einer Moschee -oder auch Synagoge- so problemlos vonstattengehen wie es vor 200 Jahren mit dem Bau von Kirchen im heutigen Aserbaidschan möglich gewesen ist. Ohne Hetze, Drohungen und der Aufstellung einer Bürgerinitiative gegen die „Überfremdung, Umvolkung“ Deutschlands und der „schleichenden Islamisierung.“

Integration, falls das Wort vor 2 Jahrhunderten überhaupt schon bekannt war, hatte in Vorderasien, in einem bis heute vorwiegend muslimisch geprägten Teil der Welt, folgende Bedeutung für die einheimische Bevölkerung: Die Neuankömmlinge bringen ihre Sitten, Gebräuche, Religion und den Bau ihrer Gotteshäuser mit. Man ließ sie gewähren, weil niemand Anstoß daran nahm. Da darf man ja einmal die Frage aufstellen: Wenn so etwas schon vor 200 Jahren ohne Schwierigkeiten im fernen Asien machbar gewesen ist, warum tut man sich in Westeuropa, besonders in Deutschland, heutzutage damit so schwer? ( Volker-Taher Neef, Berlin)




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