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Mittwoch, 18.01.2017

Heftig streiten, aber mit Respekt und dickem Fell

Gegen Demagogen - Gauck ermutigt zu wehrhafter Demokratie

Berlin (KNA) Bundespräsident Joachim Gauck hat die Deutschen zu einem selbstbewussten Eintreten für die Demokratie im Inneren und mehr Verantwortungsübernahme in der Außenpolitik ermutigt. In einer Grundsatzrede zum Ende seiner Amtszeit warnte er am Mittwoch: «Die liberale Demokratie und das politische und normative Projekt des Westens stehen unter Beschuss». Dem stellte er eine wehrhafte Demokratie auf der Grundlage eines gelebten Verfassungspatriotismus entgegen. Am 12. Februar will die Bundesversammlung seinen Nachfolger wählen. Das Amt wird mutmaßlich der von Union und SPD aufgestellte derzeitige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) übernehmen.

«Wenn wir übersehen, welche Potenziale in uns stecken, werden wir verharren in einer ewigen politischen Warteschleife - in einer unheilvollen Kultur von Ängstlichkeit, Indifferenz und Selbstzweifel. Bis andere, mit anderen Werten und ganz ohne Selbstzweifel, Hand an unsere Lebenswelt, an unsere Freiheit legen», mahnte Gauck eindringlich in Berlin.

Der Bundespräsident wandte sich gegen Bewegungen, «die Rückkehr ins Nationale, die Abwehr von Fremden und Freihandel» propagierten. «Sie ziehen kulturelle Geschlossenheit der Vielfalt vor und präsentieren Konkurrenzmodelle zur repräsentativen Demokratie.» Gegen den wachsenden Populismus sei entschlossenes und weitsichtiges Handeln nötig, das Vertrauen generiere. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass der Begriff des Populismus «zu einem Etikett wird, mit dem politische Eliten die bei ihnen unbeliebten politischen Ansichten einfacher Bürger versehen» und ausgrenzten.

Notwendig sei eine «robuste Zivilität» - das meine «heftig streiten, aber mit Respekt und mit dickem Fell», so der Bundespräsident. Die Auseinandersetzung müsse sich an Tatsachen orientieren: «Wenn wir nur noch das als Tatsache akzeptieren, was wir ohnehin glauben, wenn Halbwahrheiten, Interpretationen, Verschwörungstheorien, Gerüchte genauso viel zählen wie Wahrheit, dann ist der Raum freigegeben fürDemagogen und Autokraten».

Notwendig sei eine «wirksame Prävention durch politische, kulturelle und religiöse Bildung, so dass Menschen gar nicht erst in den Bann von Extremisten gleich welcher Couleur geraten», sagte Gauck. Der Kampf gegen Ausländerhass und Rassismus dürfe aber nicht dazu führen, «dass wir »Intoleranz und Normenverletzungen unter Einwanderern verschweigen oder die Diskussion darüber unterlassen, welches Islamverständnis zu einer säkularen, demokratischen Gesellschaft passt«.

Die »entscheidende Trennlinie in unserer Demokratie« verlaufe nicht »zwischen Alteingesessenen und Neubürgern, auch nicht zwischen Christen, Muslimen, Juden oder Atheisten. Die entscheidende Trennlinie verläuft zwischen Demokraten und Nicht-Demokraten. Es zählt nicht die Herkunft, sondern die Haltung«, betonte Gauck.


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